FC Augsburg:Neue Boygroup für die Top Ten

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"Qualitativ einen Schub gemacht und in der Breite ebenso": Trainer Enrico Maaßen (3.v.l.) präsentiert seine Winterzugänge, (v.li.) Dion Beljo, Arne Engels, David Collina, Irvin Cardona und Kelvin Yeboah. (Foto: Klaus Rainer Krieger/Imago)

Der FC Augsburg hat im Winter einige Akzente auf dem Transfermarkt gesetzt. Angreifer Beljo und die weiteren vier jungen Zugänge sind Teil eines ambitionierten Vorhabens. Zunächst aber sollen sie helfen, den Klassenverbleib zu schaffen.

Von Maik Rosner

Vier Jahre lang, hat Dion Beljo erzählt, habe er Deutschunterricht bekommen. Viel hängen geblieben sei allerdings nicht, wofür Beljo eine einleuchtende Erklärung präsentierte. "Der Lehrer war nicht sehr gut", sagte der 20-Jährige. Er lächelte.

Ein paar Tage ist das bereits her. Mittlerweile hat sich der neue Angreifer des FC Augsburg schon mal mit einigen deutschen Begriffen aus dem Fußball vertraut gemacht, die er womöglich bereits am Sonntag gut gebrauchen kann. Dann tritt der FCA zum Start in den zweiten Saisonteil bei Borussia Dortmund an. Und während für Trainer Enrico Maaßen die erste Dienstreise zu seinem vorherigen Arbeitgeber ansteht, könnte das Talent Beljo sein Debüt in der Bundesliga gleich im größten deutschen Stadion geben. Maaßen lobte ihn am Freitag jedenfalls auffallend als "Zielspieler, der sehr elegant ist, der eine sehr gute Technik hat und ein richtiger Finisher ist".

Der schlaksige Beljo fällt allein mit seiner Körpergröße von 1,95 Meter auf. Trotz dieser Statur zeigt er eine feine Ballbehandlung, nicht nur mit seinem stärkeren linken Fuß. Beljo versteht sich zudem als mitspielender Angreifer und nicht einzig als Abschlussspieler. Mehrere Vereine sollen sich um ihn bemüht haben, zwischenzeitlich auch Mönchengladbach. Doch der FCA machte das Rennen für eine kolportierte Ablöse von mindestens drei Millionen Euro. Als der Klub in Person von Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter den Transfer "stolz" verkündete, enthielt die Mitteilung auch eine übergeordnete Botschaft. Die Augsburger hätten ihm "die Ziele und Perspektiven des Vereins aufgezeigt", wurde Beljo zitiert, und mit diesen könne er sich "voll und ganz identifizieren".

Was klang wie eine der üblichen PR-Stanzen, war in Wahrheit ein kleiner Einblick in Augsburgs Ambitionen. Diese verkündete Reuters Kollege Michael Ströll am Montag beim feierlichen Neujahrsempfang im prachtvollen Ambiente des Kurhauses Göggingen. Mittelfristig wolle man unter die Top Ten in Deutschland, sagte der Finanz-Geschäftsführer. Neujahrsempfänge nutzt Ströll offenbar gerne, um große Weichenstellungen mitzuteilen. Vor vier Jahren hatte er beim damaligen Neujahrsempfang im Wittelsbacher Schloss in Friedberg die langfristige und finanziell lukrative Zusammenarbeit mit dem Hauptsponsor und Namensgeber der Arena bis 2030 bekanntgegeben.

Niederlechner wurde ein halbes Jahr vor seinem Vertragsende abgegeben, auch Gruezo steht vor dem Abschied

Intern haben sie sich das Ziel schon länger gesetzt, künftig mehr als den Klassenverbleib anzustreben. Wesentlich trug dazu bei, dass 2021 der US-Investor David Blitzer beim FCA einstieg und wissen ließ, der Verein solle auf Sicht in Europa mitspielen. Im Januar 2022 folgte der Kauf des US-Angreifers Ricardo Pepi für angeblich 16 Millionen Euro Ablöse. Seit Ende August ist der inzwischen 20-Jährige an den FC Groningen ausgeliehen. Nach Rekordtransfer Pepi setzten die Augsburger in diesem Januar mit der Verpflichtung einer neuen Boygroup die nächsten Akzente des Aufbruchs. Neben Beljo wurden Mittelfeldspieler Arne Engels, 19, aus dem Nachwuchs des FC Brügge, Außenverteidiger David Colina, 22, von Hajduk Split sowie die Angreifer Irvin Cardona, 25, von Stade Brest und Kelvin Yeboah, 22, verpflichtet. Letzterer ist der Neffe des früheren Frankfurter und Hamburger Stürmers Anthony Yeboah und vom CFC Genua vorerst nur bis zum Sommer ausgeliehen. Die anderen vier Zugänge erhielten jeweils einen Vertrag bis Mitte 2027.

Sie sind mit geschätzten Investitionen von insgesamt rund fünf Millionen Euro also wesentlicher Bestandteil der mittelfristigen Strategie, sollen aber größtenteils schon jetzt helfen, das kurzfristige Ziel Klassenverbleib zu erreichen. Im Gegenzug wurde der langjährige Augsburger Stürmer Florian Niederlechner, 32, ein halbes Jahr vor seinem Vertragsende an Hertha BSC abgegeben. Auch Mittelfeldspieler Carlos Gruezo, 27, steht vor dem Abschied.

Maaßen ist sehr angetan von den Zugängen. Man habe "qualitativ einen Schub gemacht und in der Breite ebenso", findet der Trainer, der Kader sei nun "gerade in der Offensive sehr gut besetzt". Und auch wenn es in dieser Saison nur darum gehe, die Versetzung zu erreichen, hält Maaßen es für "sehr wichtig, eine mittelfristige Vision zu haben".

Von dieser haben die Augsburger auch Beljo und den anderen jungen Zugängen erzählt. Voraussichtlich dürfen einige von ihnen nun gleich in Dortmund zeigen, wie viel Fantasie für die Zukunft in ihnen steckt. Kroatiens U21-Nationalspieler Beljo ist sprachlich zumindest schon mal darauf vorbereitet, verloren gegangene Bälle schnell zurückzuerobern: "Gegenpressen" habe er als erste deutsche Fußballvokabel in Augsburg gelernt.

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