Entlassung von Dirk Lottner:Erster zu sein ist nicht genug

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Überrascht und zerknirscht: Saarbrückens langjähriger Regionalliga-Trainer Dirk Lottner, 47. (Foto: Oliver Dietze/dpa)
  • Dirk Lottner wird als Trainer des Regionalligisten 1. FC Saarbrücken entlassen - kurioserweise als Tabellenführer.
  • "Eine wirkliche Begründung wurde mir nicht mitgeteilt, es gibt wohl auch keine", berichtet Lottner.
  • Die Klubführung will endlich aufsteigen - und wurde in den vergangenen Wochen nervös.

Von Philipp Selldorf, Köln

Nach spätestens einer halben Stunde hatte sich das Spitzenspiel TSV Steinbach-Haiger gegen 1. FC Saarbrücken - Tabellendritter gegen Tabellenerster der Regionalliga Südwest - auf ein Privatduell zwischen Gastgeber-Team und Gäste-Torwart reduziert. Ganz Steinbach gegen Daniel Batz, so hieß der unfaire Zweikampf, doch Saarbrückens Schlussmann schien unbezwingbar zu sein. Notfalls wehrte er den Ball mit der Nase ab, selbst einem hart getretenen Elfmeter widerstand Batz, der 2012 beim 0:4 des SC Freiburg in Dortmund zwei Bundesliga-Spiele auf einmal gemacht hatte: sein erstes und sein letztes.

Lediglich einen Ball musste Batz passieren lassen, aber dieser Gegentreffer reichte für eine Niederlage mit Folgeschaden. Am Montag erhielt Trainer Dirk Lottner einen Anruf, er möge bitte zur Geschäftsstelle kommen. Dort sprachen ihm der Sportdirektor Marcus Mann und Vizepräsident Dieter Ferner die Kündigung aus. "Eine wirkliche Begründung wurde mir nicht mitgeteilt, es gibt wohl auch keine", berichtete Lottner, 47, dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Kürzlich erst hatte es der Coach mit seinen viertklassigen Saarbrückern hinbekommen, den Bundesligisten 1. FC Köln aus dem Pokal zu werfen. Für ihn war das schon deshalb eine große Sache, weil er aus Köln stammt, viele Jahre für den FC gespielt und gearbeitet hat und dem Klub immer noch treu ergeben ist.

Saarbrücken möchte raus aus der Gefangenschaft der vierten Liga

Der Pokalcoup wirkte sich indes ungut auf das Gemüt der Mannschaft aus, so hat man das in Saarbrücken interpretiert. Erst gab es ein 0:3 beim Verfolger Elversberg und nach zwei Arbeitssiegen nun die Niederlage beim TSV Steinbach. Das Ziel, in die dritte Liga aufzusteigen, sei "extrem in Gefahr", erklärte Vizepräsident Ferner, 70. Dieser fungierte einst als Torwart der Chicago Sting und spielte gegen Cosmos New York mit Pelé und Johan Neeskens.

Jetzt vertritt er einen Klub, der endlich raus möchte aus der Gefangenschaft in der vierten Liga. Dort geht es zwar in der Gesellschaft von angegilbten Traditionsklubs wie FK Pirmasens, Kickers Offenbach und FC Homburg hübsch nostalgisch zu - doch die Sehnsucht nach dem Aufstieg währt zu lang. Mit Trainer Lottner war der FCS zuletzt Liga-Meister und Liga-Zweiter, doch in dem einen Sommer scheiterte man in der Qualifikation an 1860 München, im nächsten am SV Waldhof Mannheim.

Jetzt bekam Lottner die Nervosität der Klubführung zu spüren - ungeachtet der Tabellenführung und der widrigen Umstände während der letzten Wochen. So hatte Lottner nach dem 0:3 in Elversberg mit einer mehrere Minuten dauernden Schiedsrichterschelte für Aufsehen gesorgt, an deren Ende er eine lustige Pointe setzte: "So, ich höre jetzt besser auf, sonst rede ich mich in Rage." In eben diesen Zustand versetzte ihn nun die Entlassung. Vorläufiger Nachfolger ist der bisherige Frauen-Trainer Taifour Diane, der mit Torwart Daniel Batz eine Gemeinsamkeit teilt. 1994 machte er mit Bayer Leverkusen zwei Bundesliga-Spiele auf einmal: sein erstes und sein letztes. Gegner war der 1. FC Köln. Lottner spielte damals noch beim Zweitligisten Fortuna Köln.

© SZ vom 04.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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