3. Liga:Tief gespalten in der Krise

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Zwei Klubs mit unterschiedlicher Meinung: 1860 München und Waldhof Mannheim, hier bei einem Spiel im Februar. (Foto: imago images/MIS)
  • Die Klubs der dritten Liga sind zerstritten in der Frage, was mit der Saison geschehen soll.
  • Jeder Verein argumentiert gerade so, wie es ihm sportlich nützt.
  • In der Krise kommen auch weitreichende Reformvorschläge. In einem beim DFB eingereichten Papier wird für eine zweigleisige dritte Liga plädiert.

Von Martin Schneider

Abbrechen oder Weiterspielen? Die 3. Liga ist in dieser Frage nun offiziell gespalten und zerstritten, und es ist nicht klar, welcher Verein mit welchem Motiven an der Debatte teilnimmt. Am Donnerstag erklärten die fünf bayerischen Vertreter Ingolstadt, 1860 München, Würzburg, Unterhaching und Bayern II, dass sie die Saison unbedingt zu Ende spielen wollen, dem schlossen sich Rostock und Braunschweig an. Am Freitag meldeten sich prompt acht Klubs ebenso entschieden per offenem Brief, dass sie die Spielzeit abbrechen wollen. Mannheim, Chemnitz, Magdeburg, Halle, Zwickau, Jena, Münster und Großaspach forderten das sofortige Ende. Man müsse die Tabelle einfrieren, den Aufstieg durchführen, den Abstieg aber aussetzen.

Nun muss man eigentlich nur die Tabelle betrachten, um die Motive interpretieren zu können: alle Klubs würden von ihrem jeweiligen Vorschlag sportlich profitieren. Mannheim würde bei einem Abbruch direkt in die zweite Liga aufsteigen, alle anderen Mannschaften würden nicht absteigen, beziehungsweise würden nicht mehr Gefahr laufen, abzusteigen. Würde die Saison zu Ende gespielt, hätten die bayerischen Klubs plus Rostock und Braunschweig weiter die Chance auf den Aufstieg. Unklar ist die Haltung von Duisburg, Viktoria Köln, Meppen, Uerdingen und Kaiserslautern. Duisburg würde ebenfalls von einem Abbruch zu den beschriebenen Konditionen profitieren, Kaiserslautern befindet sich in einer Sondersituation, weil eine mögliche Planinsolvenz als Gedankenspiel im Raum steht.

In der dritten Liga wird traditionell überinvestiert

Die dritte Liga befindet sich grundsätzlich in einer anderen Ausgangslage als die ersten beiden Ligen. Sie wird nicht von der DFL, sondern vom DFB organisiert, die Klubs sind prozentual stärker von Zuschauereinnahmen abhängig als von Fernsehgeldern. Während in den ersten beiden Ligen Geisterspiele eine durchaus attraktive Option sind, ist das in der dritten Liga nicht der Fall. Hier kann ein Aufstieg oder ein Nicht-Abstieg finanziell entscheidender als die Erfüllung eines TV-Vertrags sein. Zudem stehen Vereine in der dritten Liga - man könnte fast sagen traditionell - finanziell schlecht da. Durch die Möglichkeit, nach einem Aufstieg an die Geldtöpfe der DFL zu kommen, überinvestieren viele Klubs. Wenn der Aufstieg dann nicht gelingt, droht die Insolvenz. Allein in den vergangenen Jahren führte das bei Rot Weiss Ahlen, der TuS Koblenz, Alemannia Aachen, den Kickers Offenbach, dem VfR Aalen, dem FSV Frankfurt, Rot-Weiß Erfurt und dem Chemnitzer FC zum Abstieg.

