Golfturnier in Eichenried:Von Promis, Amateuren und Freundschaften

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Multitalent: Fußballprofi Thomas Müller demonstriert seine Golf-Skills bei den BMW International Open in Eichenried. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Die BMW International Open finden ohne die großen Stars statt, dafür mit so vielen Deutschen wie nie zuvor - und die familiäre Atmosphäre ist auch geblieben. Ein Rückblick auf die Turnierwoche in sechs Kapiteln.

Von Felix Haselsteiner, Eichenried

Die prominenten Schwinger

Einem nicht ganz so fußballsachverständigen Zuschauer fiel am Mittwoch der Name nicht ein: Wer ist der denn, dieser groß gewachsene, muskulöse Mann, der da beim ProAm spielt und so weit schlägt? "Ein Profi!", darüber herrschte Einigkeit - nur ist Gareth Bale gar kein professioneller Golfer, sondern in Wahrheit ein ehemaliger professioneller Fußballer aus Wales, der fünfmal die Champions League gewann. Bale jedenfalls genoss in seinen zwei Tagen in München, dass ihn mal nicht alle erkannten, und spazierte mit seinen Schlägern über die Anlage - und durch die Stadt, die er früher nie gesehen hatte: "Bei Auswärtsreisen waren wir immer nur im Hotel", sagte Bale.

Völlig anders übrigens verhielt es sich bei seinem Spielpartner vom Dienstag: Man könnte Thomas Müller jeden Sport der Welt ausüben lassen, das Münchner Publikum würde ihn erkennen. Müller spielte wie Bale zwei Runden in Eichenried, unter den Augen der Sachverständigen, die allerdings ebenfalls anerkennend lobten. Eine Konversation zweier Caddies: "Hast du Müller gesehen beim Abschlag?" - "Das war Thomas Müller?!" - "Ja, gar nicht mal schlecht, oder?" - "Wirklich gut. Der Typ ist beeindruckend!"

Drei Asse, kein Auto

Joost Luiten hatte sich schon freudig umgedreht in Richtung des Autos, das hinter ihm stand. Der Niederländer musste nach seinem Hole-in-One auf dem achten Loch in Eichenried erst informiert werden, dass ihm zwar ein wunderbarer Schlag gelungen sei, der ihm aber keinen neuen PKW einbrachte, weil das Modell hinter ihm nur zu Werbezwecken da stand. Ein Auto gibt es bei den BMW International Open nur auf Loch 17 zu gewinnen, was sich in diesem Jahr als hervorragende Positionierung herausstellen sollte, für den Sponsor zumindest. Drei Hole-in-Ones nämlich gab es, neben Luiten trafen noch der Schotte Connor Smye und der Japaner Takumi Kanaya direkt - aber weil keines davon auf dem richtigen Loch passierte, stand das Auto dort auch am Sonntagabend noch.

Die Abwesenden

Gewöhnt hatte man sich schon an einige der großen Namen: Sergio Garcia, Lee Westwood, Martin Kaymer - sie alle zählten im vergangenem Jahrzehnt nicht nur zum Inventar der europäischen Tour, sondern auch zu dem des Münchner Turniers, das in diesem Jahr aber ohne seine Altstars auskommen musste. Die drei genannten Kandidaten etwa spielen auf der saudi-arabischen LIV Tour und sind daher in Europa gesperrt.

Den Streit der Golftouren, bei dem sich nun immerhin eine Lösung anbahnt, bekommt man eben auch in München mit, in jeglicher Hinsicht: Auch die normalerweise eingeflogenen amerikanischen Stars fehlten diesmal, weil die PGA Tour zeitgleich eines ihrer größeren Turniere veranstaltete. Zu gewinnen gab es dort 20 Millionen US-Dollar - gegenüber zwei Millionen Euro in München.

