Fußball-Regionalliga:Dieses Jahr ist alles anders

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Heimniederlage gegen die Profis: Der VfB Eichstätt mit Dominik Ngatie (vorne) musste sich David Pisot und der SpVgg Unterhaching geschlagen geben. (Foto: Sven Leifer/foto2press/imago)

Der VfB Eichstätt hat für Aufsehen gesorgt, indem er auf die Teilnahme am Verbandspokal verzichtet hat. Der frühere Favoritenschreck sieht seine Mannschaft an der Grenze der Belastbarkeit - und die Schere zu den Profiklubs immer größer werden.

Von Christian Bernhard

Markus Mattes konnte seinen Spielern Anfang der Woche wenig Vorwürfe machen. "Im Endeffekt war das nicht unsere Kragenweite", sagte der Trainer des VfB Eichstätt, als er das 1:3 gegen die SpVgg Bayreuth noch einmal auf Video analysiert hatte. Die Franken seien schlicht und einfach "in allen Belangen" besser gewesen.

Die Eichstätter sind gut in die Saison der Regionalliga Bayern gestartet, 14 Punkte aus neun Spielen und Platz acht sind "wesentlich besser als erwartet", sagt Mattes. Nur drei Spiele gingen verloren, und zwar gegen drei der Topanwärter auf die Meisterschaft: den FC Bayern München II, die SpVgg Unterhaching und nun Bayreuth. Die Niederlagen an sich seien "kein Beinbruch" für einen Verein wie den VfB, gefühlt sei die Distanz zu diesen Klubs vor Corona aber nicht so groß gewesen, sagt Mattes.

Eichstätt war eine jener Mannschaften, die die großen Regionalliga-Vereine in den vergangenen Jahren immer wieder ärgern konnten. Vor zwei Jahren beendeten die Oberbayern unter Mattes die Saison sensationell auf Rang zwei, deutlich vor Schweinfurt und Bayreuth. Solche Coups seien aktuell aber kaum vorstellbar: "Die Kluft wird immer größer." Das hat seiner Meinung nach viel mit den Corona-Nachwehen zu tun. Anders als die Spieler der Profivereine durften die Amateurspieler erst im Mai wieder mit dem Mannschaftstraining beginnen, dann folgte eine sehr kurze Saisonvorbereitung, die Mattes "sehr dosiert angehen" musste, um die Spieler wieder an die Belastung zu gewöhnen. Die Folge: eine "nicht so gute physischen Basis".

Da die Liga nun Corona-bedingt 20 Mannschaften umfasst, ist der Spielplan speziell jetzt zu Beginn der Saison deutlich enger getaktet, noch mehr englische Wochen als sonst stehen auf dem Programm. Das sei eine "immense Belastung", gerade für die Amateurspieler. Auch deshalb verzichtete der VfB Mitte August auf die Teilnahme am bayerischen Verbandspokal - wohl wissend, dass er dafür eine Strafe des BFV, die noch nicht festgelegt wurde, kassieren würde. "Wir haben eine Fürsorgepflicht für unsere Spieler", betont Mattes.

Sportleiter Benz hat nicht nur bei seinem Verein "im Verhältnis viele" Verletzungen im muskulären Bereich ausgemacht

Der 46-Jährige steht, wie auch andere Trainer von kleineren Regionalligisten, vor dem in dieser Saison besonders herausforderndem "Balance-Akt", die Fitness seiner Spieler auf ein hohes Niveau zu bringen, denn diese ist für die Amateurvereine weiterhin das größte Pfund gegen die technisch und fußballerisch besser ausgebildeten Spieler der Topklubs. Auf der anderen Seite dürfen Mattes und Co. ihre Spieler nicht überbelasten. Hans Benz, Sportleiter beim VfB, hat nicht nur bei seinem Verein "im Verhältnis viele" Verletzungen im muskulären und Bänder-Bereich ausgemacht. Das sei "rein dem Wechselspiel zwischen Belastung und Nicht-Belastung, Stillstand und Von-Null-auf-Hundert-Schalten geschuldet", erklärt er, "das ist es, was der Körper im Moment bei vielen nicht mitträgt". Dieses Jahr sei einfach alles anders, unterstreicht Mattes. Die physische Basis, die er mit seiner Mannschaft bisher legen konnte, scheint im Moment nicht ausreichend zu sein, um die "Diskrepanz" zu den Spitzenteams auszugleichen, erklärt der VfB-Trainer.

Mattes hört genau hin, wenn sich die Trainer der Liga-Größen zu diesen Themen äußern. Bayreuth-Coach Timo Rost etwa sagte nach dem Spiel in Eichstätt, die englischen Wochen träfen sowohl die Amateurvereine als auch jene, die unter Profibedingungen arbeiten. Mattes nahm auch wahr, dass Unterhaching-Trainer Sandro Wagner am vergangenen Wochenende darauf hinwies, dass viele seiner Spieler vor dieser Saison ein Jahr lang nicht mehr Fußball gespielt hätten. Der VfB-Trainer findet, dass Wagner "genau auf der richtigen Schiene" sei, es aber einen gehörigen Unterschied zwischen einem Klub wie Unterhaching und einem wie Eichstätt gibt: jener, dass die Hachinger jeden Tag trainieren, der VfB aber nur dreimal pro Woche. "Das ist es, was es für uns schwer macht."

Mattes ist froh, dass er am Dienstag - anders als viele Regionalligisten - nicht in der zweiten Verbandspokalrunde ran musste, "alles andere wäre gelogen." Er kann nun ausnahmsweise eine normale Trainingswoche abspulen. Dann bekommt er es am Samstag mit dem 1. FC Schweinfurt 05 zu tun: "Dem vierten dieser Kategorie", wie er mit Blick auf die unter Profibedingungen arbeitende Konkurrenz sagt. Da müsste abermals "schon sehr viel gut laufen", damit sein Team eine Chance hätte. Er hofft, dass die eineinhalbjährige Ausnahmesituation bald vorüber ist und es wieder normaler wird. Vorher, so denkt er gerne zurück, "war die Schere ja auch nicht so groß".

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