Frauen-WM 2011: Stimmung:Glockenhell mit deutschem Cowboyhut

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Fahnen, Trikots, Gesänge in den Zügen, auf den Autobahnen, in der Stadt. 18 Millionen Zuschauer sitzen vor dem Fernseher und die deutschen Spielerinnen gewinnen nicht haushoch, sondern erfreulich knapp 2:1 gegen Kanada. Die Frauenfußball-WM ist in Deutschland angekommen.

Carsten Eberts, Berlin

Silvia Neid, die deutsche Bundestrainerin, sah fertig aus. Sie hatte gebangt, war in den letzten Spielminuten wüst in ihrer Coachingzone umhergestapft, hatte immer wieder Kommandos aufs Spielfeld geschrien, die ihre Nationalspielerinnen jedoch nicht mehr erreichten. "Das war ein verrücktes Spiel", sagte Neid schließlich, eine Dreiviertelstunde nach dem Spiel, erschöpft: "Am Ende dachte ich nur noch: Hoffentlich pfeift die Schiedsrichterin bald ab."

Die Schiedsrichterin beendete die Partie pünktlich - das deutsche Team hat sein Eröffnungsspiel gegen Kanada 2:1 (2:0) gewonnen. Der Auftakt zur Heim-WM ist gelungen. Ein frühes Tor von Kerstin Garefrekes (10. Minute) hatte Deutschland die Führung ermöglicht, die quirlige Célia Okoyino da Mbabi erhöhte kurz vor der Pause cool auf 2:0 (42.). Ein später Freistoßtreffer der Kanadierin Christine Sinclair (82.) brachte noch mal Spannung - doch am Ende ging alles gut.

Trotzdem, ein solch knappes Ergebnis hatten viele nicht erwartet. Gar ein 4:0 oder 5:0 im Eröffnungsspiel hätte niemanden überrascht. Sind andere Teams wie Kanada plötzlich so viel besser geworden? Oder hatte die deutsche Mannschaft einen schlechten Tag erwischt?

Wohl von beidem etwas. Neid kritisierte einiges: "Wir haben nicht das gezeigt, was wir bei dieser WM zeigen müssen", sagte die Bundestrainerin, "wir haben nur weit und hoch gespielt, sind den Kanadierinnen zeitweise hinterhergelaufen." Die Kanadierinnen hingegen waren angetan von ihrem eigenen Spiel. "Die Deutschen sind Riesen, die beste Mannschaft der Welt", sagte Sophie Schmidt in fast perfektem Deutsch: "Wir haben gegen sie sogar ein Tor geschossen. Das gab es bei der letzten WM nicht."

Fest steht: Die Frauenfußball-Weltmeisterschaft ist in Deutschland angekommen - und der Gastgeber marschiert keineswegs hochüberlegen davon. Keine Vorrunde, in der die Spiele 5:0, 6:0 und 8:0 ausgehen, sondern bereits zum Auftakt eine spannende Partie nahezu auf Augenhöhe. Das ist, irgendwie, eine gute Nachricht.

Die zweite Nachricht ist, dass das Publikum die WM annimmt. Und zwar fast besser, als von all den Unterstützern dieser Frauen-WM erhofft wurde.

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