Fußball: Korruption bei der Uefa?:"Wir begrüßen diese Klage"

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Die Zypern-Affäre um die angebliche Korruption bei der Vergabe der EM 2012 spitzt sich zu: Nun will die Uefa ihren Ex-Funktionär Spyros Marangos offenbar verklagen. Der begrüßt diesen Schritt - ausdrücklich.

Thomas Kistner

Die Europäische Fußball-Union (Uefa) will offenbar rechtlich gegen Spyros Marangos vorgehen. Der Funktionär aus Zypern bestätigte diesen Kenntnisstand am Donnerstag, er habe allerdings nichts Konkretes vorliegen; laut dpa hat auch die Uefa diese Absicht bekannt gegeben. Zuvor ließ Marangos, Ex-Kassier seines Landesverbandes, ein 48-Stunden-Ultimatum verstreichen, das ihm die Uefa bis Mittwochabend gestellt hatte: Zur Vorlage von Belegen für seine Bestechungsvorwürfe gegen Uefa-Exekutivmitglieder bei der EM-Vergabe für 2012.

Die Affäre gewinnt an Fahrt: Die Uefa klagt, Ex-Funktionär Spyros Marangos freut's. (Foto: dpa)

Marangos Anwalt hatte der Uefa postwendend mitgeteilt, diese Frist sei zu kurz. Auch pochte er grundsätzlich auf Einhaltung der in den Uefa-Statuten festgelegten Ermittlungsprozedur und forderte den Verband auf, einen Disziplinarinspektor zur Sichtung der Papiere nach Zypern zu senden.

Marangos und Rechtsanwalt "begrüßen" eine beabsichtigte Klage der Uefa, teilte er weiter mit. Sie wünschen, dass der Fall bei der Justiz in Zypern verhandelt wird, weil auch das behauptete "Korruptionsvergehen in Zypern verübt" worden sei. Zugleich konkretisierte Marangos in der Gazzetta dello Sport seine Vorwürfe, Italien sei mit seiner Kandidatur für die EM 2012 betrogen worden.

Die Situation spitzt sich zu, zugleich wächst die Irritation über die Vorgehensweise der Uefa. Der Verband, der mit modernstem Apparat jedem Betrugsverdacht in unterklassigen Ligen zwischen Ungarn und Mazedonien nachspürt, kennt Marangos' massive Vorwürfe seit mindestens Mai 2009, geprüft hat er sie nie. Angeblich, weil der Zeuge nie ein gefordertes "Beweiselement" geliefert habe. Marangos sagt, er habe vertrauliche Zeugenaussagen, die könne er nicht eben mal per Post verschicken.

Im August 2010 aber ließ die Uefa dann ein von ihrem damaligen Disziplinarchef Peter Limacher mit Marangos geplantes Treffen in Genf absagen. Am Montag, nachdem Marangos an die Medien gegangen war, setzte sie dem Zeugen plötzlich eine 48-Stunden-Frist via Anwaltskanzlei. Eine persönliche Anreise aus Zypern ist in der kurzen Zeitspanne aber schwierig.

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Während Experten der Antikorruptionsorganisation Transparency, wie die Deutschland-Chefin Sylvia Schenk ("Jedem Hinweis muss doch nachgegangen werden, sonst bleibt ein Verdacht im Raum"), Befremden äußern, hielt sich der Disziplinar-Generalinspektor der Uefa, Gerhard Kapl, am Donnerstag auf Anfrage bedeckt.

Zum bisherigen Vorgehen der Uefa in der Sache wolle er nichts sagen, generell habe sich ja einiges geändert im Diszplinarbereich, seit Limacher dort im September aus dem Verkehr gezogen wurde. Aus seiner Sicht sei "der gesamte Bereich in der Umordnung". Limacher hatte, bis er kaltgestellt wurde, als hartnäckiger Cheffahnder gegolten. "Er machte gute Arbeit und war sehr geschätzt", sagte Kapl am Donnerstag.

Marangos will seine Papiere in Zypern präsentieren; die Bereitschaft, nach Genf zu kommen, habe er bereits bei der Uefa dokumentiert. Nun wolle er zuhause alle Belege "im Beisein meines Anwalts und eines Vertreters einer öffentlichen Behörde vorlegen". Er müsse sich schützen, die Beteiligten seien in Gefahr. Marangos betonte, er vertraue bei der Aufklärung Uefa-Präsident Michel Platini: "Er ist ehrlich und ein Freund." Derweil heißt es in Uefa-nahen Kreisen, dass Platini womöglich über das ganze Ausmaß der Affäre bisher noch gar nicht informiert war.

Auch Italiens Regierung fordert eine juristische Aufklärung. "Sollten Straftaten zum Vorschein kommen, müssen sie verfolgt werden", sagte der für Sport zuständige Staatssekretär Rocco Crimi. Für den Fall, dass die EM 2012 nachträglich Italien zugesprochen werde, sei das Land vorbereitet. Ein Sprecher des Fußballverbands FIGC sagte der SZ, man verfolge die Affäre "mit großem Interesse" und hoffe auf baldige Nachricht von der Uefa.

© SZ vom 29.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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