FC Barcelona:Aus Liebe zu Xavi

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Der Kapitän verlässt Manchester City, obwohl er mit der Mannschaft gerade das Triple aus englischer Meisterschaft, FA Cup und Champions League gewonnen hat. (Foto: Dave Thompson /Imago)

Dass sich Ilkay Gündogan für einen Wechsel zu Barça entscheidet, hat viel mit dem Trainer zu tun. Er überzeugte den 32-Jährigen davon, das Mittelfeld mit De Jong, Pedri und Gavi anzuleiten. Dafür verzichtet der Nationalspieler auf Geld.

Von Javier Cáceres

An Vorfreude auf Ilkay Gündogan, 32, mangelt es in Barcelona nicht, sie war am Donnerstag auf den Titelblättern der katalanischen Zeitungen gut zu beobachten. "Gündogan, sí", schlagzeilte Sport; "Gündogan, verpflichtet", jauchzte El Mundo Deportivo. Kein Zweifel: Sie sind stolz über den Coup - zumal Josep Guardiola erst am Montag am Rande eines Promi-Golfturniers in Barcelona erklärt hatte, dass er Gündogan in Manchester halten wolle. "Für die Weltstars ist es weiterhin prioritär, zu Barça zu kommen", konterte Barcelonas Vereinsboss Joan Laporta am Donnerstag - freilich ohne Gündogan beim Namen zu nennen.

Gündogan hatte am Mittwoch einen Arbeitsvertrag mit dem FC Barcelona unterschrieben, in München, wo er sich der obligatorischen sportmedizinischen Untersuchung unterzogen haben soll. Eine offizielle Bestätigung stand am Donnerstag noch aus, sie stand aber kurz bevor. Dem Vernehmen nach gilt die Übereinkunft für zwei Spielzeiten. Eine dritte würde folgen, wenn Gündogan in seiner zweiten Barça-Saison eine Mindestzahl an Pflichtspielen absolvieren sollte.

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Für Barça soll Gündogan Angebote verworfen haben, die besser dotiert waren - unter anderem von Manchester City, das bei einer kürzeren Laufzeit (eine Saison plus Option auf ein zweites Jahr) mehr Geld geboten haben soll. Die katalanischen Zeitungen taxieren Gündogans Gehalt bei rund zehn Millionen Euro. Und erklären, dass der Kontrakt eine wichtige Fußnote enthalte.

Demnach könne Gündogan den Vertrag auflösen, sollte Barcelona es nicht bewerkstelligen, ihn vor dem ersten Spieltag der neuen Saison (11. August) beim spanischen Ligaverband LFP als Profispieler zu registrieren. Einen Eiertanz, wie Barça-Verteidiger Jules Koundé ihn hinlegen musste, als der Franzose im vergangenen Jahr wochenlang um seine Spielberechtigung zittern musste, will Gündogan sich nicht antun. Schon gar nicht als Ex-Kapitän der City-Mannschaft, die gerade das Triple aus englischer Meisterschaft, FA Cup und Champions League gewonnen hat.

Milliardenschulden und ausufernde Gehaltszahlungen: Die Finanzlage des spanischen Meisters ist prekär

Gündogans Vorsicht wäre nachvollziehbar. Spaniens Ligaverband LFP hat zwar einen auf drei Jahre angelegten finanziellen Machbarkeitsplan Barcelonas grundsätzlich gebilligt. Die Finanzlage des spanischen Meisters ist aufgrund von Schulden nördlich der Milliarden-Euro-Grenze und von exorbitanten Gehaltszahlungen aber prekär. Und das hat direkte Auswirkungen auf die Freiheit, mit der Barça Zugänge bei der Liga offiziell registrieren darf.

Wie viel Geld der FC Barcelona für die Gehälter von Zugängen ausgeben darf, muss auf Grundlage der fürs kommende Jahr veranschlagten Ausgaben und Einnahmen erst noch errechnet werden. Klar ist: Es wird weniger sein als im vergangenen Jahr, als der FC Barcelona für alle Profiteams des Klubs - und die Führungsetage - Personalkosten in Höhe von rund 700 Millionen Euro auswies. 425 Millionen Euro davon entfielen auf die erste Fußballmannschaft, 55 Millionen auf die Funktionäre. Der Rundfunksender Cadena SER berichtete am Donnerstag, der Klub strebe es an, die Gesamtausgaben für Personal zum 1. Juli auf 528 Millionen Euro zu drücken.

Immerhin: Dass sich die Personalkosten reduzieren werden, ist schon jetzt klar. Ein paar Fußball-Großverdiener ist Barça losgeworden. Gerard Piqué beendete seine Karriere, Memphis Depay ging zu Atlético Madrid, Jordi Alba und Sergio Busquets brachen ihre Zelte ebenfalls ab. Auch die Sparten sparen: Die Basketballer mussten Publikumsliebling Nikola Mirotic davonjagen; die Handballer ließen Ludovic Fàbregas nach Veszprem/Ungarn ziehen. Das hat Luft verschafft. Aber nicht genug - zumal Spieler wie Marcos Alonso, Sergi Roberto, Ronald Araújo und Iñigo Martínez (zuletzt Athletic Bilbao) ihrer Registrierung harren, und Trainer Xavi Hernández noch Bedarf angemeldet hat, unter anderem auf der Sechser-Position und im Sturm.

Das wiederum bedeutet, dass Einnahmen und Einsparungen generiert werden müssen. Ein zuletzt verliehenes Quintett - Clément Lenglet (Tottenham), Sergiño Dest (AC Milan), Samuel Umtiti (US Lecce), Gustavo Maia (Valencia) und Álex Collado (FC Elche) - steht ganz oben auf der Verkaufsliste. Sie illustrieren den Ursprung der Nöte: Ihre Gehälter würden im kommenden Jahr mit 51 Millionen Euro zu Buche schlagen, wenn sie zurückkehren sollten. Weitere Transferkandidaten sind die spanischen Nationalstürmer Ansu Fati und Ferran Torres.

Dass sich Gündogan trotz der Hürden für den FC Barcelona entschied, hat enorm viel mit Barça-Trainer Xavi zu tun. Er unterbreitete Gündogan in persönlichen Gesprächen, welche Pläne er mit ihm habe und wie sehr er ihn als Leitwolf benötige. Barcelona hat von der Altersstruktur her eine der aufregendsten Mannschaften Europas, gerade im Mittelfeld. Dafür stehen Namen wie Frenkie De Jong, Pedri und Gavi. Sie sollen von der Erfahrung Gündogans profitieren. Xavi selbst war am Donnerstagvormittag euphorisch. Er sagte, dass Gündogan "als Spieler und als Mensch" ein "großartiger Zugang" sei, der dem FC Barcelona "enorm weiterhelfen" werde. Man habe nur ein Ziel: "Ihn glücklich zu machen."

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