Fußball-Bundesliga:Fast ein 10:10

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Das 2:4 des VfL Wolfsburg gegen den Hamburger SV ist ein erster spielerischer Höhepunkt der Saison. Diego Benaglio kassiert dabei einen der kuriosesten Gegentreffer seiner Karriere.

Claudio Catuogno, Wolfsburg

Die Maskottchen dieser Welt dürfen gemeinsam ein bisschen stolz sein, seit eines von ihnen, das WM-Bärchen Berlino, mit dem Sportpopstar Usain Bolt "Telefonnummern ausgetauscht" hat, wie bei der Leichtathletik-WM in Berlin nicht etwa Berlino stolz berichtete - sondern Usain Bolt. Und vielleicht lag es ja daran, dass nun beim Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga am Sonntag in der Wolfsburger Arena nicht nur 22 Fußballer mit grimmigen Gesichtern aufs Feld schritten.

Mladen Petric (links) steuerte einen Treffer zum Hamburger 4:2 gegen Wolfsburg bei. (Foto: Foto: AP)

Sondern auch ein graupelziger Wolf namens Wölfi und ein lampenschirmartiger Dinosaurier namens Hermann, die Glücksbringer des VfL Wolfsburg und des Hamburger SV, von denen jedoch zunächst keiner der anwesenden Sportler Notiz nahm. Aber dann hätte zumindest Diego Benaglio, der Wolfsburger Torhüter, etwas Glück dringend brauchen können. Denn Benaglio drohte, die tragische Figur zu werden in der Begegnung des Meisters gegen den Liga-Dino aus der Hansestadt, und das schon nach sieben der 90 Minuten.

Wolfsburg gegen Hamburg - während man jahrelang einige Mühe hatte, diese Begegnung als sogenanntes "Nord-Derby" halbwegs ernst zu nehmen, erschloss sich der Reiz diesmal von alleine. Nicht nur, weil der HSV im Fall eines Sieges den VfL von der (geteilten) Tabellenspitze stürzen konnte. Sondern weil es im vergangenen Jahr gleich zweimal genau umgekehrt gewesen war: Da hatten die HSV-Fans noch mit überheblichen Plakaten gefrotzelt ("Wir haben mehr Titel als ihr Einwohner"), doch dann hatte der Emporkömmling aus Niedersachsen die Hamburger gleich zweimal vom ersten Ligaplatz heruntergeholt. Und beide Male war es dabei ziemlich ruppig zugegangen - genug Zündstoff also, um auch diesmal ein paar neu geknüpfte Feindschaften zu kultivieren.

Tatsächlich wurden dann auch diesmal die meisten Treffer gegen gegnerische Knöchel und Schienbeine gesetzt, Knut Kircher hatte einiges zu tun, ehe er am Ende einen 4:2-Sieg für Hamburg in sein Schiedsrichterformular eintragen konnte. Doch bevor sich überhaupt die Gelegenheit für übertriebene Härte ergab, musste Diego Benaglio schon das erste Mal hinter sich greifen, nach einem der kuriosesten Gegentreffer seiner Karriere.

Im Grunde hatte er gar nichts falsch gemacht, als er nach einem Schuss des Hamburgers Paolo Guerrero hechtete, dann begab es sich jedoch, dass der Ball vom Pfosten gegen Benaglios Rücken prallte - und erst von dort ins Tor. Das war in der dritten Minute, und nicht nur der zottelige Wölfi ahnte zu diesem Zeitpunkt nichts Gutes. Zumal Benaglio schon vier Minuten später zwar spektakulär gegen Mladen Petric parierte, der Ball jedoch nach einiger Verwirrung in der Wolfsburger Defensive bei Eljero Elia landete, dem aus Enschede gekommenen Hamburger Stürmer - der schoss ihn prompt zum 0:2 ins Tor.

Das war keinesfalls eine Vorentscheidung, sondern lediglich der launige Auftakt zu einer Begegnung, wie sie selbst das inzwischen verwöhnte Wolfsburger Publikum nicht alle Tage zu sehen bekommt. Karim Ziani, Wolfsburgs neuer Rechtsaußen, spielt einem Zuckerpass - doch Grafite rutscht knapp am Ball vorbei (14.). Guerrero zeigt zwei Sololäufe - aber zweimal pflückt ihm Benaglio den Ball von den Füßen (17., 23.). Hamburgs Piotr Trochowski setzt einem Heber auf die Latte (40.). Dann rettet Frank Rost mit einer Glanztat gegen den VfL-Stürmer Edin Dzeko (50.). Es gab keinen erkennbaren Grund dafür, dass es nicht längst 6:6 oder 8:8 oder 10:10 stand, wo doch Wölfi und Hermann alle verfügbaren Daumen drückten.

Die Konkurrenz mag es als Bedrohung begreifen, dass dem VfL fünf wütende Minuten genügten, um gegen den glänzend eingestellten HSV auszugleichen: Zvjezdan Misimovic per Fuß (52.) und der eingewechselte Obafemi Martins per Kopf (56.) überwanden Frank Rost jeweils aus kurzer Distanz. Doch dann kam auf der anderen Seite Petric eines Haaresbreite vor Andrea Barzagli an den Ball und erzielte das 3:2 (75.), Romeo Castelen erhöhte schließlich noch auf 4:2 (90.). Und deshalb steht Hamburg in der Ligatabelle jetzt tatsächlich vor Niedersachsen.

Falls die Wolfsburger sich nun auf die Suche nach dem Glück begeben wollen: Die Handynummer von Wölfi beginnt mit den Ziffern 0, 1 und 7, und die von Berlino kann man im Zweifel bei Usain Bolt erfragen.

© SZ vom 24.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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