Frauen im spanischen Sport:"Dafür gibt es nur ein Wort: verachtenswert"

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Eine Schwangerschaft als Kündigungsgrund? Im spanischen Sport gab es diese Praktik offenbar. (Foto: Mascha Brichta/dpa)

Dürfen Profivereine Sportlerinnen kündigen, wenn diese schwanger werden? In Spanien gibt es darüber ernsthaft eine Debatte - und es tauchen aberwitzige Klauseln auf.

Von Javier Cáceres

Es ist nicht immer einfach, Mutterschaft und Beruf unter einen Hut zu bringen. Dass es aber im 21. Jahrhundert in einem westeuropäischen Land möglich sein soll, derlei vertraglich zu untersagen, ist dann doch überraschend.

Das Land, um das es geht, ist Spanien, und der Niedriglohnsektor, der betroffen ist, der Frauen-Spitzensport. Eine Fußballtorhüterin, eine frühere Handballerin sowie eine Arbeitsrechtlerin bestätigten der Zeitung El Mundo die Existenz von Klauseln, die im Falle von Schwangerschaften den Verein dazu berechtigten, Verträge einseitig aufzulösen. Schwangerschaften stünden in einer Reihe mit Kündigungsgründen wie Doping oder vereinsschädigendem Verhalten in der Öffentlichkeit. In einigen Verträgen würde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Entschädigung bei Vertragsauflösung wegen Schwangerschaft ausgeschlossen sei.

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Durch Zufall stieß eine spanische Arbeitsrechtlerin auf den Vertrags-Passus

Die Arbeitsrechtlerin María José López González erklärte, sie sei durch Zufall auf die Klauseln gestoßen. Sie sei von zwei Basketballspielerinnen kontaktiert worden, die ausstehende Gehälter reklamieren wollten. Als sie in die Verträge schaute, habe sie ihren Augen nicht getraut: "Es handelt sich um Klauseln, die null und nichtig sind. Sei es auf Grundlage der spanischen Verfassung, dem Arbeiterstatut oder einschlägiger internationaler Abkommen". Der Fall sei auch der früheren Leiterin der obersten Sportbehörde Spaniens, Ana Muñoz, vorgetragen worden. Ihr Versuch, ihn aufzurollen, sei aber gescheitert. Die Basketballerinnen hätten ihre Verträge nicht offenlegen wollen, aus Angst vor Repressalien.

Das strukturelle Problem sei, dass das spanische Sportgesetz den Frauen-Spitzensport nicht als berufliche Tätigkeit einordne, damit fehle ein klarer Rechtsrahmen, schreibt El Mundo. López González hält dies für aberwitzig. Zwischen Sportlerinnen und Vereinen existiere sehr wohl eine Arbeitsbeziehung, aus der Rechte erwachsen, die durch eine "Antischwangerschafts-Klausel" mit Füßen getreten würden. Ein Vertreter des Basketball-Vereins Universitario Ferrol wiederum berichtete, nicht immer seien Vereine für solche Klauseln verantwortlich. Er erwähnte eine namentlich nicht identifizierte ausländische Spielerin, deren Manager auf einem "Mustervertrag" bestand, der eben eine solche Antischwangerschaftsklausel vorsah.

Dass vor allem junge Frauen unterschreiben, liegt daran, dass sie um jeden Preis spielen wollen

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Die frühere Handball-Nationalspielerin Begoña Fernández sagte, sie "dürfte in so ziemlich all meinen Verträgen eine solche Klausel gehabt haben". Dass sie vor allem von jungen Frauen unterschrieben würden, liege daran, dass "man um jeden Preis spielen will". Fernández berichtete, in einer ihrer Mannschaften sei einmal eine junge Spielerin wegen ihrer Schwangerschaft entlassen worden. Sie sei heimgegangen, habe eine Depression erlitten und dann das Kind verloren: "Wenige Tage später rief der Klub an, um ihr einen neuen Vertrag anzubieten. Für mich gibt es dafür nur ein Wort: verachtenswert."

Die Fußballtorhüterin Mariajo Pons, 32 und derzeit bei Real Saragossa aktiv, sagte, bei einem ihrer früheren Vereine eine Anti-Schwangerschaftsklausel im Vertrag gehabt zu haben. Sie identifizierte den Klub nicht, in Betracht kommen Sabadell, FC Barcelona, Levante, Espanyol Barcelona und Valencia. Mittlerweile seien die Fußballerinnen in der Spielergewerkschaft AFE aktiv. Doch Macht hätten sie im Gegensatz zu den Männern nicht. Entsprechend dürr sind die sozialen Errungenschaften: "Immerhin sind die Klubs gezwungen, Sozialversicherung abzuführen."

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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