Frankfurter 1:1 gegen Leipzig:Tutas Traum

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Und dann kam Tuta: Frankfurts Brasilianer ist nach seinem 1:1 gegen Leipzig ziemlich ausgelassen. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

In der Nachspielzeit verschenkt RB Leipzig den sicher geglaubten Sieg in Frankfurt. Es ist auch das Spiel der kuriosen Tore: Yussuf Poulsen trifft mit dem Hinterteil, dann gleicht ein Brasilianer in letzter Sekunde aus.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Es hatte ein bisschen Verwunderung gegeben, wer da auf dem Aufstellungsbogen bei Eintracht Frankfurt als Nummer 35 geführt wurde. Denn unter Lucas Silva Melo kennen die wenigsten den Brasilianer Tuta, der im Januar 2019 in die Bundesliga kam, dann einen Umweg über Belgien nahm, um in Deutschlands höchster Spielklasse Fuß zu fassen.

Am Samstagabend hat der 22-Jährige einen seiner emotionalsten Momente in der Mainmetropole erlebt, als der aufgerückte Innenverteidiger in der vierten Minute der Nachspielzeit den völlig überraschenden 1:1-Ausgleich für die Eintracht gegen Leipzig köpfte. "Natürlich bin ich sehr erfreut, dass ich mein erstes Tor für Frankfurt in einem schwierigen Spiel schießen durfte", sagte Tuta. "Wir haben uns für unsere Willenskraft belohnt."

Tuta, ein junger Mann aus São Paulo

Klar, dass der junge Mann aus São Paulo nach seinem ersten Bundesligatreffer im 22. Einsatz von seinen Mitspielern fast erdrückt wurde. Auf diese Punkteteilung hatte indes wenig bis nichts hingedeutet. Von einem "gefühlten Sieg", sprach Eintracht-Trainer Oliver Glasner und gab zu: "Wir haben uns schwer getan, kreativ zu sein. Aber für das Engagement sind wir belohnt worden, auch wenn es ein glücklicher Punkt war."

Die spielerisch überlegenen Sachsen müssen sich doppelt und dreifach ärgern, dass sie den sicher geglaubten Sieg einfach wegschmissen. "Wahnsinn, wir hatten alles im Griff und müssen das zweite Tor machen. Aber die Stürmer haben viele Chancen vergeben, und wir machen zu viele Fehler - und dann noch ein dummes Foul", kritisierte Jesse Marsch. "Hoffentlich können wir bald daraus lernen." Unter dem US-Amerikaner wartet der Vizemeister noch immer auf den Aufschwung.

Zuvor hatte ein ungewöhnlicher Treffer von Yussuf Poulsen (35.) die Führung gebracht: Der Däne hatte im Sprung den Ball mit dem hinteren Gesäßmuskel ins Tor bugsiert - eine selten gesehene Methode. Rückenwind für die nächste Aufgabe in der Champions League bleibt nach diesem Remis aus, wenn am Mittwoch Paris Saint-Germain mit seinem Sammelsurium an Bekanntheiten, allen voran Lionel Messi, in die Messestadt kommt.

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Eintracht-Keeper Trapp zeigt Prachtparaden

Bis dahin sollte aufgearbeitet werden, warum der in der Nachspielzeit nach vorne eilende Eintracht-Torhüter Kevin Trapp ausreichte, um in den Leipziger Reihen entscheidend Verwirrung zu stiften: Nach einem Freistoß von Filip Kostic stand Tuta bei seinem Kopfball in den letzten Sekunden mutterseelenallein. Der von Hansi Flick zuletzt nicht mehr berücksichtigte Nationaltorwart Trapp hatte seine Elf - wie schon beim einzigen Bundesligasieg beim FC Bayern (2:1) - mit seinen Prachtparaden überhaupt erst im Spiel gehalten.

"Ich fühle mich gut und versuche der Mannschaft zu helfen", sagte Trapp. "Das war natürlich sehr emotional, dass wir noch den Ausgleich gemacht haben. Das spricht für den Charakter unserer Mannschaft. Wir wissen, dass wir noch viele Dinge besser machen können; dass wir uns selbst in Bedrängnis bringen. Das müssen wir noch abstellen."

Der 31-Jährige war beim erlösenden 1:1 als Unruhefaktor mit dabei - und hatte so einen kurzen Weg zum Torschützen. Trapp war auf der Pressekonferenz so klug, seine Ansprüche in Sachen Nationalelf vorsichtig zu artikulieren. "Ich merke, dass es am besten ist, wenn ich mich voll auf meine Leistung konzentriere. Jeder kennt aber meine Ambitionen und Ziele."

Die Frankfurter Ultras bleiben dem Stadion noch fern

Nur 31 000 Besucher waren zu der Begegnung am Samstagabend in den Frankfurter Stadtwald gekommen, obwohl erstmals seit 20 Monaten alle 51 500 Plätze hätten belegt werden können. Doch weite Teile der Frankfurter Fanszene lehnen wegen der aktuellen Zugangsvoraussetzungen den Stadionbesuch immer noch ab. Bevor die Partie angepfiffen werden konnte, hatte es eine Schweigeminute für den am Mittwochmorgen verstorbenen Bernd Nickel gegeben.

Als die Szenen seiner von allen vier Ecken im Frankfurter Waldstadion verwandelten Eckstöße über den Videowürfel flimmerten, gab es einen letzten Applaus für den 72 Jahre alt gewordenen "Dr. Hammer", der in den 70er Jahren zu einer der prägenden Persönlichkeiten der Bundesliga gehörte.

Im Spiel begegneten sich Frankfurt und Leipzig in identischen Grundordnungen im 3-4-3-System, was dazu führte, dass beide Mannschaften zunächst große Probleme in der Spieleröffnung offenbarten. Kostic produzierte mit einer verunglückten Flanke ans Lattenkreuz zwar den ersten Aufreger (18.), doch bald sollte Leipzig das Kommando übernehmen.

Leipzig vergibt klarste Torchancen

Nach einer von Dominik Szoboszlai getretenen Ecke verlängerte Willi Orban und der einlaufende Poulsen lenkte die Kugel artistisch und eben mit seinem Hinterteil über die Linie. Allerdings hätte es diesen Standard gar nicht geben dürfen, weil nicht der Frankfurter Djibril Sow, sondern der Leipziger Josko Gvardiol den Ball ins Aus gespitzelt hatte. Doch in solchen Fällen hat der Videoassistent kein Recht zur Intervention.

Ein echtes Aufbäumen der Eintracht blieb auch nach der Pause aus, vieles wirkte zu hektisch und ungestüm. Es begann die Phase, in der die Leipziger in Person von Unruheherd Nkunku (60. und 69.) bereits beste Chancen aufs zweite Tor verschluderten. Die klarste Möglichkeit verpasste der eingewechselte Emil Forsberg, der aus fünf Metern freistehend das Spielgerät ins Fangnetz jagte (89.). Es sollte eine Aktion sein, die sich fünf Minuten später bitter rächen sollte.

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