Der große Teil der Fans von Borussia Mönchengladbach stimmte schon während des Spiels ein lautes Pfeifkonzert an und machte seinem Unmut Luft: Ein Transparent-Eklat gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp überschattete das 1:1 (1:0) gegen die TSG. "Wir haben Werte, sind gegen Rassismus und Ausgrenzung - und dann halten 50 Hornochsen ein solches Plakat hoch. Dafür schäme ich mich", wetterte Gladbach-Manager Max Eberl am Sky-Mikrofon. Eine drohende Bestrafung durch das DFB-Sportgericht wolle man akzeptieren.
Nach dem Seitenwechsel hatten einige der Gladbach-Ultras für die Missstimmung gesorgt, im Fanblock in der Nordkurve wurde ein beleidigendes Transparent gezeigt. "Hurensöhne beleidigen einen Hurensohn und werden von Hurensöhnen bestraft", war auf dem Banner zu lesen. Im Hintergrund war ein Transparent mit dem Konterfei von Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp im Fadenkreuz zu sehen. Die Aktion war offensichtlich eine Anspielung auf die Zwei-Jahres-Strafe des DFB gegen die Fans von Borussia Dortmund, die Hopp mit dem gleichen Schimpfwort beleidigten und ebenfalls ein Fadenkreuz-Plakat zeigten. Hoffenheims Trainer Alfred Schreuder erwog, seine Mannschaft vom Feld zu schicken. "Ich habe gesagt: Wenn das Plakat nicht verschwindet, gehen wir heim. Dann können sie die drei Punkte haben", sagte der Niederländer nach dem Spiel. Gladbach veröffentlichte nach dem Spiel ein umfangreiches Statement zu den Vorfällen.
Vor Spielbeginn hatte es auch in Gladbach die von der Deutschen Fußball Liga angekündigte Schweigeminute zu Ehren der Opfer des rassistisch motivierten Anschlags von Hanau gegeben - eine Stunde später sorgten einige Fans für den Eklat. Lautstark hatte Eberl in Richtung der Verursacher gewettert, das Spiel wurde kurzzeitig unterbrochen, das Transparent abgehängt. Aber der miese Beigeschmack blieb hängen.
Baumann wirkt unsicher, hält die Gäste aber im Spiel
Das Spiel war am Ende zweitrangig. Lucas Ribeiro (90.+2) traf für die Hoffenheimer zum späten Ausgleich, zuvor hatte Matthias Ginter (11.) die Fohlen in Führung gebracht, die eine beachtliche Menge an Großchancen ausließen. Die beste bot sich Gladbachs Torjäger Alassane Pléa (74.), der einen Handelfmeter nach Videobeweis vergab. "Wir wollten drei Punkte draufpacken, das Ergebnis nervt", sagte Ginter bei Sky. Die Borussen, die im eigenen Stadion die ersten Punktverluste seit fast einem halben Jahr hinnehmen mussten, liegen nun sechs Punkte hinter Spitzenreiter Bayern München - haben aber noch das ausgefallene brisante Derby gegen den 1. FC Köln (11. März) in der Hinterhand. Die Hoffenheimer holten nach zuletzt zwei Niederlagen einen wichtigen Zähler im Kampf um die internationalen Startplätze.
Für die Rose-Elf, die im Gegensatz zum 4:1 bei Fortuna Düsseldorf wieder mit einer Viererkette spielte und im Sturmzentrum nach einer Sperre auf Pléa vertrauen durfte, lief früh alles nach Plan. Gladbach übernahm die Kontrolle und ging dank Ginter verdient in Führung. Sportlich startete die TSG etwas besser in Durchgang zwei, Steven Zuber (46.) zwang Yann Sommer im Borussia-Tor zu einer Parade. Dann hatten Florian Neuhaus (54.), Pléa (54.) und Marcus Thuram (61.) beste Chancen auf das 2:0, Baumann war oft ein Unsicherheitsfaktor für die Kraichgauer.
Eine Viertelstunde vor Schluss hielt Baumann sein Team aber im Spiel. Schiedsrichter Felix Brych hatte nach Studium der Videobilder auf ein Handspiel von Benjamin Hübner knapp innerhalb der Strafraumgrenze entschieden, Pléa scheiterte aber mit seinem Strafstoß an Baumann. Besser zielte Pléa in der 83. Minute nach einem Konter, doch wegen eines vorausgegangenen Handspiels von Oscar Wendt in der eigenen Hälfte zählte der Treffer nicht.
"Was soll ich mit diesen Menschen machen?"
Es fiel das 1:1, aber geredet wurde fast nur über die "Fan"-Aktion und die Reaktionen. "Das geht einfach nicht, was mit den Plakaten gegen Dietmar Hopp passiert", sagte Schreuder. "Das geht einfach nicht in Deutschland. Herr Hopp hat unglaublich viel Bedeutung für Hoffenheim, deswegen sind wir alle hier. Das verdient kein Mensch. Großes Kompliment an Max Eberl, wie er das geregelt hat." Gladbachs Trainer Marco Rose sagte: "Wir haben alle gesagt und empfinden es so, dass es sich nicht gehört. Fertig, aus. Trotzdem darf man nicht über unsere Fans reden, sondern um Fangruppen. Die meisten unserer Fans haben gut reagiert. Kritik darf geäußert werden, aber auf eine sachliche Art und Weise. Der Stimmung im Stadion hat das sicher nicht zugetragen."
Eberl bilanzierte: "Natürlich hoffen wir, dass wir diese Menschen finden und ausschließen. Und wenn nicht wir sie finden, dann vielleicht andere in der Fankurve", sagte Eberl: "Ich hoffe, dass es in der Kurve Solidarität gibt. Menschen, die andere identifizieren und sagen: Der war es. Wir haben in Münster gesehen, dass so etwas möglich ist."
Das 1:1 und das Ende von Gladbachs stolzer Heimserie mit acht Siegen in Serie ärgerte Eberl weniger, als "dass wir ein paar wenige im Fan-Kreis haben, die wir nicht haben wollen. Das einzig Positive war, dass die überragende Mehrheit sich dagegengestellt und nicht vor den Karren hat spannen lassen". Eberl war wie Kapitän Lars Stindl in die Kurve gegangen, um die Fans zu besänftigen. Beide wurden dort beschimpft. "Was ich da gesagt habe, ist auch nicht jugendfrei", sagte Eberl: "Aber was soll ich mit diesen Menschen machen?" Hoffenheims Direktor Profi-Fußball Alexander Rosen lobte neben Brych für dessen besonnene Reaktion sowie Eberl und Stindl für ihr beherztes Eingreifen auch die Gladbacher Zuschauer. "Viele Menschen haben ein Zeichen gesetzt gegen die geistige Umnachtung weniger Idioten", sagte Rosen: "Dieses Zeichen ist größer als der gesäte Hass."