Österreich verpasst die WM:Eine kurze Recherche bei Youtube hätte gereicht

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Auch nicht dabei: David Alaba und die Österreicher. (Foto: Ryan Pierse/Getty Images)

Von wegen goldene Generation: Österreichs Scheitern in der WM-Qualifikation gegen Wales nach zwei Toren von Gareth Bale wirft viele Fragen auf - die ersten Antworten sind spärlich.

Von Felix Haselsteiner

"Wir haben gut angefangen", sagte Franco Foda, als eigentlich schon alles zu Ende gegangen war. Das ORF-Mikrofon, in das er in Cardiff sprach, ist dem österreichischen Teamchef längst ein guter Bekannter: Seit viereinhalb Jahren muss sich Foda damit auseinandersetzen, dass er seine Arbeit immer wieder verteidigen muss gegen ein sehr kritisches Österreich, das gerade seine goldene Fußball-Generation an den hohen Ansprüchen scheitern sieht.

Einer dieser Ansprüche wäre eine Teilnahme an einer Weltmeisterschaft gewesen, aber im kommenden Winter brauchen sich die Skifahrer keine Sorgen machen: Es wird keine Konkurrenz aus dem Fußball geben, Österreich fährt nach dem 1:2 gegen Wales nicht zur WM nach Katar.

Vielleicht muss Franco Foda auch alsbald nicht mehr am ORF-Mikrofon antreten. Die Rolle als Erklärer seines eigenen Schaffens schien ihm ohnehin nie allzu sehr zu behagen, nun stand er in Cardiff und sprach wieder einmal - oder einmal noch - Sachen, die bereits bekannt waren. Man habe sich "viel vorgenommen", wollte "unbedingt" zur WM, das Training habe ihm ein "gutes Gefühl" gegeben. Am Anfang habe man es gut gemacht, eine 1:0-Führung "wäre gut gewesen", am Ende habe Wales "mit Bravour verteidigt". Es waren Sätze, die wohl nicht ausreichen werden, um den Job des Teamchefs abzusichern.

Vielleicht muss Österreichs Trainer Franco Foda (li.) sich alsbald nicht mehr am ORF-Mikrofon erklären. (Foto: Armin Rauthner/Gepa Pictures/Imago)

Aber natürlich hätte Österreich durch Christoph Baumgartner in der fünften Minute in Führung gehen können, hätte aus seinen Chancen etwas machen können, hätte die Fähigkeiten gehabt, um dieses Spiel zu gewinnen, was auch Verteidiger David Alaba erkannte, der sagte, dass "wir es vielleicht auch irgendwo verdient hätten". Die entscheidenden Vokabeln jedoch waren "vielleicht", "auch" und "irgendwo", aber eben sicher nicht an einem März-Abend in Cardiff, wenn es darauf ankommt. Es waren Alabas Worte, die seit langer Zeit am besten beschreiben, woran es in der goldenen Generation völlig unabhängig vom Trainer fehlt: am klaren Bekenntnis dazu, dass eine Mannschaft mit so hoher Qualität ein WM-Qualifikationsspiel gegen Wales nicht vielleicht auch irgendwo, sondern völlig souverän gewinnen können muss - und dass man vielleicht auch eher nur eine sehr matt schimmernde goldene Generation ist, wenn das nicht der Fall ist.

Fodas Team hat lange kein Spiel gewonnen gegen ein Team, das in der Weltrangliste vor Österreich steht

Die Österreicher nämlich ließen nicht nur ihre wenigen Chancen im Spielverlauf ungenutzt, sie luden Wales auch dazu ein, ins Spiel zu kommen. Baumgartner foulte in der 25. Minute so stümperhaft am eigenen Strafraum, als hätte ihm vor dem Spiel niemand verraten, dass auf der Gegenseite in Gareth Bale einer der besten Freistoßschützen der Welt mitspielte. Eine kurze Eigenrecherche auf Youtube hätte aber wohl auch ausgereicht. Bale jedenfalls nahm die Gelegenheit an und erzielte das 1:0 mit einem perfekten Direktschuss, danach hatte Wales die Trümpfe in der Hand. Eine weitere gute Einzelaktion von Bale genügte, um in der 51. Minute das 2:0 zu erzielen, zahlreiche Konterchancen hätten auch für ein höheres Ergebnis sorgen können.

Stattdessen kamen die Österreicher noch zu einem Anschlusstreffer, der geradezu bildlich für den kuriosen Umweg steht, den Fodas Mannschaft genommen hatte, um als Nations-League-Gruppensieger überhaupt noch im Rennen um die WM zu sein: Marcel Sabitzers ungefährlicher Schuss wurde so abgefälscht, dass er einen Bogen über Torwart Wayne Hennessey machte und zum 2:1 ins Tor fiel (64.). Wirklichen, dauerhaften Druck konnte Österreich danach nicht mehr ausüben, Wales gewann am Ende verdient.

In den vergangenen viereinhalb Jahren hat Foda damit nicht ein einziges Pflichtspiel gegen eine Mannschaft gewonnen, die in der Weltrangliste vor Österreich steht. Es ist eine katastrophale Bilanz, aufgehübscht von wenigen mutigen Auftritten wie gegen Italien bei der EM im vergangenen Jahr. Gepaart mit der taktischen Seit- beziehungsweise Rückwärtsbewegung ist es eine Bilanz, die eigentlich den Schluss zulässt, Fodas Vertrag auslaufen zu lassen und neu anzufangen. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel will "in den nächsten Tagen Gespräche mit allen Beteiligten führen" und "alles hinterfragen", medial wird auch er selbst längst hinterfragt.

Verbandspräsident Gerhard Milletich - verantwortlich für einen Verband, der sich in den vergangenen Jahren parallel zur A-Mannschaft ebenfalls eher rück- als seitwärts entwickelt hat - betonte unterdessen, dass Foda "selbstverständlich" am kommenden Dienstag auf der Trainerbank sitzen wird. Das Spiel gegen Schottland wird der Teamchef also wohl noch miterleben, einmal noch im Ernst-Happel-Stadion, immerhin, wo die Atmosphäre zuletzt aber auch Foda gegenüber stark abgekühlt war. Eine Entscheidung über die weitere Personalplanung kündigte Milletich für April an. Und spätestens dann wird es für Österreichs Nationalmannschaft darum gehen, mal wieder irgendwo wirklich gut anzufangen.

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