French Open - Match des Tages (13):So knapp wie noch nie

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Rafael Nadal steht zum achten Mal im Finale der French Open in Paris. (Foto: AFP)

Es war das epische Match, das sich die Tennis-Fans erhofft hatten: Im Halbfinale in Paris liefern sich Novak Djokovic und Rafael Nadal einen hochklassigen Fight. Im fünften Satz vergibt der Serbe einen kleinen Vorsprung und muss sich 7:9 geschlagen geben - der Spanier genießt den hart erkämpften Sieg euphorisch.

Von Milan Pavlovic, Paris

Match des Tages (13): Rafael Nadal (Spanien/3) - Novak Djokovic 6:4, 3:6, 6:1, 6:7 (3), 9:7

Die Franzosen hatten sie als eine Art Vorprogramm angesetzt, doch das war Rafael Nadal und Novak Djokovic völlig egal. Im ersten Halbfinale der French Open beharkten sich die beiden Dauerrivalen vier Stunden und 37 Minuten lang, erst dann stand das 6:4, 3:6, 6:1, 6:7 (3), 9:7 für den Spanier fest. Von den 335 gespielten Punkten gewann Nadal 177, also doch deutlich mehr als die Hälfte. Dennoch hätte er genauso gut verlieren können in einem Match mit so viel Kurven, Steigungen und Wenden wie eine Alpen-Serpentine.

Es war das herausragende Match dieser French Open - aber nicht das Ende des Turniers. Denn bevor Nadal den Titel zum achten Mal gewinnen kann, muss er am Sonntag erst mal gegen den Final-Debütanten David Ferrer bestehen. Nadals Landsmann entzauberte in der vermeintlichen Hauptattraktion des Tages Lokalmatador Jo-Wilfried Tsonga in nur 124 Minuten 6:1, 7:6 (3), 6:2. Das 35. Duell zwischen Nadal und Djokovic begann etliche Stunden, bevor die beiden den Platz betraten.

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Als Sandplatzspezialist führt bei den French Open kein Weg an Rafael Nadal vorbei. Nur Novak Djokovic und Roger Federer können ihm wohl ernsthaft gefährlich werden. Bei den Damen ist die Konkurrenz deutlich ausgeglichener. Auch die Deutschen können sich einige Chancen ausrechnen. Zehn Dinge zum Turnier in Paris.

Von Christopher Köster

Djokovic dürfte am Freitagmorgen mit einem unguten Gefühl aufgewacht sein: Wie angekündigt wurde es der bisher wärmste dieses Turniers. Denn Rafael Nadal ist anders als die einstigen spanischen Sandplatz-Spezialisten, die es am liebsten nass und langsam hatten, damit sie jeden Ball noch erlaufen und die Gegner müde spielen konnten: Nadal mag die Hitze.

Nur dann nimmt der Ball den vollen Topspin an, mit dem der siebenmalige Paris-Sieger seine Gegner seit 2005 regelmäßig in die Defensive und schließlich zur Verzweiflung treibt. Was bei Feuchtigkeit passiert, konnte man sehr gut im Finale des vergangenen Jahres beobachten, als Nadal im Nieselregen fast eine 2:0-Satzführung gegen Djokovic verspielte, weil die durchnässten Bälle die Größe und das Gewicht von Pampelmusen bekamen.

Eine Variante gab es in den ersten Runden des Turniers zu bestaunen, als vermeintlich klar unterlegene Gegner (Daniel Brands und Martin Klizan) die kühlen und feuchten Bedingungen clever ausnutzten und den großen Favoriten in Verlegenheit brachten. Kaum dass es wärmer wurde in Paris, spielte Nadal besser. Und besser. Am schlimmsten bekam das Stanislas Wawrinka im Viertelfinale zu spüren, der mit seiner einhändigen Rückhand kaum an Nadals quälenden Bälle heran kam.

Am Freitag sprangen Nadals Grundschläge so hoch ab, dass der Weltranglisten-Erste sie entweder in Kopfhöhe oder - mit mehr Risiko - im Steigen kurz hinter der Grundlinie nehmen musste. Djokovic kann diese Schläge zwar dank seiner Technik und der beidhändigen Rückhand meistern, das hatte er vor kurzem beim Finalsieg gegen Nadal in Monte Carlo gezeigt.

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Für viele war es das vorweggenommene Endspiel der diesjährigen French Open. Und der siebenmalige Champion Rafael Nadal behält in fünf Sätzen die Oberhand gegen den Weltranglistenersten Novak Djokovic. Dabei lag der Serbe im entscheidenden Satz bereits mit Break vorne.

Das Spiel im Liveticker

Aber seitdem hat der Seriensieger noch mehr an Selbstvertrauen gewonnen (Turniererfolge in Madrid und Rom), und der Court Central in Paris ist der weitläufigste Sandplatz der Welt. So kann Nadal noch weiter hinter die Grundlinie gehen, so gut wie alles erlaufen und das Spiel diktieren, wie er will. Das Match um Punkte begann mit taktischen Muskelspielchen.