Die Lager Pro oder Contra Saisonfortsetzung argumentieren teils komplett konträr. Die Vereine, die fürs Weiterspielen sind, sagen, Geisterspiele seien das kleinere Übel. "Geisterspiele sind nicht schön, aber überhaupt kein Fußball ist die schlechteste Lösung", hieß es etwa beim FC Ingolstadt. Die Abbruch-Befürworter behaupten, Spiele ohne Zuschauer, aber mit Personalkosten, würden sie in den Ruin treiben. Geisterspiele hätten "für unsere Vereine finanziell erhebliche negative Auswirkungen", heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme der Pro-Abbruch-Fraktion. Auch haben manche Vereine ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, manche haben dies nicht getan.

Die gegensätzlichen Positionen ziehen sich durch fast alle Themenbereiche. Die Abbruchbefürworter sagen, dass man in der 3. Liga keine gesundheitlichen Voraussetzungen für einen Spielbetrieb schaffen kann, die bayerischen Vereine meinen, dass dies bis zur Zulassung eines Impfstoffes in jedem Fall schwierig, aber machbar sei und man die Möglichkeit nicht ausschließen dürfe - sonst pausiere man bis ins kommende Jahr. Die Bundesliga und die zweite Bundesliga hoffen ja aktuell mit einem noch nicht näher definierten Hygiene- und Test-Konzept ab Mai Geisterspiele austragen zu dürfen.

Ein Viertligist reicht weitreichende Reformvorschläge ein

Stand jetzt ist die dritte Liga bis zum 30. April ausgesetzt. Gleichzeitig lässt der Bayerische Fußball-Verband die Amateurfußballvereine darüber abstimmen, die Saison von Kreis- bis Regionalliga bis mindestens Ende August pausieren zu lassen. Bei der dritten Liga handele es sich um Berufsfußballer, so das Argument.

In der Krise kommen auch weitreichende Reformvorschläge. Ein Konzept, an dem offenbar die SV Elversberg aus der Regionalliga Südwest mitwirkte, wurde beim DFB eingereicht. In dem Papier wird für eine zweigleisige dritte Liga plädiert. 20 Vereine sollen dann jeweils in einer Nord- und einer Südstaffel gegeneinander spielen. Der Vorteil laut dieses Papiers, das der kicker zuerst einsehen konnte: Man könne eine faire Aufstiegsregelung finden, und durch mehrere attraktive Derbys könnten die finanziellen Verluste ausgeglichen werden. Dem Vorschlag schlossen sich öffentlich die Kickers aus Offenbach, Rot-Weiss Essen und nach Reviersport-Informationen auch Rot-Weiß Oberhausen an, beide spielen in der Regionalliga West.

Die Idee ist nicht neu und war schon in der Vergangenheit eines der vielen Konzepte, den Fußball unterhalb der beiden Profiligen zu organisieren. Die eingleisige dritte Liga wurde eingeführt, um deren Vermarktbarkeit zu steigern. Unglücklich waren darüber vor allem die Vereine, die in die Regionalliga abstürzten - weil es dort mittlerweile fünf Staffeln gibt und der Aufstieg jahrelang in einer Relegation zwischen den Meistern ausgespielt wurde. Klubs wie Mannheim oder auch DFB-Pokal-Halbfinalist Saarbrücken stiegen so mehrfach als Tabellenerster nicht auf und fühlten sich ungerecht behandelt - dass ein Meister aufsteigt, ist eigentlich ein Grundsatz eines Ligasystems.

Dass nun Regionalligisten wie Elversberg, Offenbach, Oberhausen und Essen offensichtlich für eine zweigleisige dritte Liga sind, verwundert nicht. Denn diese Klubs würden direkt davon profitieren. Den Nachteil hätten die etablierten Drittligisten und die kleineren Regionalligisten, die perspektivisch keine Chance auf den Aufstieg haben. Dass aus dieser Sektion direkt ablehnende Stimmen zum neuen Vorschlag kamen, ist daher genauso wenig überraschend.

Während es bei der Eingleisigkeit eine klare Mehrheit gibt, ist das bei der Saisonfortsetzung nicht der Fall. Fest steht gerade nur: Bis 30. April muss irgendeine Form der Entscheidung getroffen werden. Denn auch Planungsunsicherheit ist ein Faktor in diesen Zeiten.

© SZ vom 19.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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