Formel 1 in Monaco:Vettel vertraut - und gewinnt

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Sebastian Vettel feiert in der Fürstenloge von Monte Carlo. (Foto: REUTERS)
  • Der Triumph von Sebastian Vettel beim Grand Prix von Monaco erinnert an Michael Schumacher.
  • Erstmals seit 16 Jahren siegt im Fürstentum wieder ein Ferrari-Fahrer.
  • Vettels großer Konkurrent Lewis Hamilton verliert das Rennen bereits im Qualifying.

Von Philipp Schneider, Monte Carlo

Es kann auch in Monte Carlo manchmal langweilig sein, das Jahr hat ja auch hier mindestens 365 Tage. So gut wie nie aber passiert sehr wenig an dem einen Sonntag, wenn dort ein Formel-1- Grand-Prix ausgetragen wird. Und nun also das: Geduldig, fast behäbig schlängelten sich die Rennwagen nach einem Viertel des Rennens durch die 19 Kurven, und weil es ja auch bergauf geht auf dem Stadtkurs, sah es fast ein bisschen so aus wie an der Auffahrt zum Brennerpass zu Beginn der Skisaison. An der Spitze der Autokette fuhren die Ferraris von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel, dahinter hielt der Mercedes von Valtteri Bottas mit. Und neun Plätze dahinter erst rollte der Wagen von dessen Teamkollege Lewis Hamilton.

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16 Jahre nach dem Kerpener gewinnt mit Sebastian Vettel wieder ein Ferrari-Pilot in Monaco. Seine Taktik gegen Kollege Räikkönen zahlt sich aus - WM-Rivale Hamilton fällt zurück.

Es ist natürlich trotzdem noch unheimlich spannend geworden in Monte Carlo; auch wenn nicht überholt wird, ist es noch immer ein Rennen, das in den engen Gassen eines Fürstentums gefahren wird. Positionswechsel und Aufholjagden finden halt in der Boxengasse statt. Um kurz vor vier stand dann fest, was schon am Morgen zu erwarten gewesen war. Vorne waren zwei Ferraris, die den ersten Doppelsieg seit Hockenheim 2010 feiern durften. Zum ersten Mal seit 16 Jahren stand ein Fahrer der Scuderia ganz oben in der Loge von Fürst Albert und Fürstin Charlène: Es war Vettel, der die Position mit Räikkönen nach 39 von 78 Runden getauscht hatte.

Lewis Hamiltons Wagen tanzt wie ein störrisches Pferd bei der Dressur

Es war allerdings so: Dieser 75. Grand Prix von Monte Carlo wurde im Qualifying entschieden, das zur Folge hatte, dass der WM-Zweite Hamilton seinen Wagen am Sonntag von Platz 13 aus starten musste. Hamilton stand mit seinem Mercedes an der letzten Pinie bei Start und Ziel, weit entfernt von der Fürstenloge, neben der Vettel und Räikkönen warteten. Mercedes-Chef Toto Wolff hat ein aus seiner Sicht eher nerviges Rennwochenende verbracht.

Gefühlt kam alle zehn Minuten ein Journalist zu ihm, um sich zu erkundigen, ob das wirklich sein könnte, dass Wolffs Ingenieure den Mercedes zu ausladend ausgelegt hätten für Monaco, mit einem Radstand, der 16 Zentimeter größer ist als der von Ferrari? Hört mir auf, natürlich nicht, hat Wolff erklärt. Die Geschichte vom Auto, das zu opulent konzipiert wurde, um bei der Hafenrundfahrt flott in die engen Gassen zu biegen, diese Geschichte sei eine Räuberpistole. Das Problem sei ein anderes.

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Woraus die Probleme konkret resultierten, denen sich Hamilton im Qualifying ausgesetzt sah, nicht aber Bottas, der sich mit exakt demselben Setup für Platz drei qualifizierte, das konnte Wolff genauso wenig erklären wie der Fahrer. Hamiltons Auto hatte auf der Strecke auf unliebsame Weise getanzt wie ein störrisches Pferd bei der Dressur. Entweder hatten seine vorderen Reifen nicht die richtige Betriebstemperatur, oder die hinteren.

