Formel 1: Michael Schumacher:Der Herr der Baustellen

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"Wir sind leider alle keine Magier": Michael Schumacher gibt sich trotz seiner schlechten Comeback-Bilanz weiterhin optimistisch - nicht für den Grand Prix in Montreal, aber auf lange Sicht.

Elmar Brümmer, Montreal

Die Hände gefaltet, die Stirn leicht gerunzelt, den Blick nach vorn gerichtet, so sieht das also aus, wenn sich ein Rekordweltmeister auf den nächsten Erfolg vorbereitet. Überlebensgroß hängt dieses Werbefoto im Pavillon des Mercedes-Rennstalls beim Großen Preis von Kanada.

Immer noch nicht glücklich mit seinem Comeback: Michael Schumacher. (Foto: dpa)

Es wurde vor Saison Nummer zwei des von Daimler-Chef Dieter Zetsche ausgerufenen deutschen Dream-Teams aufgenommen. Angesichts der Bilanz in den ersten sechs Rennen wirkt die Pose von Michael Schumacher inzwischen wie die eines Bittstellers. Mercedes GP, derzeit nur die vierte Kraft in der Formel 1, muss wieder auf Zeit spielen und spricht schon verdächtig oft von einem nochmaligen Neuanfang im kommenden Jahr.

Der Protagonist lehnt dennoch lässig vor der Werbetafel. 14 Punkte beträgt seine magere Ausbeute bisher. Ob er überhaupt weiß, dass er gerade auf Platz elf der Fahrerwertung liegt, 129 Zähler hinter Spitzenreiter Sebastian Vettel? "Die Erfolge der Vergangenheit sichern einem leider keine Erfolge in der Zukunft", sagt der 42-Jährige, "wenn du dir irgendwann eine Baustelle eingehandelt hast, ist es manchmal schwierig, die schnell zu schließen."

Sein Baustellenfahrzeug heißt MGP W02, die Schwachpunkte liegen bei den Hinterreifen, dem Auspuff und der Kühlung. Mercedes-Teamchef Ross Brawn, der angesichts des holpernden zweiten Anlaufs ebenso stark unter Druck geraten ist, spricht offen davon, wie frustrierend die Situation sei.

Schumachers Teamkollege Nico Rosberg, mit 26 Zählern WM-Sechster, hat tapfer gesagt, dass er "optimistisch" sei. Er schien gar nicht gemerkt zu haben, dass er dabei mit den Schultern zuckte. Für den 25-Jährigen geht es um den nächsten Schritt in seiner Karriere. Angeblich möchte ihn Mercedes bis 2016 verpflichten. "Das Potenzial ist da, wir müssen nur einen Weg finden", sagt der Rennfahrer.

Er fühle sich wohl, er habe Vertrauen in die Technik. "Das Team steht da wie eine Eins. Ganz klar, diese Mannschaft wird Erfolg haben." Nachsatz: "Früher oder später." Kurz vor Saisonbeginn nach einer Fabel-Testzeit noch der Geheimfavorit, fortan trotz mehrmaliger Überarbeitung nur Mittelmaß. In der Qualifikation sieht es meist ganz gut aus, im Rennen folgt häufig der Absturz inklusive Überrundung.

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Das Auto hat einen zu hohen Reifenverschleiß, dabei ist es besonders wichtig, den Wagen reifenschonend bewegen zu können. In Monte Carlo erlebten die Silberpfeile ein Debakel mit ihren Gummis, und Montreal ist tendenziell noch viel anspruchsvoller für die Pneus. Ob man nun das Schlimmste befürchten müsse? "Mit Furcht gehe ich nicht in ein Rennwochenende", sagt Rosberg. Die generelle Prognose macht allerdings wenig Mut: "Es wird schwierig, in diesem Jahr noch Spitze zu werden."

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Runter vom Gas, Entwicklung stoppen, sich bereits auf die nächste Saison konzentrieren - das war die Taktik aus dem vergangenen Jahr. Über den Winter hat das Team dann neue Strukturen bekommen. Allerdings keine drastische Budgeterhöhung und keinen Stardesigner, das sind die auffälligsten Unterschiede im Vergleich zum Spitzentrio Red Bull/McLaren/Ferrari. "Silberpfeile noch schwächer als 2010", urteilt das Fachorgan Auto, Motor und Sport.

In der ohnehin schon bescheidenen Erwartungshaltung für 2010 sind regelmäßige Podestplätze das Minimalziel, ein Sieg wäre eigentlich Pflicht, der Titel soll in der finalen Saison des Drei-Jahres-Planes gewonnen werden. Das Auto hat - unter optimalen Bedingungen - durchaus Potential, man kann dieses Potential nur nicht nutzen. Auch für die Beteiligten selbst ein Rätsel, an dessen Lösung man sich langsam herantasten muss, während die anderen Rennställe in dieser Zeit weiterhin Fortschritte machen.

Michael Schumachers Comeback-Bilanz liegt nun bei 25 Rennen ohne Podiumsplatz, was für eine Geduldsprobe. "Baustelle" nennt er das Problem an seinem Rennwagen, und dafür gäbe es nun mal keine schnellen Lösungen. "Aber wir arbeiten daran. Alles, was wir jetzt investieren, können wir ins nächste Jahr mitnehmen." Das kommt einem bekannt vor aus dem vergangene Jahr. "Tja", sagt Schumacher, "wir sind leider alle keine Magier."

Man sei auf dem Weg, etwas Großes aufzubauen, und müsse dabei auch ein paar Schikanen bewältigen. Das dauere manchmal eben, und manchmal auch länger. "Aber dafür hat mich Mercedes ja geholt, für eine klare Analyse. Ich weiß, das ist von außen schwer zu verstehen, aber ich glaube an den Drei-Jahres-Plan. Red Bull hat auch vier oder fünf Jahre gebraucht, wieso sollen wir das in anderthalb Jahren schaffen?" Vielleicht, weil genau das Michael Schumacher erwartet wird.

© SZ vom 11.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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