Basketball-Nationalteam:Gordon Herbert - begehrt, aber fest beim DBB verankert

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Gordon Herbert schaffte mit dem DBB den maximalen Erfolg: erst EM-Bronze, dann WM-Gold. Und nun folgt Olympia 2024 in Paris. (Foto: Tilo Wiedensohler/Camera4+/Imago)

Ein prominenter Ex-NBA-Mann befeuerte Gerüchte, auch der Bundestrainer bemühte sich um ein Engagement in Villeurbanne - doch der deutsche Basketball gibt seinen Weltmeistercoach nicht frei.

Von Jonas Beckenkamp

Im Grunde waren solche Dinge absehbar, Erfolge wecken schließlich Begehrlichkeiten. Und dieser Erfolg erhellt weiterhin alles. Deutschland ist Basketball-Weltmeister, darüber wundert sich mancher immer noch, und es gibt in der Auswahl des Deutschen Basketballbundes (DBB) genau einen Protagonisten, den man überhaupt von seiner Position weglocken könnte: Gordon Herbert, 64. Bei Dennis Schröder, Franz Wagner und Kollegen geht das schlecht, Nationalspieler wechseln nicht für mehr Geld das Land (auch wenn manche Medienschaffende das nach dem WM-Triumph fälschlicherweise befürchteten) - aber beim Bundestrainer wäre es möglich. Theoretisch.

Es darf insofern also kaum überraschen, was an Nachrichten in den vergangenen Tagen aus Frankreich Richtung Deutschland schwappte. Tony Parker, 41, einst selbst gewiefter NBA-Regisseur und französischer Internationaler, war auf einer Mission. Er gab Interviews in der Fachzeitung L'Équipe und bei Le Progrès - seine Botschaft: Ja, er würde als Präsident des Euroleague-Klubs ASVEL Villeurbanne wirklich sehr gerne den deutschen Bundestrainer verpflichten, es sei auch eigentlich schon alles paletti.

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Der WM-Titel der deutschen Basketballer hat zwei sehr unterschiedliche Väter: Bundestrainer Herbert, der dem Team eine klare Struktur verliehen hat - und Kapitän Schröder, der sein Ego dem Mannschaftserfolg untergeordnet hat.

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"Gordie ist meine erste Wahl", verkündete Parker dann am vergangenen Samstag - einen Tag, nachdem er den bisherigen Villeurbanne-Coach TJ Parker, seinen Bruder, nach einer Pleitenserie entlassen hatte. Und: "Mit Gordie haben wir uns über die Vertragsdauer und die Summe geeinigt. Wir sind uns über alles einig."

Würde der Kanadier Herbert, eigentlich kein Typ für Spielchen, tatsächlich noch vor Vollendung seines bis 2025 gültigen Vertrages das Nationalteam verlassen, mit dem er kommendes Jahr das große Ziel Olympia ansteuert? Oder sollte es gar zu einer Doppelfunktion kommen, als Bundestrainer und ASVEL-Retter? Die Antwort gab der frühere Frankfurter Meistercoach am Montag selbst via Kicker: "Ich habe mit dem DBB die Möglichkeit diskutiert, ASVEL zu coachen und gleichzeitig Nationaltrainer zu bleiben", sagte Herbert. "Der DBB hat die Idee nicht unterstützt. Das akzeptiere ich."

Auch wenn nun nichts daraus wird, sind die Hintergründe interessant, denn sie erzählen von den Gepflogenheiten im Sportgeschäft. Fakt ist, dass Villeurbanne nach einem Fehlstart in diese Saison einen neuen Coach braucht. Und zwar dringend. Da kursieren - dem Vernehmen nach auch initiiert von Beteiligten aus der Beraterbranche - natürlich Namen. Nach der gescheiterten Herbert-Rochade bleibt nun vor allem jener von Andrea Trinchieri im Rennen, vergangene Saison noch beim FC Bayern.

Und es stimmte insofern auch, was Herbert erst Ende vergangener Woche via Sportbild verlauten ließ: "Niemand muss sich Sorgen machen. Ich würde die Nationalmannschaft nicht verlassen." Damit ist klar, dass der Weltmeistercoach mindestens noch Paris 2024 als Bundestrainer mitnehmen will - auch zur Abrundung des von ihm ersonnenen "Dreijahresplans" seit seinem Amtsantritt 2021. Der DBB hatte ohnehin keinerlei Pläne, sich im Moment des größtmöglichen Erfolges von seinem Chefcoach zu trennen. Warum auch?

Warum sollte der DBB seinen Bundestrainer im Moment des größten Erfolges einfach so abgeben?

"Als ich das gelesen habe, habe ich geschmunzelt", hatte Verbandsboss Ingo Weiss am Wochenende gesagt, "weil es vollkommen klar ist: Wenn man Weltmeister ist, wird der Trainer nachgefragt, wird das Umfeld nachgefragt, werden natürlich Spieler nachgefragt", so der 60-Jährige. Eine Abstellung seitens des Nationalteams ist aber im Grunde gar nicht vorstellbar - auch nicht für jene viel diskutierte Variante, die es früher schon gab bei anderen Bundestrainern: eine Art geteilte Rolle als Vereins- und Verbandscoach.

Der DBB beschäftigt den Bundestrainer seit 2011 in hauptamtlicher Tätigkeit, "das Wort Doppelfunktion gibt es bei uns in Verträgen gar nicht mehr", teilt ein Sprecher der SZ mit. "Beim DBB gibt's da nur eine Abwägung, also eine Einzelfallentscheidung", und die sieht aktuell so aus: Sollten Anfragen kommen, ist Bundestrainer-Sharing aus Verbandssicht im Olympia-Jahr keine Option.

Schließlich gibt es genug zu tun für den Kanadier: Er suchte schon in den vergangenen Jahren auf Reisen engen Kontakt mit den deutschen NBA-Profis, entwarf taktische und personelle Pläne und beobachtete Spiele in der Bundesliga. In Frankreich hat Herbert vor Jahren zudem schon gearbeitet, die reelle Chance auf eine Olympiamedaille dürfte dagegen einmalig sein. "Für uns ist die Sache abgeschlossen, da kann der Präsident von Villeurbanne sagen, was er will", lässt der DBB wissen. Und für den Bundestrainer ist es das nun offenkundig auch.

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