1860 München:Explosion auf der falschen Seite

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Schmerz lass nach: Niklas Lang musste ausgewechselt werden, Sechzig hat einen verletzten Innenverteidiger mehr. (Foto: Neis/Eibner/imago)

Vergebene Chancen, Abwehrfehler und ein bisschen Pech: Die Löwen verlieren 0:3 in Kaiserslautern und wollen aufhören, der vergangenen Saison hinterherzuhängen.

Von Markus Schäflein, Kaiserslautern

20 000 Zuschauer wären erlaubt gewesen auf dem Betzenberg, es erschienen dann aber nur 8900 zum Duell der Traditionsvereine 1. FC Kaiserslautern und TSV 1860 München, davon auch noch 1000 Löwenanhänger. Das Publikumsinteresse sagte alles aus über die Lage bei den Pfälzern, die - wie gewohnt - ebenso aufstiegsambitioniert wie erfolglos in die Saison der dritten Fußball-Liga gestartet waren. Ein Pünktchen stand nach drei Partien zu Buche, zuletzt gab es ein 0:4 beim Aufsteiger Viktoria Berlin. Im Umfeld wurde schon spekuliert, ob die Mannschaft vielleicht gar kein allzu großes Interesse daran habe, mit ihrem Trainer Marco Antwerpen weiter zusammenzuarbeiten. Von den Spielern, die am Samstag auf dem Platz standen, ließ sich das aber keinesfalls behaupten. Sie traten couragiert auf und siegten 3:0 (2:0) gegen die ebenfalls aufstiegsambitionierten Münchner.

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Von einer derart miesen Stimmungslage, wie sie vor der Partie beim FCK geherrscht hatte, sind sie in Giesing noch weit weg. Die Erinnerung an die gute Vorsaison mit Trainer Michael Köllner und einem weitgehend identischen Kader ist ja noch frisch. Für 1860-Abwehrspieler Stephan Salger ist sie allerdings zu frisch, er mahnte bei Magentasport, nicht ständig die Geister der Vergangenheit zu rufen: "Wir müssen mal ganz klar davon wegkommen, von letzter Saison zu reden. Es ist eine neue Saison, es geht bei null los." Und seit es bei null losgegangen ist, hat Sechzig, in der Vorsaison als Vierter knapp am Aufstieg gescheitert, gerade mal fünf Zähler aus vier Partien geholt, teilweise auch noch glücklich wie beim 1:1 gegen Türkgücü. "Wir sind in den letzten Wochen mit einem blauen Auge davongekommen, jetzt haben wir so ein bisschen die Quittung bekommen", meinte Salger.

Was auch immer die Löwen in der Trinkpause zu sich nahmen, es tat ihnen ganz und gar nicht gut

Köllner hatte nach dem Türkgücü-Spiel Veränderungsbedarf erkannt und brachte neben Rechtsverteidiger Kevin Goden für den gesperrten Yannick Deichmann zwei weitere Neue: Erik Tallig und Keanu Staude sollten anstelle von Quirin Moll und Stefan Lex für mehr Kreativität sorgen. Staude hatte auch gleich die erste Chance, vermochte mit seinem Schuss nach einem Steilpass von Sascha Mölders FCK-Torwart Matheo Raab aber keine Probleme zu bereiten (4. Minute). Nach dem direkten Gegenzug verhinderte 1860-Keeper Marco Hiller den Rückstand gegen Jean Zimmer. Dann schoss Mölders auf Zuspiel von Merveille Biankadi daneben und wurde danach von Dominik Schad im Strafraum getroffen - Mölders' Forderung nach einem Elfmeter blieb aber unerhört (11.). Raab rettete noch außerhalb seines Strafraums (18.) gegen Biankadi, dann war angesichts der brütenden Hitze Trinkpause.

Was auch immer die Löwen tranken, es tat ihnen ganz und gar nicht gut. Linksverteidiger Phillipp Steinhart sah nicht gut aus, als Zimmer zum Flanken kam, in der Mitte gelang Rene Klingenburg eine sehenswerte Direktabnahme zum 1:0 für Kaiserslautern (27.). Sieben Minute später war erneut Zimmer über rechts der Vorbereiter, Muhammed Kiprit legte das 2:0 nach. "Zwei tolle Tore, die wir nicht gut verteidigt haben", sagte Köllner. Dem zweiten vorausgegangen war eine grenzwertig engagierte Balleroberung im Mittelfeld von Klingenburg gegen Dennis Dressel - für Schiedsrichter Frank Willenborg jedoch kein ahndungswürdiges Foul.

Vergebene Chancen, ein bisschen Pech - das 0:2 zur Pause war aus Löwen-Sicht unglücklich, aber darauf wollte Salger gar nicht herumreiten. "Wir hatten zwei klare Torchancen beim Spielstand von 0:0, aber das darf uns nicht so aus der Bahn werfen", sagte er, "wenn man 0:3 verliert, braucht man nicht mehr viel schönreden."

Spätestens die zweite Spielhälfte bietet keinen Anlass mehr zum Schönreden

Da traf es sich dann gut, dass es in der zweiten Spielhälfte bis auf eine Großchance von Marcel Bär (72.) keinerlei Anlässe zum Schönreden mehr gegeben hatte. Für Tallig und Staude kamen Stefan Lex und Richard Neudecker in die Partie. Neudecker, einer der Besten der Vorsaison (über die laut Salger nicht mehr geredet werden soll) war zuletzt kaum zum Einsatz gekommen - wegen eines Formtiefs, das er dann in Kaiserslautern auch unter Beweis stellte. Um den Nachmittag für die Löwen noch bitterer zu machen, verletzte sich nach einer Stunde in Niklas Lang ein weiterer Innenverteidiger nach Semi Belkahia. Moll kam für ihn ins Spiel und leistete sich einen Riesenfehler, den Kenny Prince Redondo aber nicht nutzte, um das dritte Tor zu erzielen (74.). Das fiel dann trotzdem noch, kurz vor Schluss durch einen Freistoß von Mike Wunderlich, den die Zwei-Mann-Mauer der Löwen und auch Hiller durchflutschen ließen.

Sein Team brauche "Ruhe und Vertrauen", hatte Köllner vor dem Spiel gesagt, "dann explodiert es schon". Diesmal hatte die Explosion auf der falschen Seite stattgefunden. Ein Heimsieg am Dienstag (19 Uhr) gegen Viktoria Köln wäre hilfreich, in welcher Form auch immer, zur Not tut es auch ein Chinaböller.

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