Fußball:Landeschefs für schnelle Aufklärung bei Affäre um WM 2006

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Stuttgart (dpa) - In dem ausufernden Skandal um den Zuschlag für die WM 2006 fordern einige deutsche Fußball-Landesverbände eine schnelle und schonungslose Aufklärung. Der unter Druck geratene DFB-Präsident Wolfgang Niersbach genießt indes weiterhin Rückhalt bei den meisten Landeschefs.

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Stuttgart (dpa) - In dem ausufernden Skandal um den Zuschlag für die WM 2006 fordern einige deutsche Fußball-Landesverbände eine schnelle und schonungslose Aufklärung. Der unter Druck geratene DFB-Präsident Wolfgang Niersbach genießt indes weiterhin Rückhalt bei den meisten Landeschefs.

„Mit dem derzeitigen Stand kann man überhaupt nicht zufrieden sein. Wenn die Kenntnisse über Unregelmäßigkeiten bereits vor einem guten Jahr vorgelegen haben, hätte man schon früher beginnen müssen“, kritisierte Joachim Masuch, Präsident des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, die bisherige Aufklärungsarbeit des Deutschen Fußball-Bundes. „Vor allem hätte man eine externe Kontrolle einleiten müssen, viel früher als es jetzt geschehen ist.“

Ähnlich hatte sich zuvor der hessische Verbandschef Rolf Hocke geäußert. „Die Probleme müssen an der Wurzel gepackt werden“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Je länger das alles dahindümpelt, desto größer wird der Schaden für den Fußball.“

Thomas Schmidt, Präsident des Südbadischen Fußballverbandes, forderte in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur: „Die Aufklärung muss so schnell wie möglich erfolgen. Vielleicht sind die Ermittlungen jetzt an einem Punkt, wo die Aufklärung schneller vorangeht.“ Es sei klar gewesen, dass die Finanzbehörden tätig würden. „Nur der Zeitpunkt war ungewiss“, sagte Schmidt.

Steuerfahnder hatten am Dienstag die Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt durchsucht. Sie suchten auch in den privaten Wohnsitzen des DFB-Präsidenten Niersbach, dessen Vorgänger Theo Zwanziger und des langjährigen DFB-Generalsekretärs Horst R. Schmidt.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall gegen das Trio. Dabei geht es um die Rückzahlung jener ominösen 6,7 Millionen Euro, die der ehemalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zunächst vermutlich 2002 für das deutsche WM-OK an den Fußball-Weltverband überwiesen hatte und die dann 2005 getarnt als Beitrag für eine FIFA-Gala an den Franzosen zurückfließen sollten.

Hocke reagierte auf die jüngste Zuspitzung der Ereignisse empört: „Mir ist beim Frühstück das Messer aus der Hand gefallen. Da ist ja kaum noch eine Steigerung möglich zu dem, was wir schon erfahren mussten.“ Er plädierte für die Einberufung einer außerordentlichen Vorstandssitzung.

Mecklenburg-Vorpommerns Landeschef Masuch befürchtet wie einige seiner Kollegen erhebliche negative Auswirkungen: „Der Imageschaden ist gewaltig, weil ja die Themen FIFA, UEFA, DFB bis in die Landesverbände und Vereine hineinsinken und dort auch Fragen gestellt werden.“ Karl Rothmund, Chef des niedersächsischen Verbandes, sieht das Ansehen des deutschen Fußballs ebenfalls als „erheblich beschädigt“ an: „Es herrscht eine Unsicherheit. Was wirklich passiert ist, ist noch immer nicht klar.“

Obwohl Niersbach immer mehr ins Zentrum des Skandals rückt, stehen die Landeschefs noch zu ihrem Präsidenten, wenn auch teilweise mit Einschränkungen. Für Niersbach gelte ungeachtet der Vorwürfe „die Unschuldsvermutung“, versicherte Masuch. „Man muss ganz einfach die weiteren Ermittlungen abwarten. Ich denke aber, unbeschadet kann man das Amt gerade gar nicht führen.“ Sein südbadischer Kollege Schmidt schätzt das ähnlich ein. „Letztendlich stehen wir nach wie vor zu unserem Präsidenten. Der Druck von außen auf ihn wird aber größer, wenn nicht eine konkrete Aufklärung passiert“, erklärte er.

Nur Niedersachsen-Chef Rothmund stellte sich uneingeschränkt hinter dem DFB-Chef. „Wolfgang Niersbach muss Präsident bleiben. Er war im Organisationskomitee für die WM 2006 nur für Medien und Marketing zuständig“, sagte er. Die entscheidenden Männer waren doch Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt.

Etliche Landesfürsten drückten sich allerdings um eine Stellungnahme zu diesem heiklen Komplex. Er wolle Fragen dazu „derzeit nicht beantworten“, sagte Peter Frymuth vom Niederrhein-Verband. Sein Hamburger Kollege Dirk Fischer blockte ab: „Kein Kommentar, so lange nicht alles aufgeklärt ist.“

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