Fußball:Hellas-Coach mit Erfolgsserie: Fernando Santos

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Recife (dpa) - Ein Revolutionär ist Fernando Santos sicher nicht. Den griechischen Fußball hat er auch nicht neu erfunden. Der portugiesische Kettenraucher hat vielmehr das Defensiv-Gen seines Vorgängers Otto Rehhagel geerbt und den Stil der Nationalmannschaft etwas weiterentwickelt.

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Recife (dpa) - Ein Revolutionär ist Fernando Santos sicher nicht. Den griechischen Fußball hat er auch nicht neu erfunden. Der portugiesische Kettenraucher hat vielmehr das Defensiv-Gen seines Vorgängers Otto Rehhagel geerbt und den Stil der Nationalmannschaft etwas weiterentwickelt.

Entscheidend verändert hat er ihn nicht. „Die Mannschaft hat bei der EM 2004 einen historischen Titelgewinn erreicht und dabei besonderen Wert auf die Defensive gelegt. Dadurch entstand eine Mentalität, die nur schwer zu verändern ist“, hat Santos einmal gesagt. Mit der wenig attraktiven und für die Zuschauer oft schmerzhaften Spielweise hat der 59-Jährige zehn Jahre nach dem bislang größten Triumph in der Fußball-Historie des Landes die Hellenen erstmals ins Achtelfinale einer Weltmeisterschaft geführt.

Überhaupt liest sich Santos' Bilanz erstaunlich: Seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2010 hat er nur sechs von 48 Partien verloren. Er startete mit 17 Spielen ohne Niederlage in die Ära nach „König Otto“, wie die heimischen Medien den Deutschen so gerne nannten. 2012 schaffte es Santos bei der EM in Polen und der Ukraine bis ins Viertelfinale - wo seine Elf an Deutschland scheiterte.

Schon vor Wochen kündigte der frühere Trainer der griechischen Spitzenclubs PAOK Thessaloniki, AEK Athen und Panathinaikos Athen seinen Abgang an. Der Nachfolger wird es schwer haben. Denn in der krisengebeutelten Heimat lieben die Menschen den etwas kauzigen Mann. Obwohl - oder vielleicht auch weil - er sich in einer Typologie der WM-Trainer nur schwer in ein Schema pressen lässt.

Zur Abschlusspressekonferenz vor dem Spiel gegen Costa Rica schlurfte er in dunkelblauer Sport-Arbeitskleidung aufs Podium, stützte das Kinn auf die Hand, wenn ihn Fragen offensichtlich langweilten oder zog die Mundwinkel nach unten, wenn ihn Fragen zu nerven schienen. Die Nerven verliert er nicht. Ob man aus den Erfahrungen des verlorenen EM-Viertelfinals gegen Deutschland etwas lernen könne, wollte ein griechischer Reporter wissen. Santos verschränkte die Arme vor der Brust, kaute auf dem kleinen Finger der linken Hand und sagte dann: „Ich weiß nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat.“

Santos hat in schlimmsten wirtschaftlichen Krisenzeiten dem Volk Mut, Zuversicht und Freude geschenkt. „Wenn man etwas erreicht, was in dem Land Geschichte schreibt, dann ist das wie ein Titel“, sagte er. In einem Staat mit einer Arbeitslosen-Quote von fast 27 Prozent kann die Bedeutung der Mut machenden Mauermeister auf dem Fußballplatz nicht hoch genug eingeschätzt werden. „Das ist ein Erfolg für das Land, für die Griechen. Alle sollen das genießen“, übermittelte Santos.

Fast schon mantraartig verteidigte er in den vergangenen Wochen seine Spielweise und verbat sich Kritik. „Darüber kann ich nur lachen. Fußball besteht aus zwei Aspekten. Verteidigen und angreifen. Wir wissen, wie wir gut verteidigen. Heute haben wir aber auch gut angegriffen“, sagte er nach dem 2:1-Sieg gegen die Elfenbeinküste.

Seine Karriere als Spieler musste er wegen einer Verletzung mit 21 Jahren beenden, danach arbeitete er einige Zeit als Elektroingenieur. 1987 startete er seine neue Karriere beim Drittligisten Estoril. Mit dem FC Porto wurde er Meister und erreichte das Viertelfinale der Champions League. Bei Sporting und Benfica Lissabon konnte er die Erfolge nicht wiederholen. Dafür erwarb sich Santos nach seinem Wechsel nach Griechenland so großen Respekt, dass er 2010 zum „Trainer des Jahrzehnts“ der ersten griechischen Liga gewählt wurde. Viermal war er Trainer des Jahres in seiner Wahlheimat.

Sein größtes Laster bekam die Weltöffentlichkeit in diesen Tagen permanent vor Augen geführt. Santos qualmt wie ein Schlot. Sein größtes Problem für den Abend vor dem Achtelfinale: Sein Zimmer im Mannschaftshotel hatte keinen Balkon. „Also werde ich halt hoch und runter laufen“, sagte Santos - und lächelte dabei sogar ein bisschen.

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