"Bei Valtteri war es am Anfang das gleiche", sagte Wolff: "Je länger die Qualifikation dauerte, umso besser wurde es. Vielleicht lag es daran, dass er mit der Zeit die Reifen besser verstanden und seinen Fahrstil angepasst hat." Er meinte: besser als Hamilton. Der nämlich passte seinen Fahrstil nicht an. Er fuhr, nachdem ihm im Qualifying das Heck weggebrochen war nach der langen Schussfahrt den Berg hinauf zum Casino, an die Box und klagte: "Leute, da stimmt was mit dem Auto nicht."

In Monte Carlo, hat Vettel gesagt, muss man dem Auto vertrauen. Nur wer seinem Auto vertraut, der rast mit Tempo 290 durch den Tunnel unter dem Hotel Fairmont; nur wer daran glaubt, dass die Technik unter dem eigenen Sitz nicht auseinanderfällt, der beschleunigt frohgemut aus der 180-Grad-Kurve La Rascasse. "Unser Auto ist eine Diva", sagte Wolff. Hamilton hat seiner Diva an diesem Wochenende nicht getraut. Die Ferraris dagegen, sie rollten auf wohltemperierten Reifen um den Port Hercule, als wären sie auf Schienen.

Hamilton setzte seine Hoffnung auf den Chefstrategen James Vowles, der ihn in Spanien aus scheinbar auswegloser Situation mit einem Boxenstopp zum Sieg taktiert hatte. "Wir müssen wohl ein paar Risiken eingehen. Wir haben den besten Strategen im Paddock. Er macht das im Schlaf", sagte der Brite. Dann bog das Fahrerfeld in die erste Kurve, und Hamilton war zumindest mal vorbei an dem McLaren von Stoffel Vandoorne. Überholen ist so gut wie unmöglich in Monte Carlo, erst Recht in diesem Jahr, in dem die Autos noch breiter sind.

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(Foto: Claude Paris/dpa)

Möge der Speed mit dir sein: Der Renault von Nico Hülkenberg wird von Star-Wars-Charakter R2D2 inspiziert.

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(Foto: Frank Augstein/dpa)

Weltmeister a. D.: Nico Rosberg zu Besuch bei seinen Kollegen. Der Wahlmonegasse hat Heimspiel.

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(Foto: dpa)

Über den Tellerrand: Fußballweltmeister Jérôme Boateng besucht das Fahrerlager. Auch Robert Lewandowski und Mats Hummels sind Fans der Formel 1.

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(Foto: Frank Augstein/dpa)

Keine Lücke: Sebastian Vettel versucht beim Start auf dem Boulevard Albert 1er an Kimi Raikkönen vorbeizuziehen, doch der Finne kommt zu schnell weg.

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(Foto: dpa)

Rotes Meer: Später zieht der Heppenheimer an seinem Teamkameraden vorbei - und darf mit ihm zusammen Champagner spritzen.

Olivier Panis ist 1996 mal als 14. gestartet und hat das Rennen gewonnen, aber damals hat es so stark geregnet, dass das Rennen sozusagen unter Wasser ausgetragen wurde. Nach elf Runden fuhren vorneweg die zwei Ferraris, gefolgt von Bottas. Ansonsten passierte nichts. Vier Runden später hatte der Renault von Nico Hülkenberg einen Motorschaden, er stellte ihn ab vor dem Tunnel, die Streckenposten winkten mit gelben Flaggen, und weil Perez an die Box fuhr, war Hamilton immerhin Zehnter. "Deine Zeit kommt noch", funkte Mercedes an seinen Spitzenfahrer.

Nach 34 Umdrehungen fuhr Max Verstappen als erster Fahrer aus der Spitzenguppe an die Box. Kurz darauf kamen auch Bottas und Räikkönen. Aber wer dachte, die Ferrari-Mechaniker würde nun am Wagen ihres Finnen etwas länger schrauben als notwendig, um die Rangfolge ihrer Fahrer heimlich zu tauschen, der sah sich getäuscht. Vettel lag nun erstmals in Führung, gefolgt von dem Red Bull von Daniel Ricciardo, der Dritter wurde.

Der WM-Führende nutzte die Zeit an der Spitze für einige schnelle Runden, zweimal fuhr er die bislang schnellste. Und nachdem er nach 39 Runden aus der Boxengasse rollte, lag er vor seinem Teamkollegen. "Das Auto ist fantastisch. Das Auto hat es gerichtet", funkte Vettel. Und Hamilton? Seine Zeit kam tatsächlich noch, in Runde 48 sortierte er sich mit frischen Reifen ein auf Platz sieben. Und dort blieb er bis zum Schluss.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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