Fußball-Bundesliga, 18. Spieltag:608 Tage später

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Der FC Bayern München besiegt durch Tore von Demichelis und Klose 1899 Hoffenheim problemlos 2:0 und übernimmt nach 20 Monaten wieder die Liga-Spitze - zumindest für eine Nacht.

Andreas Burkert

Der Jubel fiel diesmal heftig aus nach einem recht profanen Arbeitssieg des FC Bayern, der als verdienter 2:0(1:0)-Erfolg über 1899 Hoffenheim in der Geschichtsschreibung der Münchner verewigt wird. Aber 608 Tage sind eben eine kleine Ewigkeit, so lange sind die Bayern nicht mehr Tabellenführer der Bundesliga gewesen, weshalb sie ihr Ego am Freitagabend fürs Erste befriedigt haben. Nach den Turbulenzen im November, als Trainer Louis van Gaal vor der Entlassung stand, haben die Münchner zumindest für 19 Stunden die Spitze inne und der Konkurrenz gleich beim Rückrunden-Start mitgeteilt, dass der Titel natürlich nur über sie vergeben wird. Martin Demichelis und Miroslav Klose mit ihrem jeweils ersten Saisontor sorgten dafür, dass van Gaal hinterher zufrieden lachte und die Faust ballte. "Die zweite Halbzeit haben wir sehr gut gespielt, die Fragen nach der Tabellenführung haben sich jetzt endlich erledigt", sagte der Holländer.

Wieder ganz oben: Mark van Bommel und der FC Bayern München. (Foto: Foto: Reuters)

608 Tage lagen solche Glücksgefühle also zurück, kaum zu glauben eigentlich. Damals, am 17. Mai 2008, war ja die SPD noch eine Volkspartei und ein Mensch namens Thomas Godoj gewann abends im Privat-TV den offenbar bekannten Gesangswettbewerb "DSDS". Auch in der Münchner Arena flossen an diesem Samstag zu Musik Tränen, der scheidende Trainer Hitzfeld heulte beim Adieu wie ein Kleinkind. Dass die Bayern am Freitagabend zumindest für eine Nacht an die Spitze zurückkehren wollten, dokumentierte auch van Gaal selbst, indem er Robben trotz dessen Unpässlichkeit vor einer Woche anstelle von Pranjic in seine Erfolgself der Dezemberwochen aufnahm. Es sollte sich auszahlen.

Denn Robben war es, der nach immerhin schon 16 Spielminuten mit einem abgefälschten Fernschuss erstmals für Gefahr sorgte. Die Anfangsphase hatte noch Hoffenheim mit ein, zwei Kontern bestimmt; doch rasch wurde deutlich, dass die Gäste nicht mehr viel mit jener Elf gemein haben, die vor 13 Monaten bei ihrem Debüt in München trotz des 1:2 einen erinnerungswürdigen Auftritt hinlegte. Neben der Euphorie eines schwebenden Aufsteigers ging Hoffenheim diesmal viel Potenz im Mittelfeld ab, da neben Gustavo (gesperrt) auch sein brasilianischer Landsmann Eduardo verletzt fehlte. Viel zu früh verlor Hoffenheims Offensive den Ball, und auch einige geschmeidige Tempodribblings Bas und zwei tückische Schüsse von Ibisevic (28./38.) konnten eine gewisse Durchschnittlichkeit nicht kaschieren.

Feiger Ibertsberger

Den anfangs wenig druckvoll auftretenden Bayern genügten gegen diesen Gegner etwas Beharrlichkeit und Klasse im Zweikampfverhalten (Schweinsteiger), um die Partie zeitig zu kontrollieren. Zunächst hielt Hoffenheims Deckung, doch bei hohen Bällen deutete sie Schwächen an. Nach einem zweiten Distanzschuss, diesmal durch Schweinsteiger (29.), brachte ein Eckball dann auch tatsächlich die Führung: Im zweiten Anlauf hob Schweinsteiger den Ball in den Strafraum, der schließlich den am hinteren Pfosten lauernden Demichelis erreichte - Ibertsberger drehte sich in seiner nächsten schwachen Szene feige weg und sprang hoch, womit der Flachschuss des Argentiniers im Eck endete (35.).

Wie unglücklich 1899-Coach Rangnick mit dem ersten Teil des Vortrags war, belegte er mit seiner Auswechslung zur Pause: Für Vukcevic brachte er den 19-jährigen Debütanten Andreas Ludwig aus der Reserve, die in der Oberliga Baden-Württemberg antritt; Prominenz, wie sie die Bayern auf der Bank sitzen haben (Klose, Altintop, Timoschtschuk) fehlt den ehrgeizigen Hoffenheimern allerdings auch, weshalb der Europacup für sie schwerlich erreichbar sein dürfte.

Die Münchner werden derlei Unpässlichkeiten herzlich wenig interessieren. Nach der Pause hatten sie ihre Bemühungen noch einmal deutlich erhöht, vor allem im Mittelfeld. Der überragende Robben steigerte sich nun als Vorbereiter, und wäre Gomez ein begnadeter Kopfballspieler, hätte er nach der Hereingabe des Niederländers das 2:0 erzielt. Doch der Ball landete in Hildebrands Armen, womit eine Phase begann, in der sich Hoffenheim noch mehr zurückzog, gezwungenermaßen. Nicht mal nach einem eigenen Eckball war 1899 seriös organisiert, doch den Konter und Robbens Querpass vertändelte der mitgeeilte Gomez überhastet; kurz darauf störten sich Schweinsteiger und Robben vor Hildebrand (60.).

Dennoch, die Richtung war längst vorgegeben, im Spielaufbau und in der Ballbehauptung im Angriff blieb 1899 überfordert. Van Gaal brachte Klose für den wirkungslosen Olic, aber das 2:0 fiel noch nicht, womit Hoffenheim auf das hoffen durfte, was Boxer einen Lucky Punch nennen, einen Glückstreffer. Und beinahe hätte es den gegeben, Maicosuels Freistoßflanke verfehlte der alleinstehende Ba nur um Zentimeter (72.).

So blieb es Klose vorbehalten, den überfälligen Schlusspunkt zu setzen, indem er van Bommels Hereingabe trocken verwertete (86.). "Ich denke, dass wir ein bisschen Angst verbreitet haben", sagte van Gaal später, und Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick befand: "Die Bayern sind natürlich phantastisch besetzt, und man sieht die Handschrift von Louis van Gaal." Sein Kollege lächelte neben ihm dankbar und selig.

Bayern München: Butt - Lahm, van Buyten, Demichelis, Badstuber - Robben, van Bommel (90. Timoschtschuk), Schweinsteiger, Müller (77. Pranjic) - Gomez, Olic (63. Klose)

1899 Hoffenheim: Hildebrand - Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger - Zuculini (72. Eichner), Salihovic, Vukcevic (46. Ludwig) - Maicosuel, Ibisevic, Ba (88. Terrazzino)

Schiedsrichter: Kinhöfer (Herne) Zuschauer: 69 000 (ausverkauft) Tore: 1:0 Demichelis (35.), 2:0 Klose (86.) Gelbe Karten: - / Salihovic (6), Simunic (4), Vukcevic (2)

© SZ vom 17.1.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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