Formel-1-Rennen in Spa:Großes Glück im Trümmerfeld

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Sebastian Vettel wird im turbulenten Formel-1-Rennen von Spa Zweiter hinter Jenson Button. Er profitiert dabei auch von einem Unfall am Start, in den unter anderem der WM-Führende Fernando Alonso verwickelt ist. Wer Schuld hat, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.

Michael Neudecker, Spa-Francorchamps

Fernando Alonso verbreitete dann via Internet ein Statement, es gehe ihm gut, schrieb er, und er denke "zu hundert Prozent bereits an Monza", da lief beim Rennen in Spa gerade die 23. Runde. In Monza findet am kommenden Wochenende das nächste Rennen der Formel 1 statt, und dass der WM-Führende sich schon damit beschäftigte, während in Spa noch gefahren wurde, war tatsächlich eine gute Nachricht: Gewiss, weil Jenson Button gewann und Sebastian Vettel Zweiter wurde, ist Alonsos Vorsprung im Klassement geringer geworden, aber es war ja nicht selbstverständlich, dass es Fernando Alonso gut ging jetzt. Er hatte Glück gehabt, ziemlich viel Glück sogar.

Unfall gleich nach dem Start: Romain Grosjean (oben) fliegt über Fernando Alonso. (Foto: dpa)

Als die Autos nach der Einführungsrunde auf ihren Startpositionen parkten, ganz vorne Jenson Button, dahinter Kamui Kobayashi, Kimi Räikkönen, Sergio Perez und dann Alonso, stieg von Kobayashis Wagen plötzlich Rauch auf: die Bremsen qualmten. Charlie Whiting, der Renndirektor des Weltverbandes Fia, sah den Rauch von seinem Kommandostand an der Start- und Ziellinie aus, entschied sich aber gegen einen Startabbruch, die Ampeln schalteten auf rot, ein Licht nach dem anderen ging aus, und bald darauf sah man Wihting, wie er oben stand und energisch den Kopf schüttelte. Der Start des Großen Preises von Spa war, gelinde gesagt, chaotisch.

Zuerst zog Pastor Maldonado vor der Startfreigabe nach innen und schoss von Platz sechs aus nach vorne, dann versuchte auch Romain Grosjean, sich nach vorne zu drängeln, schräg vor ihm fuhr Lewis Hamilton. Grosjean lenkte nach rechts, Hamilton konnte nicht ausweichen, und Grosjean fuhr Hamilton seitlich gegen den Reifen, er geriet ins Schleudern, rammte den direkt davor fahrenden Sauber von Sergio Perez. Grosjean hob ab, er flog tatsächlich, und dann landete er auf Alonsos Ferrari.

Es war ein heftiger Crash noch in der ersten Kurve des Rennens, Grosjeans Wagen verfehlte Alonsos Helm nur knapp, und während Hamilton sofort ausstieg und sichtlich erbost zu Grosjean hinüberging, blieb Alonso sitzen. Die Rennärzte halfen ihm schließlich aus dem Wagen, er wurde untersucht, außer einem gewaltigen Adrenalinstoß war ihm offenbar aber nichts widerfahren.

Grosjean befand hinterher merkwürdigerweise, der Unfall sei "nicht meine Schuld gewesen", nicht nur die Fia aber sah das anders. Während Maldonado wegen seines Frühstarts und einer späteren, kleineren Kollision beim nächsten Rennen in Monza in der Startaufstellung um zehn Positionen zurückversetzt wird, wird Grosjean für ein Rennen gesperrt, zudem muss der Lotus-Pilot 50 000 Euro Strafe bezahlen. "Jeder hat gesehen, was passiert ist", sagte Hamilton.

Er selbst, Grosjean, Perez und eben Alonso waren infolge des Unfalls schon nach wenigen Metern ausgeschieden, für Alonso war das der erste Ausfall seit Juni 2011. Zunächst profitierte Michael Schumacher von den Turbulenzen am Start, er wurde von Startplatz 13 auf Rang fünf katapultiert, am Ende aber reichte das nicht für eine vordere Platzierung . Völlig unberührt fuhr von Anfang bis Ende Jenson Button zu seinem zweiten Saisonsieg, aber Spa 2012 hatte nicht nur einen Sieger. Sondern vier.

Nico Hülkenberg fuhr durch das Trümmerfeld in der ersten Kurve von Rang elf vor auf Platz zwei, am Ende wurde er Vierter, es war das beste Resultat seiner Karriere. Direkt vor ihm landete Kimi Räikkönen, der damit im Gesamtklassement auf Rang vier vorrückte. Und dann Sebastian Vettel: Wenn Alonso einmal nicht gewinne, müsse man selbst da sein, das hatten Vettel und sein Team vor dem Rennen oft betont, und nun also gelang Vettel genau das. Durch seinen zweiten Platz verringerte er den Rückstand auf Alonso auf nur noch 24 Punkte.

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Nach dem Rennen sollte Christian Horner den turbulenten Start bewerten, der Teamchef von Red Bull sagte, Grosjean habe Hamilton keinen Platz gelassen, "da hätte Schlimmeres passieren können, das war heftig". Weil dadurch aber Alonso - unverletzt - ausfiel, fügte Horner an: "Wir haben dem natürlich nicht allzu sehr hinterhergeweint", er grinste. Alonsos Ausfall war schließlich Vettels Chance.

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Dabei hatte dieses erste Rennwochenende nach fast fünf Wochen Pause für Vettel nicht gerade vielversprechend begonnen: Am Samstag schied er, der Weltmeister der vergangenen beiden Jahre, im Qualifying schon im zweiten Abschnitt aus, er war Elfter, und nur, weil sein Teamkollege Mark Webber gezwungenermaßen einen unerlaubten Getriebewechsel vornehmen musste und um fünf Plätze nach hinten versetzt wurde, rückte Vettel in der Startaufstellung um einen Platz auf den zehnten vor. Platz zehn beim Start: Sebastian Vettel war ziemlich sauer am Samstagabend.

Am Sonntagnachmittag dagegen war er, wie er sagte, schlichtweg: "glücklich".

Der Startunfall allerdings half Vettel zunächst nicht, im Gegenteil, als die Streckenposten die herumliegenden Teile von der Straße gekehrt hatten und das Safety Car in der fünften Runde die Strecke wieder verließ, war Vettel Zwölfter. Es folgte ein Rennen, das ähnlich spektakulär war wie der Start, mit zahlreichen Überholmanövern, und einmal, es war in der 34. Runde, überholte Räikkönen Vettel, es war so ein Manöver, das die Zuschauer von ihren Sitzen aufspringen lässt: Im Start- und Zielbereich, der eine Art Hochgeschwindigkeitsschikane bergauf ist, scherte Räikkönen hinter Vettel aus, er schoss durch die Schikane rasend an Vettel vorbei.

Später profitierte Vettel dann aber von einem Boxenstopp Räikkönens, und der Finne brüllte zwar kurz vor Schluss auf die Bitte seines Teams, Gas rauszunehmen und sicher ins Ziel zu fahren, laut "full power!" in den Teamfunk. Aber Vettel ließ ihn nicht noch einmal vorbei.

© SZ vom 03.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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