Fußball:Englands Sorge wegen Warnung - Treffen mit Russen droht

Chantilly (dpa) - England kämpft gegen einen drohenden Ausschluss von der Fußball-EM. In der Heimat beriet die Verbandsspitze über Maßnahmen wegen der letzten Warnung durch die UEFA, im EM-Quartier von Chantilly sollte Kapitän Wayne Rooney eine Botschaft an die englischen Fans vorbereiten.

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Chantilly (dpa) - England kämpft gegen einen drohenden Ausschluss von der Fußball-EM. In der Heimat beriet die Verbandsspitze über Maßnahmen wegen der letzten Warnung durch die UEFA, im EM-Quartier von Chantilly sollte Kapitän Wayne Rooney eine Botschaft an die englischen Fans vorbereiten.

"Wir nehmen den Brief der UEFA mit allergrößter Ernsthaftigkeit", sagte FA-Generalsekretär Martin Glenn. "Wir verstehen die möglichen Folgen der Aktionen unserer Fans und akzeptieren komplett, dass wir jede Anstrengung unternehmen müssen, dass sie sich verantwortlich und respektvoll verhalten."

Nach den mehrtägigen Ausschreitungen von Marseille könnte es allerdings bereits beim zweiten Gruppenspiel gegen Wales am Donnerstag in Lens den nächsten brenzligen Zusammenstoß mit russischen Hooligans geben. Vor der EM hatte die britische Polizei den englischen Fans geraten, nicht zum Spielort zu reisen, wenn sie kein Ticket haben. "Das Stadion hat eine Kapazität von 35 000 Zuschauern, die Fanzone eine von 10 000 und, ohne unhöflich zu sein, es gibt sonst nicht viel in Lens zu tun", sagte Mark Roberts, Chef für Fußball-Angelegenheit bei der britischen Polizei.

Stattdessen sollten Anhänger ohne Karte lieber ins keine 40 Kilometer entfernte Lille reisen - wo ausgerechnet 24 Stunden zuvor Russland auf die Slowakei trifft. "Vielleicht hätte es einen Problemlöser mit echtem Weitblick gebraucht, um das vorherzusehen", schrieb die "Daily Mail" und kritisierte die UEFA für die Ansetzung des britischen Duells in der kleinsten EM-Stadt mit dem zweitkleinsten EM-Stadion. "Aber es benötigte nicht das allergrößte Gehirn, um festzustellen, dass Lens Probleme haben wird, eine solche Menschenmenge unterzubringen."

Schon dass der EM-Auftakt gegen Russland an einem Samstagabend in Marseille stattfand, sorgte vor dem Hintergrund der schweren Ausschreitungen bei der WM 1998 an gleichem Ort für Kopfschütteln. "Jeder wusste es und keiner hat etwas deswegen unternommen", kritisierte der "Guardian". "Die überbezahlten Anzugträger müssen härter arbeiten - Marseille war eine sehr schlechte Wahl", schrieb die "Daily Mail".

Nach dem brutalen Angriff von russischen Hooligans in einem Block mit englischen Fans kurz vor Ende der ersten Partie ist die Sorge vor weiteren Ausschreitungen von beiden Seiten groß. Augenzeugenberichten zufolge sollen die Russen außerhalb des Stadions Bauchtaschen getragen haben mit Kampfausrüstung wie Mundschutz oder Handschuhen, die im Mixed Martial Arts (Vollkontakt-Kampfsportart) benutzt werden.

Auch im Stade Vélodrome war die Panik immens. "Ich musste an die Toten von Hillsborough denken und habe gedacht: Oh mein Gott, es passiert schon wieder", sagte Zuschauer Steve McLean der "Sun" in Erinnerung an die Stadionkatastrophe von Sheffield 1989 mit 96 Toten. Er habe versucht, seinen 14 Jahre alten Sohn zu schützen, wusste aber nicht wo er hinlaufen sollte. "Menschen wurden zusammengedrängt, in den Ausgängen niedergetrampelt und kletterten über Wände, um zu entkommen", erklärte der 47-Jährige. "Ich dachte, dass wir sterben."

Schon während der EM vor 16 Jahren in Belgien und den Niederlanden hatte die Europäische Fußball-Union den Engländern wegen schwerer Krawalle mit einem EM-Ausschluss gedroht. Seitdem scheinen zumindest einige Anhänger der Three Lions nichts dazu gelernt zu haben. "Reisende Fans täten gut daran, sich zu erinnern, dass sie Gäste in Frankreich sind und nicht Besatzer", schrieb der "Independent".

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