Bundesliga:Frankfurt und Trainer Glasner trennen sich am Saisonende

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Große Momente, kleinliche Fehden: Oliver Glasner feierte vergangenes Jahr große Erfolge in Frankfurt, nun steht er vor dem Abschied. (Foto: Alex Grimm/Getty)

Das DFB-Pokalfinale wird das letzte Spiel für den Coach bei der Eintracht sein - zu viel ist kaputtgegangen, vor allem im Verhältnis zu Sportvorstand Markus Krösche. Der möchte nun wohl einen früheren Münchner an den Main lotsen. 

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Innerhalb der Fanszene von Eintracht Frankfurt hat der Trainer Oliver Glasner noch ausreichend Rückendeckung. Gerade werden über die sozialen Medien Buttons mit seinem Konterfei und dem Slogan "Pro Oliver Glasner" verbreitet. Doch derlei Sympathiebekundungen sind nun vergebens, die Zeit des Österreichers beim hessischen Bundesligisten endet am Saisonende.

Vor einem Jahr hatte Glasner die Eintracht noch zum Europa-League-Titel geführt, war auf dem Römer bejubelt worden und feierte selbst anschließend mit Schlapphut am Ballermann. Doch nun kommt es am Saisonende zur freudlosen Trennung. Das gab der Verein am Dienstagabend bekannt. Ausschlaggebend sei die "sportliche Entwicklung und die Gesamtdarstellung in der Rückrunde", heißt es in einer Mitteilung des Klubs. Die Trennung ist das Ergebnis eines am Montagabend spontan einberufenen Krisentreffens mit Sportvorstand Markus Krösche. Das Angebot an Glasner zu einer Verlängerung des 2024 auslaufenden Vertrags hatte der Klub ohnehin längst zurückgezogen.

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"Ich akzeptiere die Entscheidung der Vereinsführung, die mir plausibel dargelegt wurde", wird Glasner in der Vereinsmitteilung zitiert. Das letzte Spiel, das der Österreicher von der Trainerbank aus verantwortet, wird nun das DFB-Pokalfinale am 3. Juni gegen RB Leipzig sein. Zwischenzeitlich war sogar über eine sofortige Trennung spekuliert worden. Doch das galt von vorneherein als unwahrscheinlich - Titelchance ist schließlich Titelchance. Es sei jetzt nicht der Zeitpunkt für Abschied oder Rückblick, "sondern wir haben noch eine entscheidende Mission vor uns", wird Glasner zitiert. "Es ist mir persönlich von sehr hoher Bedeutung, dass die Eintracht in der kommenden Saison wieder großartige Nächte auf internationaler Bühne feiern kann."

Wer die Eintracht auf dort anleiten soll, ist noch nicht verkündet. Krösche soll Dino Toppmöller bereits als Nachfolger ausgeguckt haben. Beide sind 1980 geboren und kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei RB Leipzig. Toppmöller arbeitete zuletzt als Co-Trainer des FC Bayern und war dort zusammen mit Julian Nagelsmann freigestellt worden. Früher spielte er mit mäßigem Erfolg für die Amateure und die Profis der Eintracht. Seine Verpflichtung wäre wegen der fehlenden Erfahrung in der Chefrolle ein Wagnis, würde aber den Nostalgiefaktor bedienen: Vater Klaus Toppmöller hatte einst bei der Eintracht den "Fußball 2000" erfunden.

Der Ton war zuletzt auf vielen Ebenen schärfer geworden zwischen den Beteiligten. Für das Rhein-Main-Duell gegen den FSV Mainz am Samstag (15.30 Uhr) brummt der Chefcoach jene Sperre ab, mit der er beim in vielerlei Hinsicht unglücklichen Auswärtsspiel in Hoffenheim (1:3) belegt worden war. Der Kommentar von Vorstandssprecher Axel Hellmann auf dieses zehnte sieglose Liga-Spiel samt Rot für den Trainer sprach Bände: "Ich habe noch nicht erlebt, dass man Spiele durch Undiszipliniertheiten gewonnen hat", hatte Hellmann kritisiert und erstmals öffentlich eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainer infrage gestellt. Glasner fiel danach mit einer Wutrede gegen einen Journalisten auf. Diese Form sei "nicht zukunftsweisend", kritisierte Hellmann.

Glasners Auftritte wirkten zuletzt nicht immer glücklich

Im Hintergrund war allerdings schon lange vorher einiges kaputtgegangen. Das Verhältnis zwischen Sportchef Krösche und Glasner gilt seit Längerem als belastet. Zwei unterschiedliche Charaktere fanden in entscheidenden Sachfragen einfach nicht mehr zueinander. Immer wieder hatte der Trainer moniert, dass seinem Kader nach dem Karriereende von Publikumsliebling Martin Hinteregger erfahrene Abwehrspieler fehlten. Auch beim Frühjahrsempfang warb Glasner in Hintergrundgesprächen um Verständnis für seine Position - in Abgrenzung zu Krösches Sichtweise. Bestätigt fühlte sich Glasner durch die besonders schmerzliche Niederlage Mitte März beim 1. FC Union Berlin (0:2). "Qualität kann man nicht trainieren", sagte er damals nach diversen Aussetzern der Defensive seiner Elf.

Sowohl intern als auch öffentlich wirkte Glasner seither zunehmend unzufrieden. Fast schon verzweifelt verwahrte er sich gegen die von Krösche geschürten hohen Ansprüche. Sich selbst machte der Trainer allerdings angreifbar, indem er fast immer auf denselben Kreis von Spielern setzte. Routiniers wie Makoto Hasebe oder Sebastian Rode wirken inzwischen völlig überspielt. Ohne die Klasse des Torjägers Randal Kolo Muani wäre die Mannschaft wohl schon Richtung Abstiegszone abgerutscht. Zwar war auch die vergangene Bundesligasaison am Ende mit Rang elf nicht so toll - doch im Vorjahr rettete das flirrende Europa-League-Finale in Sevilla die Spielzeit. Und damals war die Grundstimmung in Stadt, Verein und Umfeld noch deutlich unbeschwerter und optimistischer.

Oliver Glasner als Alleinschuldigen für das schlechte Erscheinungsbild der Eintracht abzustempeln, wäre aber nicht gerecht. Für die wochenlang schwelenden Grabenkämpfe zwischen Aufsichtsrat und Vorstand war er am wenigsten verantwortlich. Und auch in der Affäre um den Noch-Präsidenten Peter Fischer, der wegen des Verdachts auf Drogenbesitz in den Fokus der Staatsanwaltschaft gerückt war, versuchte Glasner, Ruhe reinzubringen.

Der Vorstandschef Axel Hellmann wiederum, derzeit auch Interimschef bei der Deutschen Fußball-Liga, wirkt in seinen Äußerungen gerade auch nicht sehr konsistent. Noch vergangene Woche ließ er wissen, die Eintracht könne "in der Bundesliga ergebnislos spielen, wie wir wollen. Am Ende, wenn das Licht angeht und etwas zum Greifen nahe im Raum steht, zählt das nicht". Das klang wie die Aufforderung, nun alle Kraft in den Pokalsieg zu stecken. Am Wochenende polterte Hellmann dann plötzlich: "Wir liegen weit hinter den Erwartungen zurück" - in der Liga.

Und dazu dann noch der meinungsstarke, intern oft widerborstige Trainer Glasner? Nun, Anfang Juni sind die handelnden Personen einander los.

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