Formel 1 in Imola:Hier Aufstieg, dort Abstieg

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In der richtigen Spur: Die gut gelaunten Ferrari-Piloten Carlos Sainz (links) und Charles Leclerc. (Foto: Thomas Fuessler/Imago/Eibner)

Vor dem Großen Preis der Emilia Romagna wird die Fallhöhe in der Formel 1 deutlich: Während Charles Leclerc von Sieg zu Sieg fliegt und mit dem Erwartungsdruck umgehen muss, fängt Sebastian Vettel von vorne an.

Von Elmar Brümmer, Imola

Rivazza. Tosa. Tamburello. Beinahe jede Kurve im Autodromo Enzo e Dino Ferrari hat einen großen Klang, viele besitzen dazu eine große Geschichte. Der Große Preis der Emilia Romagna lädt ein zur Zeitreise, auch wenn er nur als Ersatz für einen chinesischen Grand Prix in den WM-Kalender gerutscht ist. Immerhin als Europa-Auftakt. Perfektes Timing, dass nach drei Rennen mit Charles Leclerc ein Ferrari-Pilot zum Kronprinz der Königsklasse aufgestiegen ist, und vor ausverkaufter Naturkulisse sein erstes Heimspiel hat. Eine sportliche Bewährungsprobe, aber auch ein Test für den Umgang mit dem Erwartungsdruck.

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Der Rennfahrer will sich als Co-Investor am Kauf des englischen Fußballklubs beteiligen. Weitere prominente Sportler könnten sich anschließen.

Wie hoch der ist, konnte der 24 Jahre alte Monegasse schon Anfang der Woche feststellen, als er bei einem Besuch im toskanischen Badeort Viareggio in einer dunklen Gasse von Fans umringt wurde und am Ende seine Armbanduhr im Wert über 300 000 Euro fehlte. Der Herausforderer von Titelverteidiger Max Verstappen musste dazu auch lernen, dass jedes Wort in seiner neuen Rolle als Favorit in der Formel 1 überlegt sein will.

Die Einschätzung, dass der niederländische Rivale und er sich während der gemeinsamen Zeit im Kartsport "gehasst" hätten, relativierte er schnell. Die Ursache für ihre frühen Konfrontationen liege nicht in persönlichen Animositäten, sondern in grundsätzlich unterschiedlichen Fahrstilen. Aber alles Schlechte habe ein Gutes: "Wir konnten trotzdem beide unseren Traum von der Formel 1 wahr machen. Heute haben wir einen großen Respekt voreinander entwickelt."

In einem Auto voller Probleme: Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel. (Foto: Andrej Isakovic/AFP)

Ähnlich abgeklärt versucht die neue Numero uno mit der Favoritenrolle umzugehen. Dazu muss sich Leclerc nicht zehn, sondern nur zwei Jahre zurückerinnern. Der mit 34 Punkten Vorsprung souveräne WM-Führende hat seinem Rennstall empfohlen, sich auf die eigene Weiterentwicklung zu konzentrieren und nicht auf Red Bull Racing oder Mercedes. Er habe in den letzten beiden chancenlosen Rennjahren eins gelernt: "Durch Fokussierung haben wir viel mehr wertvolle Erkenntnisse gewonnen, als wenn wir darauf geguckt hätten, was die anderen tun."

Eine Blaupause, die auch von Rot auf Dunkelgrün, der Farbe von Aston Martin, übertragen werden könnte. Wer die Qualität des Aufstiegs von Charles Leclerc richtig einordnen möchte, der schneidet sie am besten mit dem Abstieg von Sebastian Vettel gegen. Der viermalige Weltmeister aus Heppenheim ist zusammen mit Mick Schumacher einer von zwei Fahrern ohne jeden WM-Punkt, sein Aston Martin-Rennstall das einzige punktlose Team überhaupt. Jener Vettel, der der Scuderia Ferrari vor dem Siegeszug nach dem Reglementeinschnitt in dieser noch jungen Saison das letzte Erfolgserlebnis beschert hatte - den Sieg im Herbst 2019 beim Nachtrennen von Singapur. Es war der Anfang vom Ende der Führungsrolle Vettels im italienischen Team. Auch Rennstallchef Mattia Binotto verlor den Glauben an den ehemaligen Champion, schließlich wurde der Deutsche zum Opfer von Machtspielen in der erfolgslosen Scuderia. Liebling Leclerc hingegen erhielt einem Fünf-Jahres-Vertrag bis Ende 2024.

Vettels Dienstauto: Zu schwer, zu langsam und alles andere als zuverlässig

Gefestigte Verhältnisse herrschen nun also in Maranello, anders als in Silverstone, wo Vettel nun abermals mit Problemen zu tun hat. Das Engagement beim Team des kanadischen Multi-Milliardärs Lawrence Stroll 2021 war zunächst eine Karriereverlängerung, mit der Vettel kaum noch rechnen konnte. Ein Argument für seine Verpflichtung: er wisse, wie man in der Formel 1 siegt. 53mal hatte er es zuvor bewiesen. Doch schon vergangenes Jahr konnte sich der Heppenheimer nur schwer anpassen, in diesem Jahr verpasste er die ersten beiden Rennen wegen einer Covid-Infektion, der Kaltstart in Melbourne geriet zum Desaster. Sein Dienstauto ist zu schwer, zu unberechenbar, zu langsam und alles andere als zuverlässig.

Der Druck ist mindestens so hoch wie der auf Leclerc. Sebastian Vettel erinnert sich, wie er als Kind nach Imola kam, und wie er später ganz in Rot gefeiert wurde: "Es ist immer etwas Besonderes, hierhin zurückzukehren." Das Ambiente allein garantiert indes noch keine Punkte: "Bei uns ist noch eine Menge zu tun, aber es kommt auch noch eine Menge in den nächsten Wochen und Monaten. Der Teamgeist ist ungebrochen." Noch sei es zu früh, über seinen auslaufenden Vertrag nachzudenken, erst müsse die Richtung klar sein, was mehr als nur eine technische Frage ist, sondern auch der Motivation und Geduld. "Mein Fokus liegt auf dem Jetzt", sagt Vettel, "wir gucken darauf, wieder hochzukommen, das geht nicht an einem Tag, nicht in einem Monat."

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