Formel 1: Vettel ist Weltmeister:"Unglaublich! Danke Jungs! Ich liebe euch!"

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Als die Ungewissheit verflogen war, liefen die Tränen: Sebastian Vettel ist jüngster Formel-1-Weltmeister aller Zeiten. Untröstlich hingegen Fernando Alonso. Ferrari unterlief ein schwerer Fehler.

R. Hofmann

Als er ins Ziel fuhr, wusste Sebastian Vettel zunächst nur eines: Er hatte den Großen Preis von Abu Dhabi gewonnen. Was das bedeutete, fragte er am Funk seinen Renningenieur. Der gab zurück: "Och, es sieht ganz gut aus. Wir müssen aber noch auf ein paar andere Autos warten." Wenig später meldete er sich wieder bei Vettel: "Glückwunsch, du bist Weltmeister!"

Mit 23 Jahren jüngster Formel-1-Weltmeister der Geschichte: Sebastian Vettel aus Heppenheim. (Foto: AFP)

Platz zwei für Lewis Hamilton, Platz drei für Jenson Button (beide McLaren), Rang vier für Nico Rosberg (Mercedes), Fünfter Robert Kubica, Sechster Witali Petrow (beide Renault) - das bedeutete, dass für Fernando Alonso (Ferrari) und Vettels Red-Bull-Kollegen Mark Webber lediglich die Plätze sieben und acht blieben. Und das wiederum bedeutete: Vettel hatte es auf den letzten 55 Runden der Saison 2010 ganz hinauf in der Fahrerwertung geschafft, zu seinem ersten WM-Titel. Die Erkenntnis war ein wenig viel für den 23-Jährigen. "Unglaublich. Danke Jungs. Ich liebe euch", gab er mit stockender Stimme am Funk zurück.

Weitere Glückwünsche ließen nicht lange auf sich warten. Für Red-Bull- Chef Dietrich Mateschitz war der WM-Ausgang "einfach gewaltig": "Mit diesem Ergebnis hätten wir nicht mehr gerechnet." Teamchef Christian Horner nannte das Resultat "phantastisch". Für Helmut Marko, den Motorsport-Berater der Firma, hatte Vettel "eine super Fahrt" gezeigt: "Der würdigste Mann hat in eindrucksvoller Manier gewonnen, ohne Stallregie."

Auch einige Rivalen bestellten Glückwünsche. "Er hat ein phantastisches Jahr hinter sich. Da waren auch ja auch ein paar Rückschläge dabei, für die er nicht immer was konnte", meinte Michael Schumacher, "der letzte Teil der Saison war einfach toll und geradeaus." Lewis Hamilton, Weltmeister des Jahres 2008, sagte: "Gratulation an Sebastian. Er hat dieses Jahr wirklich einen guten Job gemacht."

Einfach war der Weg zum Titel für Vettel nicht. Als er sich nach der Siegerehrung etwas gefangen hatte, ordnete er das Erlebte ein: "Das war eine unglaubliche Reise", sagte er. Und, stellvertretend für alle Titelkandidaten, in diesem Jahr: "Wir können alle ein Buch schreiben, was alles falsch laufen kann." Besonders spannend in diesem Buch ist das Schlusskapitel von Fernando Alonso. Der Spanier, der als WM-Führender ins Rennen gestartet war, wurde durch eine schlechte Taktik seines Ferrari-Teams um die Chance auf seinen dritten Titel nach 2005 und 2006 gebracht.

Alonsos Dilemma begann bereits am Start: Während Vettel vom besten Startplatz aus die Führung gegen Hamilton behauptete, schob sich Button an Alonso vorbei. Der Spanier fiel damit auf Rang vier zurück. Sein Vorsprung im Fahrerklassement schmolz so schon bedrohlich zusammen.

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Die Szene war nicht die einzige aufregende in der ersten Runde: Michael Schumacher rutschte im Mittelfeld von der Ideallinie. Vitantonio Liuzzi konnte nicht ausweichen. Er traf mit seinem Force India Schumachers Mercedes schwungvoll an der Fahrgastzelle. Viele Trümmer lagen auf der Strecke. Bis sie weggekehrt waren, gab das Safety Car das Tempo vor. Als es das Rennen wieder freigab, demonstrierte Vettel Klasse: Geschickt hielt er beim Neustart Hamilton auf Distanz. Anschließend setzte er sich ab. In dem Moment hätte er etwas Hilfe von seinem Teamkollegen Webber gut brauchen können. Der Australier lag auf Platz fünf - unmittelbar hinter Alonso.

Webber konnte Alonso aber nicht attackieren. Im Gegenteil. Er hatte Mühe, dem Ferrari-Rivalen zu folgen. Bereits in Umlauf 13 absolvierte er einen frühen Reifenwechsel - womit er auf Rang 16 zurückrutschte. Die Aktion hatte für Vettel trotzdem etwas Gutes: Sie lockte Ferrari in eine Taktik-Falle. Aus Angst vor Webber zog das italienische Team Alonsos Boxenstopp vor, was den Titelkandidaten weit ins Mittelfeld abrutschen ließ. Um nicht zu viel Zeit - und damit entscheidende Plätze - auf Vettel zu verlieren, hätte er schnell am Russen Witali Petrow vorbei gemusst.

Doch der Renault-Fahrer blieb cool - und Alonso chancenlos. "Wir wissen, du tust dein Bestes. Aber es ist wirklich wichtig, dass du vorbeikommst", bekam Alonso von seinem Renningenieur am Funk gesagt. Die Anfeuerung half nichts. Alonso riskierte viel, geriet kurz neben die Strecke - aber vorbei kam er nicht.

Vettel konnte das gefallen. An der Spitze fuhr er ein einsames Rennen, bis auch er in Runde 25 die Reifen wechseln ließ. Für den gelungenen Stopp gab es Szenenapplaus von Teamchef Christian Horner, der wusste: Sein Mann hatte jetzt mehr als eine Hand an der WM-Trophäe. Mit der schlechten Reifenwechsel-Taktik hatte Ferrari Alonso ohne Not in eine schlechte Lage manövriert. "Es wird ein wenig dauern, diese Enttäuschung zu verwinden", sagte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. Alonso selbst gab sich im Ziel versöhnlich: "Hinterher ist man immer klüger, wenn man über die Strategie redet", sagte er. Auf der Auslaufrunde hatte er Petrow noch mit unfreundlichen Gesten gegrüßt.

Auch Webber, der ein enttäuschendes Wochenende erlebt hatte, gab sich im Ziel als Sportsmann: "Ich war in den entscheidenden Momenten einfach nicht schnell genug. Seb hat das gut gemacht."

© SZ vom 15.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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