Jeder versuchte früh sein Spiel zu etablieren: Nadal drei bis vier Meter hinter, Djokovic so nah wie möglich an der Grundlinie. Sie tauschten eindrucksvolle Gewinnschläge aus, blieben dabei aber reserviert, als würden sie die ganz großen Emotionen für spätere Phasen der Partie aufbewahren - nicht ganz unverständlich, schließlich hatte ihr vergangenes Grand-Slam-Duell bei den Australian Open 2012 fast sechs Stunden gedauert.

Djokovic verkantete im sechsten Spiel, als er nach einer Vorhand rutschte, fasste sich kurz an den linken Oberschenkel, spielte danach scheinbar unbeeindruckt weiter, kassierte aber prompt das entscheidende Break. Auf der Jagd nach dem letzten Grand-Slam-Titel, der ihm noch fehlt, produzierte der Serbe zu viele Fehler. Die Statistik vermerkte viele als unerzwungen, aber was ist gegen Nadal auf Sand schon unerzwungen?

Im Wissen, dass der Spanier beim kleinsten Zeichen der Nachlässigkeit oder Unentschlossenheit die Kontrolle an sich reißt, passiert das eben. Nadal wirkte aufgepumpt durch das Selbstbewusstsein, bis zum ersten Break im zweiten Satz (zum 3:2) wirkte der Titelverteidiger unantastbar.

Genau dann jedoch ließ Nadal einen Moment lang nach, und Djokovic fing prompt an, mehr und glatter auf die Vorhand des Spaniers zu spielen. Das Risiko zahlte sich schnell aus, urplötzlich dominierte der Serbe die Partie und gewann den zweiten Satz nach vier Spielen in Serie mit 6:3. Den Schwung nahm Djokovic bis ins erste Aufschlagspiel des dritten Satzes mit. Bei einem Ballwechsel, den er dominierte und der ihm einen Breakball hätte einbringen können, beging der Serbe einen kostspieligen Vorhandfehler.

Als wäre ihm der Abnutzungskampf mit einem Mal in die Glieder gefahren, war Djokovic aus der Partie. Mit vier Fehlern schenkte er Nadal ein Break zum 0:2, kurz danach auf ähnliche Weise zum 0:4. "Da war ich physisch in einem Tal", gab er später zu. Nach nur 37 Minuten war der Satz weg und die Gefahr eines Sechsstundenspiels gebannt. Aber es sah ja nicht einmal nach einem fünften Satz aus. Zu sicher wirkte Nadal, das Break zum 4:3 wurde ihm durch einen Rahmentreffer von Djokovic geschenkt. Alles vorbei? Weit gefehlt.

Wie im zweiten Satz holte er den Rückstand auf, nicht bloß einmal, sondern noch einmal bei 5:6. Nadal hatte im anschließenden Tiebreak keine Chance, also musste er zum zweiten Mal in seiner Karriere in Paris in einen fünften Satz. 2011 gewann er die Partie dennoch ungefährdet gegen John Isner. Doch Djokovic ist ein anderes Kaliber, er nahm dem Spanier sogleich den Aufschlag ab. er kam zu spät zu manchen Schlägen und übertourte, ein ungewohntes Bild, das zu ungewohnten Fehlern führte. Würden Tennisspieler angezählt, wäre es im letzten Satz bei 1:3 soweit gewesen.

Zweimal musste Nadal bei eigenem Aufschlag über Einstand, zweimal musste er meisterhafte Grundlinien-Winner zeigen, um sich aus der Lage zu befreien. Das Problem war, dass er dem Break hinterherlief. Aber bei 3:4 titschte Nadal plötzlich wieder flummimäßig an der Grundlinie herum, willens zum Break, das ihn in die Partie zurückbringen würde. Er bekam die erste Breakchance, vergab sie aber. Einstand. Es folgte der kurioseste Punkt der Partie, vielleicht sogar der entscheidende des Turniers: Nach einem langen Ballwechsel, den Djokovic dominierte, konnte Nadal einen Ball nur noch mit letzter Kraft über das Netz schubsen.

Der Serbe eilte ans Netz, spielte den Ball unerreichbar ins gegnerische Feld, doch während dieser noch unterwegs war, verlor Djokovic das Gleichgewicht und musste über das Netz greifen - was gleichbedeutend mit dem Punktgewinn für Nadal war. Obwohl er den folgenden Breakball abwehren konnte, fehlte Djokovic ein Punkt, den er gemacht hatte.

Nach dem 4:4 war Nadals Akku durch den Adrenalinschub wieder voll, und Djokovic stand unter dem Druck, mit seinem Service immer nachziehen zu müssen. Dreimal hielt er stand, doch bei 7:8 leistete er sich einen Überkopffehler zu viel. Einen Passierball von Nadal und zwei ungenaue Vorhandschläge von Djokovic später hatte Rafael Nadal sein achtes Finale in Paris erreicht - so knapp wie noch nie.

Zum Schluss noch die Wettervorhersage: Der Sonntag soll weniger warm und das Programm durch Schauer gestört werden. Kein Pampelmusenalarm. Aber feucht. Nadals Gegner wird es mit etwas Erleichterung vernehmen.

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