Fußball: Bundesliga:Pacta sunt servanda

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Schalke möchte Albert Streit loswerden, der lieber seinen Vertrag aussitzen will - und sich dabei im Recht fühlen darf. Vereine entdecken Verträge nur, wenn es ihnen genehm ist.

Jürgen Schmieder

Es ist nicht bekannt, wie gut Albert Streit mit lateinischen Redewendungen und deutschem Recht vertraut ist, auch seine Kenntnisse über Franz Josef Strauß sind nicht eindeutig zu bestimmen. "Pacta sunt servanda" forderte der ehemalige CSU-Vorsitzende, nachdem die zuvor von ihm hart bekämpften Ostverträge ratifiziert worden waren. Der Schalker Profi Streit kann nicht nur auf einen pactum verweisen, eine formlose Absprache, sondern gar auf einen schriftlichen contractus. Und so einer ist - da würde selbst die Linkspartei Franz Josef Strauß recht geben - von beiden Seiten einzuhalten.

Albert Streit von Schalke 04. (Foto: Foto: dpa)

Schalke 04 hat seinen Profi suspendiert, der neue Trainer und Manager Felix Magath hätte den ungeliebten Akteur am liebsten von der Gehaltsliste gestrichen. "Ich verlange von Spielern meiner Mannschaft, dass sie stetig an sich arbeiten und an ihre Grenzen gehen. Diesen Eindruck hatte ich bei Albert Streit nicht", sagt Magath und verweist damit indirekt auf den Paragraphen 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der vorschreibt: "Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern." Ergo: Streit müsse ehrgeizig an seiner Berufung in die Stammelf arbeiten, sonst halte er sich nicht an den Vertrag.

Streit dagegen kündigte schon vor Monaten an: "Ich habe hier den besten Vertrag meines Lebens unterschrieben und bekomme noch drei Jahre gutes Geld." Im Januar 2008 wechselte Streit von Frankfurt zu Schalke 04 und unterschrieb dort einen Vertrag bis Juni 2012, der mit ungefähr 2,5 Millionen Euro pro Saison vergütet wird. Natürlich könnte man Streit aus sportlicher Sicht vorwerfen, sich bei Schalke 04 nicht durchbeißen zu wollen - oder bei zu geringer Chance auf Einsatzzeiten sein Glück bei einem anderen Verein zu suchen.

Dennoch ist paradox, wie die Fußball-Vereine manchmal mit Profis umgehen (siehe Bilderstrecke). Bei den hochklassigen, jedoch wechselwilligen Spielern pochen sie allzugerne auf die Einhaltung der Verträge. Franck Ribéry etwa versuchte wochenlang, sich zu einem Wechsel zu Real Madrid zu reden. Er brauche mehr Spaß an der Säbener Straße, erklärte der Filou kürzlich, wobei er offenließ, ob er nur Lukas Podolski vermisst oder eine Hüpfburg neben dem Trainingsplatz haben möchte. Die Verantwortlichen verwiesen zu Recht auf einen bis Juni 2011 gültigen Vertrag und überlegen gar, gegen den Paragraphen 17 der Transferstatuten des Weltverbandes Fifa vorzugehen, der das Vertragsverhältnis eines Profi-Fußballers im Falle eines internationalen Wechsels vor Ablauf seines aktuellen Kontraktes bei einem Klub regelt. Demnach kann ein Spieler ein Jahr vor Ende seines Vertrags seinen Klub für eine nur geringe Entschädigung verlassen. "In der jetztigen Form ist der Paragraph ein Witz", sagte Manager Uli Hoeneß kürzlich.

Dabei hätte der FC Bayern gerne selbst Spieler abgegeben: Christian Lell, Andreas Ottl, Jose Ernesto Sosa und Luca Toni etwa. Beim VfB Stuttgart standen Yildiray Bastürk, Jan Simak und Ricardo Osorio auf der Streichliste. Bei Werder Bremen ist Jurica Vranjes der ungeliebte Bankwärmer, in Wolfsburg sind das Vlad Munteanu, Daniel Baier und Alexander Laas. Da geraten der bestehende Vertrag und seine Laufzeit plötzlich in den Hintergrund.

Die Vereine haben die nun ungeliebten Spieler mit langfristigen und gutdotierten Verträgen ausgestattet. Und deshalb gilt nicht nur für Spieler wie Ribéry, sondern auch für Vereine wie Schalke: Pacta sunt servanda.

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