US Open im Golf:Der Platz passt ihm wie ein maßgeschneiderter Anzug

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Golfer Matt Fitzpatrick zeigte bei den US Open sein riesiges Können. (Foto: Jared C. Tilton/AFP)

Neun Jahre nach seinem größten Sieg als Amateur gewinnt Matthew Fitzpatrick wieder in Brookline - diesmal seinen ersten Major-Titel bei den US Open. Das Event ist auch eine Antwort auf die umstrittene neue Saudi-Tour.

Von Felix Haselsteiner

Will und Jennifer Fulton dürften am späten Sonntagnachmittag einmal mehr realisiert haben, dass der junge Mann, der ihnen vor neun Jahren zufällig begegnete, einer für besondere Geschichten ist. Unweit vom The Country Club in Brookline, Massachusetts, haben die Fultons ihr Haus, in dem diese Woche neben ihnen und ihren drei Kindern auch ein 27-jähriger Engländer wohnte, der mittlerweile ein guter Freund der Familie geworden ist und auch mal zu Thanksgiving vorbeischaut. Matthew Fitzpatrick lernte die Fultons kennen, als er noch ein unbekannter Golf-Amateur war und mit seiner Familie Unterkunft fand. Neun Jahre später brachte er nicht nur seine Eltern und seinen Bruder wieder mit - sondern auch einen weiteren Gast: Den Pokal der US Open.

Golfspieler mögen manche Plätze lieber als andere, das kann am Design liegen oder an den Schlägen, die sie dort vor einiger Zeit gemacht haben. Fitzpatrick, der dafür bekannt ist, jeden Schlag, den er macht, in ein kleines Büchlein einzutragen, liebt Brookline - aus beiden Gründen: "Er passt mir einfach sehr gut", sagte er über den Platz, als wäre er ein maßgeschneiderter Anzug. Vor neun Jahren gewann er in dem Vorort von Boston die US Amateur Championship, was für jemanden wie ihn, der damals nicht am College in den USA, sondern zu Hause in Sheffield Golf spielte, vergleichsweise überraschend kam.

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So überraschend, dass sein Vater nur ein Hotel für die ersten beiden Tage gebucht hatte, weil der Filius sich vermutlich ohnehin nicht fürs Wochenende qualifizieren würde - als er es dann doch tat, brauchte er eine Unterkunft und fand sie über einen Kontakt bei den Fultons, die die Familie Fitzpatrick bereitwillig einquartierten. Genauso wie in diesem Jahr, in dem sie sogar in denselben Zimmern schliefen wie damals. Der Rest ist Geschichte: Fitzpatrick wurde US Amateur Champion, begann wenig später eine Profikarriere und kehrte schließlich in diesem Jahr zurück an einen seiner Lieblingsorte, um erneut zu gewinnen: "Ich glaube, es hat einfach genau gepasst, dass das der Platz sein musste, an dem es passiert", sagte Fitzpatrick über seinen ersten Major-Sieg.

Diesmal war für Fitzpatrick vieles anders als damals in Brookline

Die Umstände waren diesmal freilich andere als noch als Amateur, wo es nur um die Ehre und sonst um gar nichts geht. Die US Open standen unter dem dunklen Stern der großen Debatte um die saudi-arabische LIV-Tour und der Frage, wie die alte Golfwelt antworten wird auf das neureiche Format mit den hohen Preisgeldern. Finanziell konnte das älteste Turnier der USA nämlich nicht mithalten: 3,1 Millionen US-Dollar Preisgeld erhielt Fitzpatrick beim Major, bei den Saudis bekam der Sieger vergangene Woche für ein Retorten-Turnier noch mehr als vier Millionen. Sportlich hingegen fiel die Antwort eindeutig aus.

Der Sonntagnachmittag bot atemberaubend gutes Golf und eine hochspannende Schlussrunde, die geprägt wurde von einigen der interessantesten Charaktere, die aktuell mit dem Schläger schwingen: Rory McIlroy, der seit 2014 versucht, erneut ein Major-Turnier zu gewinnen, scheiterte erneut knapp und wurde geteilter Fünfter. Scottie Scheffler, der im April das Masters gewonnen hatte, ist immer noch der Mann, den es zu schlagen gilt: Der Texaner spielte bis zum 72. Loch um den Sieg mit, den er um einen Schlag verpasste.

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Und dann waren da Will Zalatoris und eben Fitzpatrick, die einen der schwierigsten Kurse der Welt mit einer beachtlichen Leichtigkeit bespielten. Zalatoris, 25, trat schon 2013 als Amateur gegen Fitzpatrick an - genauso übrigens wie Scheffler - und wird seitdem als Kandidat für einen Major-Sieg gehandelt. 18 Löcher lang lieferte er sich ein enges Duell mit seinem englischen Kontrahenten, teilweise lochten beide Putts aus großer Distanz ein, es war beste Werbung für den Sport. Mit seinem letzten Putt hätte Zalatoris noch einen Schlag aufholen können, doch der Ball rollte knapp am Loch vorbei - es war der zweite Major-Sieg innerhalb von wenigen Wochen, den Zalatoris um einen Schlag verpasste, das PGA Championship hatte er im Mai im Playoff verloren.

Auch Fitzpatrick hatte da um den Sieg mitgespielt und war wieder einmal gescheitert: Seit Beginn seiner Profikarriere traut man ihm einen ganz großen Sieg zu, es reichte bislang aber "nur" für Turniersiege auf der europäischen Tour und zwei Ryder-Cup-Teilnahmen. "Ich kann kaum in Worte fassen, wie froh ich bin, dass es vorbei ist", sagte Fitzpatrick später sichtlich erschöpft. Er sprach über das Turnier, er hätte aber auch genauso gut über die ewige Debatte um unerfüllte Erwartungen sprechen können.

Fitzpatricks Sieg ist nicht nur wohltuend für ihn, sondern auch ein beachtliches Zeugnis der Größe der vier Major-Turniere im Golf, die am Ende eben doch mehr zählen als Geld und die Aussicht auf noch mehr Geld. Wie bedeutungsvoll ein Sieg bei den US Open ist und für immer bleiben wird, konnte man ihm ansehen - und noch deutlicher seinem Caddie Billy Foster: Seit bald 40 Jahren trägt Foster die Bags großartiger Golfspieler wie Seve Ballesteros, Darren Clarke, Lee Westwood und nun eben Fitzpatrick. Einen Major-Sieg schaffte er nie, bis zum Sonntag, an dem er mit Tränen im Gesicht die Fahne am 18. Grün streichelte, fast so, als wäre sie heilig.

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