Bayern empfängt Freiburg in der Bundesliga:Und in drei Wochen kommt der Papst

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Freiburg kann sein Glück kaum fassen: Papiss Demba Cissé, der erfolgreichste Stürmer des Sportclubs, hat den Verein nicht verlassen und steht auch gegen den FC Bayern wieder zur Verfügung. Dabei hatten die Freiburger schon Ersatz verpflichtet.

Christoph Ruf

Donnerstags und freitags trainieren die Fußballer des SC Freiburg hinter verschlossenen Toren, nicht nur, wenn es am darauffolgenden Spieltag gegen den FC Bayern München geht. Doch diesmal bedeutete diese branchenübliche Angst vor Spähern der Konkurrenz für die wenigen Trainingskiebitze, die sich regelmäßig die Übungseinheiten des Sportclubs anschauen, großes Unheil. Schließlich hatte sich in den letzten Augusttagen am Rande des Übungsplatzes ein Spruch durchgesetzt, der nun nicht mehr umzusetzen war: "Ich glaub's erst, wenn ich ihn sehe."

Papiss Demba Cissé: Immer noch beim SC Freiburg. (Foto: dpa)

So also mussten die Medien eine Kunde überbringen, die auch bei den notorischen Skeptikern die letzten Zweifel beseitigte: Papiss Demba Cissé, der erfolgreichste Torjäger der Vereinsgeschichte, ist nach dem Qualifikationsspiel mit dem Senegal weder im Bermudadreieck verschollen noch im letzten Moment durch irgendein Transferfenster entflüchtet. Er ist am Mittwoch in Baden angekommen und tat am Donnerstagmorgen brav im Windschatten der Haupttribüne seinen Dienst. Leibhaftig. Und in drei Wochen kommt der Papst. Freiburg kann sein Glück dieser Tage kaum fassen.

Dirk Dufner, der Manager des SC, ist ebenso erleichtert wie die Fans. Bei ihm kommen allerdings berufsspezifische Gründe hinzu. Die zurückliegenden Wochen und Monate seien "ausgesprochen nervend" gewesen, berichtet er. Jeden Tag das Margeritenblumen-Thema: "Er bleibt, er bleibt nicht." Auch mancher Spieler hat die Augen verdreht, als es nach dem 3:0-Sieg gegen Wolfsburg wieder so viele Fragen zu Cissé gab - obwohl der noch nicht mal getroffen hatte. Was allerdings tatsächlich selten vorkommt.

Reichlich unprätentiös

In der vergangenen Saison hat der 26-Jährige 22 der 41 Freiburger Treffer erzielt, in dieser Spielzeit sind es schon wieder vier. Cissé ist vor dem Tor instinktsicher wie kaum ein Zweiter, er ist aber auch defensiv so spielintelligent und fleißig, dass er den gegnerischen Aufbau oft aus dem Zentrum heraus stört. Um das Freiburger Glück komplett zu machen, ist er meist auch reichlich unprätentiös. Auch nach der brillantesten One-Man-Show lobt er immer und zuallererst die Mannschaftskollegen für ihre Mithilfe. Auch das dürfte zu seiner hohen Akzeptanz im Kader beitragen. Und wohl auch dazu, dass man ihm in Freiburg jetzt manche Bemerkung aus diesem Sommer verzeiht.

Es ist ja kein Geheimnis, dass Cissé lieber heute als morgen irgendwo einen Vertrag abschließen würde, der ihn sportlich und finanziell in andere Dimensionen katapultiert. Der Senegalese hat einmal der Stadionzeitung berichtet, wie dankbar er noch heute seinem Onkel dafür sei, dass der ihm - als er schon 16 war - das erste Paar Kickstiefel schenkte. Er empfände es als ungerecht, wenn nun nicht auch alle Mitglieder seiner Großfamilie etwas von seinem Erfolg abbekämen.

Und so sehr sie in Freiburg auch betonen, was für "ein guter Junge" dieser Cissé doch sei, weshalb er sich nun keinesfalls hängen lassen werde - um ganz sicher zu gehen, haben sie sein Gehalt gerade ein wenig aufgestockt. Dass er spätestens im kommenden Sommer nicht mehr zu halten sein wird, ist jedem Funktionsträger klar. "Wir sehen ihn jeden Tag im Training und wissen, wie gut er wirklich ist", sagt Dufner, "ich bin mir sicher, dass es auch im kommenden Sommer Interessenten für ihn gibt."

In dieser Sommer-Transferperiode ist der Manager hingegen hart geblieben. Selbst als kurz vor Toresschluss Newcastle United noch einmal 12 Millionen Pfund bot, willigte man nicht ein - wohl wissend, dass "Papiss da sicher gerne hin wäre", wie Dufner weiß. Zwar entsprechen die 13,7 Millionen Euro, die die Engländer zu zahlen bereit waren, ziemlich genau dem Lizenzspieler-Etat (wenngleich von der Summe abzüglich Steuern und Provisionen deutlich weniger übriggeblieben wäre). Andererseits ist der SC schuldenfrei und konnte daher die Angebote sondieren, ohne beim Anblick der Zahlen feuchte Hände zu bekommen. Das Risiko, ohne Cissé bald wieder zweitklassig zu spielen, bewertete man hingegen offenbar als sehr real - trotz präventiver Maßnahmen.

Schon vor Monaten hat sich der SC die Dienste von Garra Dembélé gesichert. Der Malier kam mit der Empfehlung von 34 Toren in 36 Pflichtspielen für Levski Sofia und sollte für den Fall parat stehen, dass Cissé nicht zu halten sein würde. Nun hat der SC mit einem Mal zumindest nominell eine mehr als ordentlich besetzte Offensivabteilung: Der ehemalige 1860er Stefan Reisinger spielte beim 3:0 gegen Wolfsburg im von Marcus Sorg erstmals einem Härtetest unterzogenen 4-2-3-1 auf der rechten Außenbahn, links kam Erik Jendrisek zum Einsatz, der sich nach Fitnessrückstand seiner einstigen Torgefährlichkeit wieder annähert. Und auf Dembélé, der eigentlich auf der Cissé-Position am besten aufgehoben ist, hält Dufner nach wie vor große Stücke. "Von seinen individuellen Fähigkeiten her ist das ein super Junge, er muss sich aber im taktischen Bereich noch ein wenig umstellen." Auch in München dürfte er über einen Kurzeinsatz nicht hinauskommen.

Dass Cissé beim Rekordmeister besonders ehrgeizig zu Werke gehen wird, da ist sich Marcus Sorg, der neue Trainer, hingegen sicher: "Für den Spieler ist das sicher keine normale Partie." Bayern, so hört man, hatte offenbar tatsächlich loses Interesse an Cissé angemeldet, zu einem offiziellen Angebot sei es aber nicht gekommen. Im Kreis der SC-Spieler hat das durchaus für Verwunderung gesorgt. Ein Stürmer, der bei einem Klub wie Freiburg 22 Treffer schieße, sei ja wohl mindestens so hoch einzuschätzen wie einer, der 25 für die Bayern erziele, heißt es im Kader. Schließlich bekomme ein Spieler in München ja ein Vielfaches an Torchancen, oder nicht?

© SZ vom 10.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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