Fußball:Luiz Gustavo: «Brasilien braucht mehr Sicherheit»

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Wolfsburg (dpa) - Kurz vor der wohl größten Party in der Geschichte des fußballverrückten Landes sorgt sich Nationalspieler Luiz Gustavo um die Sicherheitslage in seiner brasilianischen Heimat.

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Wolfsburg (dpa) - Kurz vor der wohl größten Party in der Geschichte des fußballverrückten Landes sorgt sich Nationalspieler Luiz Gustavo um die Sicherheitslage in seiner brasilianischen Heimat.

„Ich kann die Leute auf der Straße verstehen. Brasilien braucht mehr Sicherheit, auch die Gesundheitsversorgung ist vielerorts schlecht“, sagte der Mittelfeldspieler in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Sie spielen jetzt schon einige Jahre in Deutschland. Vermissen Sie Brasilien gelegentlich?

LuizGustavo: Natürlich vermisse ich mein Heimatland, vor allem meine Freunde und meine Familie. Nichtsdestotrotz fühle ich mich sehr wohl in Deutschland. Doch so ein paar kleine Sachen lassen sich hier einfach nicht ersetzen, wie zum Beispiel das Essen.

Welches Essen?

Gustavo: Reis mit Bohnen, das ist das brasilianische Nationalgericht. Das gibt es in Deutschland leider nicht, zumindest nicht die spezielle brasilianische Zubereitung. Umso besser, dass die Weltmeisterschaft in Brasilien stattfindet.

Sie sind jetzt fast ein Jahr in Wolfsburg. Welche Rolle spielte der Wechsel von Bayern München zum VfL hinsichtlich Ihrer Einsatzzeiten in der Nationalmannschaft?

Gustavo: Der Wechsel war sehr wichtig für mich. In Wolfsburg kann ich regelmäßig spielen, was sehr gut für meine Perspektive in der Nationalmannschaft war und ist. So gesehen war es ein für mich sehr vorteilhafter Transfer.

Was sind Brasiliens Ziele bei der Weltmeisterschaft?

Gustavo: Uns erwarten sieben Finalspiele, in jedem Spiel müssen wir alles geben. Unsere fantastischen Fans werden uns zu Höchstleistungen antreiben.

Sieben Spiele würden bedeuten, dass Brasilien entweder das Finale oder zumindest das Spiel um den dritten Platz erreichen würde.

Gustavo: Ja, wir werden bis zum Finale dabei sein und dann, wenn Gott will, auch Weltmeister werden. Wir sind im eigenen Land der Favorit.

Wer könnte Brasilien auf dem Weg zum sechsten Weltmeistertitel gefährlich werden?

Gustavo: Deutschland, Spanien oder Italien haben natürlich starke Mannschaften. Ich denke aber, dass gerade kleinere Teams wie Belgien oder Chile auch nicht aus den Augen gelassen werden sollten.

Was ist die große Stärke der brasilianischen Nationalmannschaft?

Gustavo: Früher hatten wir Topstars wie Ronaldo, Romario oder Ronaldinho. Diese Spieler haben natürlich auch die Mannschaft geprägt. Heute ist das anders. Jetzt macht uns die Stärke der Gruppe besonders. Jeder hilft dem anderen auf und neben dem Platz. Alle sind fokussiert und konzentriert und wissen, dass wir nur gemeinsam stark sind. Bei uns gibt es keine Individualisten, das Team steht über allem. Das ist der simple Unterschied zu früher.

Lange Zeit schien die „Selecão“ nicht den richtigen Trainer zu haben. Erst Luiz Felipe Scolari hat die Mannschaft wieder stabilisiert. Was macht ihn aus?

Gustavo: Er ist ein sehr erfahrener Trainer. Er weiß ganz genau, worauf es bei Weltmeisterschaften ankommt. Das hat er bereits mehrfach bewiesen. Schließlich hat er das Turnier 2002 auch schon gewonnen. In schwierigen Situationen kennt er Lösungen, die nur ein großer Trainer wie er kennen kann. Das macht ihn für unser junges Team so wichtig. Wir haben großen Respekt vor ihm.

Die klimatischen Bedingungen sind in Brasilien mitunter extrem. Kann das ein Nachteil für Mannschaften wie Deutschland sein?

Gustavo: Ich glaube, dass alle Mannschaften Probleme mit dem Klima haben könnten - auch Brasilien. Zwar kennen ich und meine Mitspieler die Bedingungen, doch fast alle Spieler unserer Mannschaft spielen in Europa. Hitze und Luftfeuchtigkeit sind in Europa teilweise ganz anders als zum Beispiel in einem Spielort wie Manaus, wo mitunter tropische Temperaturen herrschen.

Rund 200 Millionen Brasilianer erwarten den Titel. Setzt Sie das unter Druck?

Gustavo: Natürlich spüren wir die Erwartungshaltung, aber das ist positiver Druck. Wann hat man schon die Möglichkeit, eine Weltmeisterschaft im eigenen Land zu spielen? Das ist eine großartige Gelegenheit. Das ganze Land wird hinter uns stehen, was uns noch stärker machen wird. Wir werden versuchen, die Leute mitzunehmen und ihre positive Energie für uns zu nutzen.

Zuletzt gingen in Brasilien viele Leute auf die Straße, um gegen Korruption, hohe Preise und Misswirtschaft zu protestieren. Beunruhigt Sie das mit Blick auf die WM?

Gustavo: Ich kann die Leute auf der Straße verstehen. Brasilien braucht mehr Sicherheit, auch die Gesundheitsversorgung ist vielerorts schlecht. Dennoch hat sich bereits einiges geändert und das wird es hoffentlich auch in Zukunft. Für die WM sehe ich aber keine Probleme. Wir brauchen das ganze Land, und das wissen die Leute auch. Daher werden sie uns unterstützen.

ZUR PERSON: Luiz Gustavo spielt seit 2007 in Deutschland. Nach seinem Wechsel zum damaligen Zweitligisten TSG Hoffenheim hatte der 26-Jährige seine bisher erfolgreichste Zeit beim FC Bayern München. Mit dem Rekordmeister gewann er Meisterschaft (2013), DFB-Pokal (2013) und Champions League (2013). Seit dieser Saison spielt der defensive Mittelfeldspieler für den VfL Wolfsburg.

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