SSV Jahn Regensburg:Kernsanierung mit Jahn-Gen

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"Es geht nur als Mannschaft bei uns." - Rückkehrer und Kapitän Andreas Geipl. (Foto: Wolfgang Zink/Imago)

Trotz des großen Umbruchs im Sommer ist der Zweitliga-Absteiger SSV Jahn Regensburg prächtig in die neue Fußballsaison gestartet. Entscheidenden Anteil daran hat die Rückkehr zu Altbekanntem.

Von Johannes Kirchmeier

Am vergangenen Donnerstagabend gab es im Stadion des SSV Jahn Regensburg Applaus für einen Mann, der für die erfolgreichste Zeit des Vereins steht. Christian Keller, von 2013 bis 2021 Geschäftsführer des Klubs, wurde bei der Mitgliederversammlung zum ersten Ehrenvorsitzenden des Vereins überhaupt ernannt. Es dürften ein paar vergnügliche Stunden für den 46-Jährigen in einer ansonsten anspannenden Zeit gewesen sein - mit seinem aktuellen Arbeitgeber 1. FC Köln steckt er gerade mitten im Existenzkampf in der Fußball-Bundesliga. Neben Keller brachten noch ein paar weitere frühere Hauptprotagonisten den ostbayerischen Mitgliedern Freude. Die ehemaligen Fußballer Oliver Hein, seit Juli Vorstand für den sportlichen Bereich, und Sebastian Nachreiner, der direkt in den Aufsichtsrat gewählt wurde, stellten sich in ihren neuen Rollen vor.

Sechs Spielzeiten kickte der SSV in der zweiten Fußball-Bundesliga, Nachreiner war bis zu seinem Karriereende im vergangenen Sommer die ganze Zeit über dabei, Keller in fünf und Hein in vier Spielzeiten. Nachreiner, 34, und Hein, 33, verbrachten jeweils ihre gesamte Profikarriere beim Jahn. "Es ist auch für uns als Spieler ein gutes Zeichen, wenn da Ex-Spieler mit Jahn-Gen in der Vereinsführung mit dabei sind", sagt der Mittelfeldakteur und Kapitän Andreas Geipl.

Auch er kehrte erst im Sommer zurück - vom Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Heidenheim, für den er drei Jahre lang spielte. Der Oberbayer schaffte von 2015 bis 2017 den Durchmarsch von der Regionalliga in die zweite Bundesliga, war auch dort in der Stammelf gesetzt und ist nun wieder zentrale Figur im Jahn-Spiel. Als solche führt er die Oberpfälzer gerade erfolgreich über die Drittliga-Fußballplätze Deutschlands. Der SSV ist aktuell das stärkste bayerische Team und liegt vor dem elften Spieltag, an dem er den VfB Lübeck empfängt (Samstag, 14 Uhr), auf Relegationsrang drei. Anders als bei Kellers Kölnern läuft es derzeit in Regensburg rund.

All diese Nachrichten fügen sich zusammen in eine größere Mitteilung: Der Verein hat sich nach dem Abstieg in die dritte Fußball-Bundesliga im Sommer einer dringend nötigen Kernsanierung unterzogen und die Fassaden nun vor allem mit altbekannten Mustern verkleidet. Es scheint, als erstrahlten sie wieder im alten Glanz. Hein hat da ja auch noch einen Vorstandskollegen, den Sportchef Achim Beierlorzer - von 2017 bis 2019 Jahn-Coach. Der war für die stärksten Zweitliga-Platzierungen des Klubs verantwortlich - vor allem weil es der Jahn trotz begrenzter Mittel verstand, mit geschlossenen Teamleistungen auch stärkere Gegner niederzuringen.

Geipl lobt Beierlorzer: "eine Mannschaft mit super Charakteren zusammengestellt"

In Erinnerung ist da etwa ein 4:3 nach 0:3 an einem kühlen Februarabend gegen Düsseldorf: "Das, was wir damals gehabt haben, das wollen wir wieder aufbauen. Es geht nur als Mannschaft bei uns", sagt Geipl. Und siehe da: Am vergangenen Wochenende krönte das Team von Trainer Joe Enochs die perfekte Englische Woche (1:0 in Aue, 2:0 gegen Mannheim) mit Sieg Nummer drei: aus einem 1:2 beim FC Ingolstadt wurde im Donauduell ein 4:2. Den Schlusspunkt setzte Geipl, der nach einem 50-Meter-Sprint ins leere Tor traf.

Die Führungsfigur von damals sprintete auch diesmal voran, Geipl war der erste Zugang nach dem radikalen Umbruch. Nur vier Spieler aus der Vorsaison blieben dem Team erhalten. "Da muss ich auch Achim Beierlorzer und den anderen Beteiligten ein Kompliment für die Mannschaftszusammenstellung machen", sagt Geipl. Es war ja durchaus auch ein Wagnis, den vormaligen Trainer direkt als Sport-Geschäftsführer einzustellen, aber vom Kapitän erhält er Lob: "Sie hatten es nicht einfach im Sommer und haben eine Mannschaft mit super Charakteren zusammengestellt."

Die hatte spielerisch durchaus auch ihre anfänglichen Schwierigkeiten: "In der Vorbereitung haben wir auch Spiele verloren, unter anderem gegen Chemnitz, da hat noch nicht alles zu 100 Prozent gepasst, ehrlich gesagt. Aber das war auch normal und uns bewusst, dass das ein längerer Prozess ist", erinnert Geipl. So habe er vom ersten Tag an gemeinsam mit dem seit 2016 in Regensburg kickenden Benedikt Saller versucht, den Mitspielern das "Jahn-Gen" nahezubringen: also aktiv verteidigen, früh anlaufen und kämpfen bis zum Schluss, auch wenn es aussichtslos erscheinen mag. Letzteres habe dem Verein in den vergangenen zwei Spielzeiten vielleicht auch ein wenig gefehlt, hat Geipl aus der Ferne beobachtet. Nun gelang die Wende schneller als gedacht. Sechs Partien blieb der Jahn zu Beginn ungeschlagen - und auf die erste Niederlage folgten dann drei Siege.

Auch bei der Freizeitgestaltung kehren die Regensburger übrigens zu Altbekanntem zurück: Sie haben mittlerweile wieder eine Schafkopf-Runde. Neben Geipl und Saller spielt auch der in Unterhaching ausgebildete Niclas Anspach. Und dem in Wolfsburg geborenen Sommer-Zugang Robin Ziegele haben sie in den vergangenen Monaten nicht nur den Oberpfälzer Fußball, sondern auch das altbayerische Kartenspiel beigebracht.

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