Formel 1:Flotter Dreier dank Max Verstappen

Lesezeit: 3 min

Schon ein Titelkandidat? Max Verstappen, hier vor dem Grand Prix in Mexiko. (Foto: AFP)
  • In São Paulo geht die Formel-1-Saison 2017 in ihr vorletztes Rennen, doch die Fans können sich schon auf 2018 freuen.
  • Dank Max Verstappen steht ein Dreikampf mit Lewis Hamilton und Sebastian Vettel um den Titel bevor.
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Von Elmar Brümmer, São Paulo/München

Für all jene in der Formel 1, für die es um nichts mehr geht beim Großen Preis von Brasilien, beginnen jetzt schon die Probefahrten für die nächste Saison. Dabei werden nicht nur Teile getestet, sondern auch Typen. In diesem Fall: Sieger-Typen. Der Mann der Stunde heißt nicht Lewis Hamilton, sondern Max Verstappen: Er hat, wie der britische Weltmeister, zwei der vergangenen vier Rennen gewonnen, und er hat dabei sogar zehn WM-Punkte mehr geholt als der Champion. Wäre der Red-Bull-Renault des Niederländers nicht in den ersten beiden Dritteln der Saison in sieben von 14 Rennen ausgefallen, hätte er im Titelrennen schon 2017 ein Wörtchen mitzureden gehabt. Aber 2018, in seinem vierten Jahr in der Königsklasse, soll es soweit sein.

Die Formel 1 hätte endlich das, was ihr noch fehlt: einen echten Dreikampf an der Spitze. Sebastian Vettel, alles andere als ein Verstappen-Freund, sieht der neuen Konkurrenz nach dem gerade verlorenen Duell gegen Lewis Hamilton sogar eher freudig entgegen: "Wenn es mehrere sind, die mitkämpfen, ist es mir umso lieber. Das bringt Abwechslung rein."

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Der Finne fährt in São Paulo auf die Pole Position. Sebastian Vettel startet von Rang zwei, Weltmeister Lewis Hamilton nach einem Crash ganz hinten.

Die Pannen zu Beginn der Saison nervten ihn gewaltig

Dass die Scouts von Red Bull mit dem 20 Jahre alten Verstappen tatsächlich ein großes Talent entdeckt haben, zeigte sich spätestens im vergangenen Jahr in Brasilien: Der gefürchtete Platzregen hatte die ohnehin schon rutschige und tückische Berg- und Talbahn noch ein bisschen unberechenbarer gemacht. Als es langsam abzutrocknen begann, blieben die etablierten Piloten sicherheitshalber auf der Ideallinie, auch wenn die noch feucht war. Verstappen aber hatte entdeckt, dass der Asphalt am äußeren Fahrbahnrand für seinen Rennwagen am griffigsten war, und so machte er im Wortsinn das, was man im Branchenjargon "Kreise um die anderen fahren" nennt: er legte bei seinem Sprung von Platz 16 auf den dritten Rang so viel fahrerisches Geschick an den Tag, dass auch die letzten Zweifler, die in dem bis dato ungestümen Rennfahrer nur einen Pistenrüpel gesehen hatten, von seiner Güte überzeugt waren. "Unglaublich", stöhnte Ex-Weltmeister Niki Lauda.

Der Mercedes-Aufsichtsrat ahnt natürlich auch, was im nächsten Jahr an neuer Konkurrenz auf seine Silberpfeil-Fahrer zukommt. Würde Red Bull nicht an den Schwächen des Renault-Motors leiden, wäre der aus Österreich finanzierte Rennwagen wohl schon in dieser Saison dauerhaft gleichauf gewesen. Immer noch behauptet Teamchef Christian Horner, dass er in dem Duo Max Verstappen und dem Australier Daniel Ricciardo die beste Fahrerpaarung im ganzen Feld besitzt. Weshalb Mercedes mit Sicht auf die mittelfristige Zukunft unbedingt um einen der beiden hätte buhlen müssen - was wiederum so vehement bestritten wird, dass fast was dran sein muss.

Verstappen und sein impulsiver Vater Jos waren zur Saisonmitte von den ständigen Pannen so gefrustet, dass ein Abwerbeversuch durchaus Chancen gehabt hätte. Aber Red Bull weiß um seinen Rohdiamanten, dessen Talent in einem Rad-an-Rad-Duell auch mal 30 fehlende PS wettmachen kann. Verstappens Vertrag wurde gerade vorzeitig bis Ende 2020 verlängert, vom Gehalt her soll er sich in Hamiltonschen Dimensionen bewegen - also in Richtung 30 Millionen Euro. Eine Ausstiegsklausel gibt es nicht. Dass der Kontrakt auch einen Nummer-Eins-Status enthält, wird vom Arbeitgeber bestritten.

2018 will Red Bull an die Anfänge des Jahrzehnts anknüpfen, als mit Sebastian Vettel und einer Wunderkonstruktion von Adrian Newey vier Titel in Serie eingefahren wurden. Die späte Renaissance in dieser Saison kann man auch als Frühform werten. "Ich denke, dass wir derzeit das beste Auto haben", frohlockt Verstappen junior, um die Stärke der aerodynamischen Weiterentwicklung beim Team aus Milton Keynes wissend. "Max hat gewaltig an Selbstbewusstsein gewonnen in den vergangenen Wochen", weiß Jos Verstappen, "er wird immer sicherer und kann sich sogar ein paar gewagte Manöver leisten. Das ist es doch, was wir alle sehen wollen." Der Vater/Manager bestätigt, dass der erfolgreiche Wandel des Teams im Laufe der Saison zu der Entscheidung beigetragen hat, bei Red Bull Racing zu bleiben: "Es geht jetzt in die richtige Richtung." Und wer weiß, ob der ungeliebte Partner Renault nicht irgendwann durch einen Motorenlieferanten namens Porsche ersetzt wird.

Dass Verstappen kurz vor der Podiumszeremonie in Austin der dritte Platz aberkannt wurde, weil er mit allen vier Reifen die Strecke verlassen hatte, sorgte für großen Knatsch mit den Funktionären, begleitet von drastischen Beleidigungen und halbherzigen Entschuldigungen. Aber auch damit gewinnt ein Nachwuchs-Rennfahrer, falls man einen jungen Mann mit der Erfahrung aus 58 Formel-1-Rennen und mit drei Siegen noch so bezeichnen darf, an Profil. Gleich in seinem zweiten Jahr hatte er praktisch alle Etablierten gegen sich aufgebracht, weil er eine mindestens ähnliche Rücksichtslosigkeit wie die Stars an den Tag legte. Das hatte es in dieser - erfolgreichen - Form zuletzt bei Michael Schumacher gegeben.

Aufgrund des schlechten Saisonstarts rangiert Max Verstappen derzeit nur auf Rang sechs der Fahrer-WM. Das ist ihm aber nach dem jüngsten Sieg in Mexiko herzlich egal: "Ich bin nicht glücklich, dass ich immer noch Sechster bin. Aber auf der anderen Seite ist es egal, ob man Zweiter oder Sechster ist - beides ist nicht Erster." Damit ist das Ziel für das nächste Jahr klar umrissen.

© SZ vom 12.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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