Wales in der WM-Qualifikation:Llongyfarchiadau, Gareth!

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Kein Tor, aber zwei Vorlagen: Gareth Bale (Mitte) in seinem 100. Länderspiel beim 5:1 gegen Belarus. (Foto: James Marsh/imago)

Gareth Bale, einst jüngster Nationalspieler für Wales, absolviert gegen Belarus den 100. Einsatz für sein Land. Bevor er sich verabschiedet, hat er noch einen Traum.

Von Sven Haist, London

Vermutlich wären fast alle Profis vom Renommee eines Gareth Bale bei einem Jubiläumsspiel in der Nationalmannschaft nicht bereit gewesen, sich nach der ersten Halbzeit auswechseln zu lassen. Bestimmt hätten die meisten von ihnen versucht, so lange wie möglich auf dem Spielfeld zu bleiben, um den eigenen Ehrentag mit einem Tor zu versehen oder zumindest unter den Ovationen der Zuschauer im Stadion vor Abpfiff den Platz zu verlassen. Bale indes hielt sich als Kapitän bei seinem 100. Länderspiel für Wales am Samstag - eine Marke, die vor ihm nur Abwehrmann Chris Gunter (106) erreicht hat - an die Absprache mit seinem Trainer Rob Page und verzichtete beim 5:1 (2:0) über Belarus in der WM-Qualifikation auf ein weiteres Mitwirken im zweiten Durchgang. Wegen einer hartnäckigen Oberschenkelblessur, die den Angreifer zwei Monate außer Gefecht setzte, hatten Page und Bale vorab vereinbart, den zur Schonung vorgesehenen Wechsel bei einem positiven Zwischenstand zur Pause durchzuführen, damit keines der Wechselfenster im Spiel belastet werde.

Statt sich schmollend auf der Ersatzbank zu verkriechen, freute sich Bale, 32, von draußen über jeden Treffer seiner Mannschaft, besonders über das erste Länderspieltor seines früheren Tottenham-Teamkollegen Ben Davies (77.). Zuvor hatte bereits Doppeltorschütze Aaron Ramsey (2./50.) das dritte Tor per Elfmeter erzielt, der eigentlich Bale vorbehalten gewesen wäre, wenn er sich noch auf dem Platz befunden hätte. Aber auch ohne eigenen Treffer konnte sich sein Arbeitsnachweis sehen lassen: Das erste Tor leitete er bei seinem 45-minütigen Kurzeinsatz mit einem Eckball ein und lieferte danach sogar die direkte Vorarbeit für Neco Williams (20.). Den Anschlusstreffer der Belarussen durch Artsyom Kantsavy (87.) korrigierte Connor Roberts (89.) umgehend - so dass Wales vor dem abschließenden Spiel gegen Belgien am Dienstag die Möglichkeit besitzt, als einer der besten Gruppenzweiten für die Playoffs gesetzt zu sein. Die Teilnahme an der Ausscheidungsrunde war dem Drei-Millionen-Einwohnerland aufgrund der vorherigen Erfolge in der Nations League bereits vor der Partie gegen Belarus garantiert.

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Eine WM-Teilnahme mit Wales dürfte Bales letztes Karriereziel sein

Nach dem überraschenden Halbfinal-Einzug bei der EM 2016 ist der WM-Traum mit Wales, das seit 1958 bei keinem Weltturnier mehr teilgenommen hat und vor vier Jahren in der Qualifikation knapp scheiterte, wohl Bales letztes Karriereziel. Dem scheint er alles, und auch sich selbst, unterzuordnen. In den vergangenen Tagen hatten viele Mitspieler in den Medien der Insel ihre Erlebnisse mit Bale geschildert, der stets als ein selbstloser Teamspieler gepriesen wird.

Diese Darstellung bestätigte er mit dem Verzicht auf Szenenapplaus bei einer Auswechslung während der Belarus-Partie - und bekam ihn dafür in doppelter und dreifacher Ausführung nach Spielende zurück. Auf der Ehrenrunde verneigten sich seine Landsleute im Cardiff City Stadium vor seiner Lebensleistung. Die Mannschaft bildete einen Halbkreis, als ihn sein bester Freund, der langjährige Nationaltorwart Wayne Hennessey, 34, hochleben ließ. Der Tag sei "speziell", sagte Bale, einer, den er "nie" vergessen werde. Natürlich hätte er sich nichts mehr gewünscht, als eine Standing Ovation bei einer Auswechslung zu erhalten, aber "das Team" sei eben das Wichtigste. Diese Einstellung spreche Bände, fand Nationalcoach Page: "Er ist so bescheiden und schätzt seine Kameraden. In der Umkleidekabine haben die Jungs ihn dann mit Applaus gewürdigt."

Neben den legendären Walisern John Charles, Ian Rush und Mark Hughes gehört Bale zu den Besten seiner Nation

Schon beim Aufwärmen hatte ihm der walisische Verband als Ehrenerweis ein Trikot mit seinem Namen, der Nummer "100" und einem in Landessprache gehaltenen Glückwunsch ("Llongyfarchiadau") überreicht. Neben den legendären Walisern John Charles, Ian Rush und Mark Hughes gehört Bale zu den besten Fußballern seiner Nation. Sein Debüt im Nationaltrikot gab er in einem Freundschaftsspiel gegen Trinidad und Tobago im Mai 2006, als seinerzeit jüngster Spieler seines Landes im Alter von 16 Jahren und 315 Tagen.

Nach seinem Karrierebeginn beim FC Southampton wechselte Bale im Sommer 2013 von Tottenham Hotspur für die damalige Rekordablöse von circa 100 Millionen Euro zu Real Madrid. Mit den Madrilenen gewann er vier Mal die Champions League, darunter 2017 in seiner Geburtsstadt Cardiff. Am meisten in Erinnerung blieb sein außergewöhnlicher Fallrückzieher, mit dem er das Endspiel 2018 in der Königsklasse gegen den FC Liverpool entschied. Allerdings überwarf sich der aufgrund seiner Schnelligkeit und Kraft ebenso begnadete wie verletzungsanfällige Bale anschließend mit dem damaligen Real-Trainer Zinédine Zidane.

Seither erreichte er kaum mehr sein altes Niveau - auch nicht bei seiner Leihe zu den Spurs in der Vorsaison. Kritiker hielten ihm vor, das Nationalteam und das Golfspiel über seine horrend vergütete Anstellung in Madrid zu stellen. Aus den spanischen Medien kamen zum Jubiläum prompt einige fiese Bemerkungen, die darauf abzielten, dass Bale kurioserweise in dieser Saison jetzt mehr Spiele für Wales (4) als für Real (3) absolviert hat. Dort läuft sein Vertrag im Sommer 2022 aus. Aber wenn sich Wales tatsächlich für die WM qualifizieren sollte, ist davon auszugehen, dass Gareth Bale seine Karriere fortsetzen wird.

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