Nachruf auf Ivor Robson:Die Stimme der British Open

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Sein letzter Auftritt bei der British Open: 2015 verabschiedete sich Ivor Robson als Starter von dem europäischen Major-Turnier, nach 41 Jahren. (Foto: Shutterstock/Imago)

"On the tee ...": Ivor Robson prägte 41 Jahre lang den Golfsport - als Starter. Der Brite war einzigartig und beliebt. Entsprechend überwältigend ist die Anteilnahme an seinem Tod im Alter von 83 Jahren.

Von Gerald Kleffmann

Die außergewöhnliche Geschichte von Ivor Robson begann 1975. Der Brite war damals ein Golfclubprofi und heuerte bei einer Firma an, die Schäfte für Golfschläger herstellte. Diese unterstützte zufällig das älteste Golfturnier der Welt bei der Suche nach "Startern", Personen, die die Spieler am ersten Abschlag den Zuschauern vorstellen. Der Legende nach stand Robson gleich an seinem ersten Arbeitstag an Tee 1, als die British Open in Carnoustie abgehalten wurde. Keith Mackenzie, der Sekretär des The Royal and Ancient Golf Club of St Andrews (R&A), der ranghöchsten Golfinstitution, war so begeistert von Robson, dass er seinem Manager Alan Whelan schrieb: "Könnten wir Ivors Dienste auf absehbare Zeit beibehalten?" So begann Robsons Karriere.

41 Jahre nahm er diese Rolle bei der British Open, dem einzigen europäischen Major, sowie auch bei anderen Turnieren ein. Er trug, so etwas gibt es im Golf, den Titel "offizieller Starter" der europäischen Tour. Robson kündigte angeblich exakt 18 995 Profis an, stets mit den gleichen Worten, was sich so anhörte: "This is game number nine, on the tee from Germany, Bernhard Langer."

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An Schlichtheit war sein Intro nicht zu überbieten, aber auch seine eigenwillige Betonung der Namen machte diese einzigartig. Sprach Robson den Vornamen "Tiger" aus, ging die Stimme piepsig hoch, beim Nachnamen "Woods" wieder runter. Im Internet kursiert ein älteres Video mit Spielern, die lachend versuchten, ihn zu imitieren. Aber es war stets so, wie die Times nun schrieb: "Für einen Mann, der so oft nachgemacht wurde, war Ivor Robson tatsächlich unnachahmlich."

Robson entsandte alle Großen des Sports auf die Runden, Jack Nicklaus, Arnold Palmer, Seve Ballesteros, Rory McIlroy

Robson stieg rasch zu einer Figur auf, die so sehr zum Golf und seinen vielen akribisch gepflegten Traditionen gehörte wie das grüne Jackett in Augusta. Der Zauber des Ivor Robson spielte sich dabei durchgängig auf nur wenigen Quadratmetern ab, jedes Mal an Tee 1. Verblüffend im Übrigen, dass privat fast nichts über ihn bekannt war, schlicht, weil Robson es vorzog, zurückgezogen zu leben. Er wurde in England geboren und lebte in Moffat, einem winzigen Ort im Süden Schottlands. Dorthin entschwand er immer, still und leise. Er war kein Wichtigtuer, keiner, der sich aufdrängte. Und doch kannte ihn jeder. Robson entsandte alle Großen des Sports auf die Runden und somit in ihre ruhmreichen Karrieren, Jack Nicklaus, Arnold Palmer, Seve Ballesteros, Rory McIlroy.

Er behandelte, das war ihm wichtig, alle gleich. Auch die Unbekannteren bekamen von ihm die gleiche Hingabe bei jeder Ansage. Er weigerte sich, bei Spielern mitzugehen und sie sich mal anzusehen. Er wollte nicht parteiisch wirken. Er mied es tunlichst, die Toilette aufzusuchen, und hielt die Stellung, vom frühen Morgen bis zum Nachmittag. In einem seiner wenigen Interviews resümierte er mal auf der Plattform Bunkered: "Sobald Sie den Spielern die Platzierung der Fahnen und die örtlichen Regeln geben und ihnen sagen, wer als Erster und Zweiter dran ist, kommt die nächste Gruppe zum Spielen. Man musste seine Konzentration aufrechterhalten und merkte nicht, wie die Zeit verging, bis die Letzten dran waren. Es war geistig anstrengend, aber gut."

Stets trug er ein grünes Sakko, die Krawatte band er mit doppeltem Windsor-Knoten. An den weißen Haaren war er leicht zu erkennen. Anfangs wusste er nicht genau, wie er seinen Job zu machen habe. Für ihn stand nur fest: keine biografischen Romane erzählen! "Halten Sie es einfach", war sein Motto. Land, Name, Abschlag, Applaus. Mehr passierte nicht, und doch war diese Abfolge jedes Mal ein kleines Spektakel inmitten der durchkommerzialisierten, überdrehten Sportwelt.

Knifflig waren komplizierte Namen. Einmal wetteten Journalisten, er könne nicht "Peter Akakasiaka" aussprechen. Robson fragte vorab den Spieler selbst, der meinte: "Es ist ganz einfach, Ak-Aker-see-aker." Das schrieb er sich fürs Vorlesen auf. Natürlich sprach er den Namen korrekt aus. Er nahm jede Silbe ernst, es war für ihn eine Frage des Respekts. 2015 ertönte seine letzte Ankündigung: "On the tee, from Ireland, Paul Dunne." Dunne aus Irland erinnerte sich nun auf X: "Ich träumte stets davon, und dann war es mein stolzester Moment, als ich hörte, wie Ivor meinen Namen verkündete." Seinen endgültigen Abschied als Starter nahm Robson Ende 2015 beim Turnier in Dubai.

Robson wurde als einziger Nicht-Champion zum Champions Dinner eingeladen

Dass er an Diabetes litt, weshalb er mit 75 Jahren aufhörte, thematisierte Robson nie, pflichtbewusst leistete er Dienst. In 41 Jahren verpasste er kein Mal die British Open, die ihn gebührend ehrten. Er erhielt eine Nachbildung der Claret Jug, die sonst nur Open-Sieger in Empfang nehmen. Und er wurde als einziger Nicht-Champion zum Champions Dinner eingeladen. Die Uhrenmarke Rolex, die nur sehr auserwählte Personen unter Vertrag nimmt, verpflichtete Robson als Botschafter. Mit seiner distinguierten Warmherzigkeit stand Robson ideal für die Essenz des Golfsports.

Im Alter von 83 Jahren ist Robson nun gestorben, wenig überraschend ist die Anteilnahme der Golfgemeinschaft überwältigend. Alles, was Rang und Namen hat, kondolierte auf X, der R&A, Woods, Gary Player. Die schönste Würdigung verfasste der frühere englische Profi Nick Dougherty, der Robson nachrief: "In jeder Runde in diesem volatilen Sport erlebt jeder Golfer in seiner Karriere wahre Achterbahnfahrten. Für viele von uns war immer die einzige Garantie, an jedem Tag die Ruhe von Ivors Stimme zu vernehmen, der jedem als Letzter Glück wünschte auf der Reise ... ein großartiger Mann."

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