"Der Zeitpunkt mit dem wichtigen Parallelturnier in den USA war für uns dieses Jahr nicht ganz einfach", sagte Turnierdirektor Marco Kaussler: "Aber ich bin überzeugt, dass wir für die Zuschauer dennoch eine großartige Woche bieten konnten." Kaussler holte stattdessen so viele deutsche Spieler wie noch nie ins Feld und verteilte Einladungen an junge, aufstrebende Profis anstelle von großen Namen. Und: Es deutet sich Besserung an im kommenden Jahr, hört man im Hintergrund, zumindest was eine Rückkehr der Amerikaner angeht. Ob die LIV-Spieler noch einmal in Europa antreten dürfen, weiß aktuell niemand.

Neue Erkenntnisse: Luke Donald, in diesem Jahr Kapitän des europäischen Ryder-Cup-Teams, schaute bezüglich der Nominierung seines Spielerkaders ganz genau hin. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Die 100-Tage-Marke

Im Golfsport dreht sich in diesem Jahr alles um den Ryder Cup im September, der genau 100 Tage nach dem Münchner Turnier stattfindet. Europa gegen die USA heißt es dann, viele Gelegenheiten, um sich in den Fokus für die Qualifikation zu spielen, bleiben nicht mehr - weshalb unter anderem Luke Donald die Reise nach München antrat. Der Engländer, in diesem Jahr erstmals Kapitän und somit berechtigt, die Spieler für das Team auszuwählen, verließ den Freistaat Bayern mit "einigen neuen Erkenntnissen". Eine davon: ein Bierfass anzustechen ist schwerer als gedacht, wie er auf der Players Party am Freitagabend herausfand.

Die aus deutscher Sicht wichtigere, wenngleich etwas ernüchternde Erkenntnis: Die zwei aussichtsreichsten Kandidaten nutzten das Schaulaufen vor dem Kapitän nicht. Yannik Paul sagte seinen Start am Donnerstagmorgen bereits wegen Hüftschmerzen ab, Marcel Siem versagten am Wochenende mit zwei katastrophalen Runden die Nerven.

Der Amateur

Unter den 22 Deutschen zeigte sich einer der ganz Jungen zum zweiten Mal auf der Münchner Bühne: Jonas Baumgartner, gebürtiger Bielefelder, spielte als Amateur unter den Profis mit und schlug sich wacker: Ein 53. Platz bei einem der europäischen Spitzenturniere ist respektabel, erst recht, wenn man bedenkt, dass es mehr oder weniger ein Ausflug in den Sommerferien war. "Ende Juli geht es wieder zurück in die USA", sagte Baumgartner, dort studiert er an der Oklahoma State University - und wählt damit einen ähnlichen Weg wie viele Deutsche, die es in die Weltspitze geschafft haben.

Die freiwilligen Helferinnen Annemarie (links) und Gudrun stehen seit vielen Jahren als Empfangskomitee bereit. (Foto: Felix Haselsteiner/oh)

Das Dienstjubiläum

Die "familiäre Atmosphäre" loben die Spieler immer wieder beim Turnier in München - nur: Was genau darf man sich darunter eigentlich vorstellen? Eine Spurensuche führt einen über eine kleine Brücke neben dem 18. Loch, die gerechterweise jeder Zuschauer, Spieler und Ex-Fußballer gleichermaßen überqueren muss, zum Scorer-Zelt, wo die Spieler nach der Runde ihre Ergebnisse eintragen und die Caddies ihre schweren Taschen abstellen. Gudrun und Annemarie stehen dort als Empfangskomitee bereit - und das schon seit langer Zeit.

Gudrun sei zum 20. Mal dabei, sie selbst zum elften Mal, sagt Annemarie, die gemeinsam mit 380 Freiwilligen beim Turnier mithilft. Kuriose Erlebnisse gab es immer wieder, einmal hat Gudrun sogar einen Ball von einem Spieler an den Kopf bekommen. Weitergemacht hat sie trotzdem, um die großen Stars geht es ihr auch nicht, sondern um die Freundschaften wie die zu Annemarie: "Ich freue mich inzwischen am meisten darüber, dass wir beide die ganze Woche hier gemeinsam verbringen können."

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