Formel 1 am Nürburgring:Der Mann an Vettels Seite

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Was sich mag, das neckt sich: Vettel (rechts) und Räikkönen bei der Siegerehrung (Foto: dpa)

Kimi Räikkönen liefert sich am Nürburgring ein packendes Duell mit Sebastian Vettel. Dabei wird der Finne intensiv als neuer Teamkollege des Weltmeisters für die kommende Saison gehandelt. Im Red-Bull-Rennstall würde dann eine ungewohnte Harmonie einkehren.

Von Lisa Sonnabend, Nürburgring

Auf der Rennstrecke hatten sie sich so heftig beharkt wie einst Ayrton Senna und Alain Prost. Später während der Pressekonferenz sitzen sie nebeneinander - doch anstatt sich zu provozieren, geben sie sich gegenseitig Komplimente. "Kimi hat sehr gepusht", meint Sebastian Vettel. "Ich respektiere ihn sehr." Kimi Räikkönen, dem es hauchdünn nicht mehr gelungen war, den Deutschen beim Rennen am Nürburgring einzuholen, sagt anerkennend: "Ich habe versucht zu gewinnen, aber er war zu gut."

Räikkönen und Vettel - das ist eine ganz besondere Beziehung im Rennzirkus. Die beiden wohnen nur wenige Kilometer entfernt voneinander in der Schweiz und unternehmen auch privat Dinge gemeinsam, wenn Rennpausen sind. Sie sind nicht nur Konkurrenten, sondern Freunde.

Die Überlegung von Red Bull erscheint deswegen logisch, Lotus-Pilot Räikkönen an Vettels Seite zu setzen, wenn Mark Webber zum Saisonende aus der Formel 1 ausscheidet. Endlich würde dann Harmonie im Team einkehren. Denn mit Webber versteht sich Vettel gar nicht gut, menschlich sei es schwierig, betonte Vettel auch auf dem Nürburgring wieder. "Kimi und ich hatten nie ein Problem miteinander", sagt Vettel dagegen vor den Mikrofonen nach seinem Sieg.

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Ein fliegender Reifen, ein brennendes Auto, Entscheidung in der letzten Runde: Sebastian Vettel gewinnt das turbulente Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring knapp vor seinem guten Bekannten Kimi Räikkönen - für den Weltmeister ist es ein historischer Erfolg. Ein Boxen-Malheur sorgt für Aufregung.

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Vettel und Räikkönen wirken vertraut: Der Deutsche widmete bei der Siegerehrung fast den ganzen Inhalt seiner Champagner-Flasche dem Zweitplatzierten, der verschlossene Räikkönen musste sogar einmal lachen, auf dem Pressepodium tuscheln sie. Ganz anders am Tag zuvor nach dem Qualifying, als Webber mit Vettel auf dem Podium saß. Die beiden scherzten nicht miteinander, Webber saß kerzengerade in seinem Stuhl, Vettel blickte nicht hinüber.

Im Sommer will Red Bull eine Entscheidung treffen, wer der Mann an Vettels Seite wird. Erste Gespräche werden bereits geführt. Jedoch noch nicht "im Detail", wie Vettel zumindest behauptet. Neben Räikkönen gelten die Fahrer aus dem Red-Bull-Nachwuchsteam Toro Rosso als mögliche Kandidaten: Daniel Ricciardo und Jean-Eric Vergne. Besonders der Australier Ricciardo hat zuletzt gute Leistungen gezeigt. Auch er versteht sich mit Vettel.

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Allerdings verfügt Räikkönen über weit mehr Erfahrung als die beiden, er wäre eine Lösung ohne Risiko. Der Finne ist der konstanteste Fahrer der Formel 1: Am Nürburgring fuhr er zum 26. Mal hintereinander in die Punktewertung - das ist noch nie einem Fahrer zuvor gelungen. Zudem wäre der Finne leicht zu haben: Sein Vertrag bei Lotus läuft zum Ende der Saison aus.

Sein einziges Manko: Er macht keinen Hehl daraus, dass ihm an Öffentlichkeits-Terminen nicht viel gelegen ist. Zu Interviewrunden am Nürburgring erscheint er mit einer Miene, als wäre er im Urlaub am Meer und es würde seit Tagen regnen. Auf Fragen antwortet er lustlos und einsilbig, in seinem Gesicht sind keinerlei Regungen zu erkennen - auch nach Siegen. Ein Räikkönen ist deswegen nur schwer vermarktbar.

Noch will sich Räikkönen über seine Zukunft nicht äußern, auch wenn es die Frage ist, die ihm am Wochenende am Nürburgring am häufigsten gestellt wird. "Ich werde die Entscheidung treffen, die am besten für mich ist", sagt er lediglich. "Ich habe keinen Druck. Aber derzeit gibt es noch nichts, worüber man reden könnte." Es klingt jedenfalls nicht so, als wolle er unbedingt bei Lotus bleiben.

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Der Wechsel zu Red Bull wäre für Räikkönen durchaus ein Aufstieg - finanziell, aber auch perspektivisch. Zwar belegt Lotus in der Konstrukteuren-Wertung einen respektablen vierten Platz, doch mit Red Bull, Mercedes und Ferrari kann der Rennstall nur schwer mithalten. Ein Weltmeister aus dem Lotus-Team ist realistisch gesehen undenkbar.

Im Fahrerlager steht das Motorhome von Lotus an vierter Stelle. Während sich die drei großen Rennställe beim Aufbau jedes Mal gegenseitig zu übertrumpfen versuchen, ist das Zuhause von Lotus ein Stockwerk kleiner. Statt auf einem Podest nehmen die Fahrer hier an Tischen Platz, die Reporter etwa müssen sich nicht drängen, weil das Interesse zu groß ist. Es geht eher gemütlich zu, jeder bekommt seinen Sitzplatz.

Mit McLaren wurde Räikkönen Anfang der 2000er-Jahre zwei Mal WM-Zweiter, bei Ferrari 2007 gar Weltmeister. 2009 verkündete er überraschend seinen Abschied aus der Formel 1, er wollte lieber Rallye fahren. Vergangene Saison kehrte er dann zurück und unterschrieb bei Lotus.

"Wir sind zurück im Geschäft", teilte Lotus Sekunden nach der Zieleinfahrt auf Twitter mit. Räikkönen ist es jedoch wohl erst wieder, wenn er zu einem größeren Rennstall wechselt.

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