Fußball:Löw vor Irland-Duell: «Nicht Fähnchen im Winde sein»

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Düsseldorf (dpa) - Der Chef bin ich! Mit messerscharfen Worten hat Bundestrainer Joachim Löw kurz vor dem letzten Schritt zur WM 2014 nach Brasilien eine Grundsatzerklärung abgegeben und sein Personalkonzept wie auch seinen Führungsstil offensiv verteidigt.

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Düsseldorf (dpa) - Der Chef bin ich! Mit messerscharfen Worten hat Bundestrainer Joachim Löw kurz vor dem letzten Schritt zur WM 2014 nach Brasilien eine Grundsatzerklärung abgegeben und sein Personalkonzept wie auch seinen Führungsstil offensiv verteidigt.

„Ein Nationaltrainer darf nicht Fähnchen im Winde sein. Ich muss Entscheidungen treffen. Dass es viele selbst ernannte Bundestrainer gibt, das ist auch normal. Das kenne ich seit vielen Jahren“, sagte Löw vor dem wohl entscheidenden WM-Qualifikationsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Freitag (20.45 Uhr/ARD) in Köln gegen Irland.

Für einige elektrisierte Minuten rückte im zum Pk-Saal umgebauten Düsseldorfer Filmstudio am Mittwoch das Duell gegen die stets wackeren, aber sportlich schon gescheiterten „Boys in Green“ in den Hintergrund. Dass das Ziel WM-Qualifikation in Köln mit dem letzten notwendigen Sieg im gewohnten Offensivstil klar gemacht werden soll, ist für Löw ohnehin „logisch“. Der DFB-Chefcoach nutzte die Bühne nach den diversen Debatten der Vorwochen wortgewaltig zu einer Replik in eigener Sache - nicht wie einst Giovanni Trapattoni im Wut-Modus, sondern sachlich, präzise und klar.

Probleme mit dem formschwachen Mats Hummels oder Dortmunder Spielern generell? „Wer das denkt, ist weit weg von der Realität. Wir haben übergeordnete Ziele, egal, wer von welchem Verein kommt“, sagte Löw. Die DFB-Elf eine kritikfreie Zone? „Dass man keine Kritik äußern darf, das ist mir neu. Mit konstruktiver Kritik können wir immer gut umgehen. Es werden keine personellen Entscheidungen getroffen, weil jemand seine Meinung äußert! Es geht um Form und Qualität“, postulierte der Bundestrainer.

Mit Hummels - nach seinen Fehlern gegen Paraguay (3:3) im August nur noch Ersatzspieler - führte Löw im Teamhotel mit Blick auf den Rhein ein klärendes Gespräch. „Wir haben beide festgestellt, dass wir überhaupt kein Problem haben. Es ist mein Recht, als Trainer nach einem Spiel Kritik zu äußern.“

Und die Dauerpersonalie Stefan Kießling? „Ich habe klare Vorstellungen. Mit meinem Team treffe ich völlig autark und unaufgeregt Entscheidungen. Jedesmal treffe ich Entscheidungen, bei jedem Kader“, betonte Löw mit fester ruhiger Stimme. Zu Leverkusens Stürmer sei zudem noch zu sagen: „Warum soll ich die Tür zumachen?“ Man dürfe ihm glauben, dass er die Nummer von Kießling für einen Notanruf vor der WM habe.

Zu guter Letzt wurde auch noch die medial aufgebauschte Kritik von Uli Hoeneß an der Berufung von Mario Götze zurückgewiesen - ohne dass der Bayern-Präsident namentlich genannt werden musste. „Für mich war das klar, ich habe mit Bayern-Trainer Guardiola und mit Matthias Sammer telefoniert. Den Mario können wir immer gebrauchen. Der macht bei uns drei, vier Einheiten. In München ist keiner da. Wenn ich ihn gegen Irland brauche, kann er immer was bewegen für 20 Minuten. Deswegen wollte ich ihn unbedingt dabei haben.“

Womit auch wieder das Irland-Spiel ins Blickfeld rückte. Für den genesenen Götze kommt die Partie als Vollzeiteinsatz noch zu früh. Auch andere Personalentscheidungen offenbarte Löw. Kapitän Phillip Lahm bleibt trotz seiner gelungenen Bayern-Auftritte als Sechser im DFB-Team rechter Verteidiger. „Er ist der beste Außenverteidiger der Welt. Zuerst plane ich mit ihm als rechtem Verteidiger“, erklärte der DFB-Chefcoach. Auf links ist Marcell Jansen in der Abwehrkette als Vertreter des verletzten Marcel Schmelzer erste Wahl, bestätigte Löw nach der Pk der Nachrichtenagentur dpa.

Blieb noch die Frage nach der Offensive. Ohne die verletzten Miroslav Klose und Mario Götze sucht Löw wieder eine falsche Neun - sollte er nicht Jung-Nationalspieler Max Kruse erstmals in einem Pflichtspiel in die Startelf stellen wollen. Thomas Müller, zuletzt beim FC Bayern als verkappter Stoßstürmer erfolgreich, kommt nicht so recht infrage.

„Er ist auch nur eine Lösung, wenn ich keine andere habe. Ich finde ihn rechts gut, wenn er als zusätzlicher Stürmer mit ins Zentrum stößt. Rechts sehe ich ihn sehr gefährlich und wichtig für uns“, sagte Löw. Gut möglich ist, dass der DFB-Chefcoach mit einem umgekehrten Tannenbaum spielen lässt - mit Sami Khedira als Sechser, davor den Münchnern Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos sowie einer offensiven Dreierreihe aus Müller, Mesut Özil (in dessen 50. Länderspiel) und Schalkes Julian Draxler, aus der abwechselnd nach ganz vorne gestoßen wird.

Die Iren sind für Löw trotz des Offensivspektakels beim 6:1 in Dublin und dem Abschied von Trainer Trapattoni ein ernstzunehmender Gegner. „Sie fighten immer. Aufgeben gibt es nicht. Es wird nicht so sein, dass Irland etwas verschenkt. Irland ist immer schwer zu spielen, wir haben uns außer im letzten Jahr immer schwergetan“, sagte Löw. Allerdings ging gegen die Defensivkünstler noch nie ein Pflichtspiel verloren. Seit 53 Jahren steht zudem nur eine 0:2-Testniederlage vor der WM 1994 zu Buche.

Voraussichtliche Aufstellung:

Neuer - Lahm, Mertesacker, Boateng, Jansen - Khedira - Schweinsteiger, Kroos - Müller, Özil, Draxler

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