Fußball:Mit Mamas Hilfe

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Andre Hahns Kopfballtreffer ins Tor von Manuel Neuer brachte den FC Augsburg im November 2021 2:0 in Führung gegen den FC Bayern. Nun steht das Rückspiel an. (Foto: imago images/ActionPictures)

Beim FC Augsburg hoffen sie nach dem 2:1 gegen den Meister aus München bis Weihnachten auf reichen Ertrag - widersetzen müssen sie sich dafür aber auch den Gesetzmäßigkeiten, die viele Bayern-Bezwinger ereilen.

Von Maik Rosner

Die Bilder vom Freitagabend wirken beim FC Augsburg auch zu Beginn der neuen Woche nach, und alle, die es mit dem Verein halten, zehren wohl noch immer von diesen. Beispielsweise von jenen Szenen nach dem 2:1 gegen den FC Bayern, wie die Spieler und ihr Trainer Markus Weinzierl auf dem Rasen herumtollten, als seien sie ausgelassene Jungs auf einer Teenagerparty. Wie sie geschlossen mit ihren Anhängern feierten und sich alle den Momenten unerwarteter Freude hingaben. Und wie sie danach vor die Fernsehkameras traten und euphorisiert von ihrem Erfolg berichteten, der in die Vereinsgeschichte eingehen wird wie die Europa-League-Abenteuer vor sechs Jahren und die zwei vorherigen Bundesliga-Siege des FCA gegen den eigentlich übermächtigen Branchenriesen aus der bayerischen Landeshauptstadt.

"Wir stehen alle, alle zusammen, der Trainer, die Spieler, auf der Bank, auf der Tribüne, alle zusammen", sprudelte es aus Mads Pedersen heraus. Sein breites Grinsen legte er immer nur kurz ab, wenn er zu seinem nächsten Redeschwall ansetze. "Es war so, so, so gut", sagte der Däne nach seinem ersten Tor für den FC Augsburg. Seit Juli 2019 ist Pedersen beim FCA, unterbrochen von einer halbjährigen Leihe zum FC Zürich. Nun, nach seinem Dropkick mit links zum 1:0, "kommt alles raus", sagte er und strahlte wieder. Später traf André Hahn mit einem Kopfball zum 2:0, den Bayern gelang nur Robert Lewandowskis 2:1. "Verdient gewonnen", befand Weinzierl stolz.

Kollektive Ekstase: Die Augsburger Spieler bejubeln ihren 2:1-Erfolg gegen den FC Bayern. Von diesen Bildern zehren alle, die es mit dem FCA halten, auch noch zu Beginn der neuen Woche. (Foto: Burghard Schreyer/imago)

Es sind solche besonderen Erlebnisse und Triumphe, die vor allem junge Zuschauer nachhaltig binden können an einen Verein. Und die jene, die den Sieg errungen haben, noch mehr zusammenbringen und ihr Vertrauen stärken können, in die eigenen Fähigkeiten und in die als Gemeinschaft. Beim FCA hoffen sie nun auf diese Effekte, und Weinzierl erinnerte an die vorherigen Bundesliga-Siege der Augsburger gegen den FC Bayern. In seiner ersten Amtszeit von 2012 bis 2016 waren die 1:0-Erfolge 2014 und 2015 jeweils in der Endphase der Saison geglückt, als die Münchner schon als Meister feststanden. "Jetzt ist es mitten in der Saison und eine ganz entscheidende, wichtige Phase. Von daher wird dieser Sieg uns richtig Auftrieb geben", sagte Weinzierl und kündigte an, er werde "die Jungs immer wieder an diese Leistung erinnern, weil die erste Halbzeit richtig gut war". Diese sei nun die "Messlatte. So wollen wir weitermachen".

Vielleicht sollte Torwart Gikiewicz seine Mutter zum nächsten Spiel nach Berlin einladen. Ist sie im Stadion, wie gegen Bayern, gewinnt Augsburg

Sollte das gelingen, könnten den Augsburgern bis Weihnachten weitere Schritte aus dem Tabellenkeller gelingen. Auf Platz 15 haben sie sich bereits gehievt. Nun folgen die Spiele bei Hertha BSC, gegen Bochum, in Köln, gegen Leipzig und in Fürth. Außer Leipzig sind das vier Mannschaften, die die Augsburger als Konkurrenten im Kampf um die Versetzung betrachten dürfen. Dass sie auf reichen Ertrag nach dem Erfolg gegen die Bayern hoffen, ist auch wegen ihres Aufwärtstrends mit nun zehn Punkten aus den vergangenen vier Heimspielen nachvollziehbar. Andererseits haben schon viele Bayern-Bezwinger die Erfahrung machen müssen, dass ein weiterer Sieg nach dem Coup besonders schwerfällt. Von einem Fluch ist gerne die Rede. Es gibt sogar Statistiker, die diesen nachgewiesen haben: Bayern-Besieger erleiden im folgenden Spiel überdurchschnittlich oft eine Niederlage.

Beim FC Augsburg müssen sie für derartige Erkenntnisse nur im eigenen Archiv blättern. Ihrem 1:0-Sieg gegen die Bayern folgte 2014 eine 0:2-Niederlage bei der TSG Hoffenheim. Ein Jahr später verloren sie nach dem 1:0-Sieg in München zu Hause 1:2 gegen Hannover 96. Auch die Frankfurter wurden nach ihrem 2:1-Sieg bei den Bayern in dieser Saison schon von demselben Schicksal ereilt. Zu Hause verloren sie im Anschluss gegen Augsburgs kommenden Gegner Hertha BSC 1:2. Beim FCA wollen sie sich dieser Gesetzmäßigkeit nun widersetzen. Vielleicht sollte Torwart Rafal Gikiewicz dafür seine Mutter ins Berliner Olympiastadion einladen. Gegen die Bayern war sie zum fünften Mal bei Spielen ihres Sohnes live dabei, und nach Angaben von Gikiewicz sah sie ihn immer gewinnen. "Ich verliere nie, wenn meine Mama im Stadion ist", sagte er noch und kündigte zumindest für die weiteren Spiele zu Hause an: "Sie bleibt jetzt bei uns, und ich hoffe, die Heimserie geht weiter." Das würde die Augsburger ihrem Ziel schon deutlich näherbringen.

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