Der Fußball muss noch lernen, dass Helfen und Schenken den Menschen zufriedener macht. Erfolgsdruck im Wettbewerb schließt Wohltätigkeit normalerweise aus. Dabei ist Mitgefühl eine bedeutsame Tugend. Praktizierte Barmherzigkeit macht glücklich und kann durch spezifische Hormone sogar schmerzlindernd wirken. Wer beim Fußball als Samariter auftritt, statt seine Kontrahenten zu demütigen, muss zwar mit Pfiffen von der Tribüne und schlechten Noten in der Fachpresse rechnen, wird aber mit Glücksgefühlen und der Aussicht auf ein längeres Leben belohnt. Nächstenliebe statt Brechstange! Vorbildfunktion erfüllen hier die Fußballer von Borussia Mönchengladbach. Sie engagieren sich für tabellarisch Benachteiligte.
Ein Bundesliga-Spiel gegen einen Tabellenletzten (auch bekannt als "Schlusslicht" oder "Träger der roten Laterne") ist psychologisch herausfordernd. Wie den Erfolglosen und Verspotteten begegnen? Es hilft wenig, ihnen während des Spiels einen Tee zu kochen, ein Schaumbad einzulassen oder ganz lieb den Arm zu streicheln. Effektive Wohltätigkeit erfordert, Punkte zu spenden. Am besten drei pro Spiel, mindestens aber einen.
Diesen selbstlosen Ansatz pflegen die Gladbacher. Sie haben in bislang 21 Saisonspielen schon fünfmal gegen einen Tabellenletzten spielen müssen und dabei jedes Mal uneigennützig auf den Sieg verzichtet. Zuletzt beim 0:0 am Samstag gegen Darmstadt, zuvor auch schon am vierten Spieltag im Hinspiel in Darmstadt (3:3), am siebten Spieltag gegen Mainz (2:2), am achten Spieltag in Köln (1:3) sowie am 14. Spieltag bei Union Berlin (1:3).
Die Deutsche Fußball Liga erwägt nun, für solch beispielhaft karitatives Engagement einen Wohltätigkeitspreis ins Leben zu rufen. Er wäre mit einem Mannschaftsausflug in einen Streichelzoo nach Wahl dotiert. Dies könnte sich just dann als therapeutisch hilfreich erweisen, sollte den gutherzigen Gladbachern mit ihrer woken Zivilcourage bald selbst der Abstieg drohen.