Fußball:Rasanter Gremien-Aufstieg: DFB-Chef Grindel vor Wahl

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Helsinki (dpa) - Mit klarer Abgrenzung und einem verbalen Seitenhieb gegen Wolfgang Niersbach will DFB-Präsident Reinhard Grindel seinen rasanten Aufstieg in die höchsten Fußball-Gremien vollenden.

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Helsinki (dpa) - Mit klarer Abgrenzung und einem verbalen Seitenhieb gegen Wolfgang Niersbach will DFB-Präsident Reinhard Grindel seinen rasanten Aufstieg in die höchsten Fußball-Gremien vollenden.

Beim UEFA-Kongress in Helsinki stellt sich der CDU-Politiker am 5. April für die Regierungs-Posten im FIFA-Council und Exekutivekomitee der Europäischen Fußball-Union zur Wahl - und gibt vorher seinem gesperrten Vorgänger eine deutliche Spitze mit.

„Ich habe in den zurückliegenden Wochen vor allem den Kontakt zu kleinen und mittleren Verbänden gesucht“, sagte Grindel der Deutschen Presse-Agentur zur Erklärung seiner Strategie. „Ich habe dabei von vielen gehört, dass zum ersten Mal ein DFB-Präsident mit ihnen auf Augenhöhe solche Gespräche geführt hat.“

Der durch die Sommermärchen-Affäre gestürzte Niersbach genoss im internationalen Fußball gerne die Nähe ehemaliger Größen wie Franz Beckenbauer oder Michel Platini, Grindel sucht andere Verbündete. Das sei „eine Frage des Respekts“, erläuterte der 55-Jährige. „Es ist wichtig, dass wir als DFB die Möglichkeit bekommen, bei sportpolitischen Entscheidungen in der UEFA und FIFA unsere Position am Beratungstisch deutlich machen zu können.“ Auch mit Blick auf die vom DFB als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnete Bewerbung um die EM 2024 mit der Türkei als einzigem Gegenkandidaten.

Nicht nur deshalb setzt der deutsche Fußball auf einen positiven Effekt, nach dem Aus von Niersbach wieder im internationalen Machtzentrum vertreten zu sein. Es müsse der Anspruch sein, „im Weltsport auch eine Rolle zu spielen. Diese Rolle spielt man aber nicht, wenn man den Besserwisser gibt“, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert dem ZDF und fordert eine „faire Chance“ für Grindel. „Es erfordert ja fast einen Gefahrenzuschlag, wenn man sich heutzutage in ein FIFA-Gremium wählen lässt.“

Im Messukeskus, dem Messecenter von Helsinki, darf Grindel seinen Aufstieg ins Council des Weltverbands für die restlichen zwei Jahre Amtszeit von Niersbach fest einplanen. Kein Kontrahent stellt sich dem früheren DFB-Schatzmeister entgegen. Für die acht freien Plätze in der UEFA-Exekutive gibt es zwölf Anwärter, der DFB-Chef gilt als favorisiert. Alle 55 UEFA-Mitglieder besitzen jeweils eine Stimme.

So machte Grindel zuletzt unter anderem bei Fußball-Treffen in Zypern und Südafrika oder beim Nationalmannschafts-Trip nach Aserbaidschan Werbung in eigener Sache. Dabei sei der Skandal um die Vergabe der WM 2006 von anderen verbänden nicht aktiv thematisiert worden, beteuerte er. „Aber ich habe von mir aus angesprochen, dass grundsätzlich Themen wie Good Governance und Ethik eine immer größere Rolle spielen müssen.“ Die Aufarbeitung der Affäre durch Staatsanwaltschaften in Frankfurt und der Schweiz wird Grindel aber auch in seinen neuen Ämtern verfolgen.

Für diese Posten will der neue UEFA-Chef Aleksander Ceferin ein Reformpaket verabschieden lassen. So sollen die mögliche Amtszeit des Präsidenten und der Exko-Mitglieder auf drei Wahlperioden à vier Jahre beschränkt werden. Zudem müssen diese auf nationaler Fußball-Ebene eine Führungsposition haben. Ethische Grundsätze und Prinzipien des Good Governance sollen in den UEFA-Statuten verankert werden.

Doch wie diese Grundsätze gelebt werden, bleibt abzuwarten. Ein Vorgang vor dem Kongress ließ aufmerken. Überraschend zog der isländische Kandidat Geir Thorsteinsson vor drei Wochen seine Kandidatur für die Mitgliedschaft im FIFA-Council zurück. Dass er kein Amt im nationalen Verband mehr hatte, war schon bei seiner ursprünglichen Bewerbung bekannt.

Damit kann dieser Posten erst bei einem Außerordentlichen Kongress im Herbst besetzt. Zuvor war bereits dem einflussreichen stellvertretenden russischen Ministerpräsidenten Witali Mutko die Kandidatur durch das Governance und Review Committee der FIFA verwehrt worden. Da trifft es sich für den Ausrichter der Weltmeisterschaft 2018 gut, dass nun ein Platz frei bleibt - auf den Fluren des UEFA-Hotels in Helsinki wird der russische WM-Organisator Alexej Sorokin als aussichtsreichster Kandidat gehandelt.

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