Fifa-Chef Blatter im Interview:"Ich bin nicht naiv"

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Eine Mission in Doha und die Fußball-WM in Südafrika sorgen weltweit für Schlagzeilen - und für viele Fragen. Einige davon beantwortet Fifa-Chef Sepp Blatter.

Jens Weinreich

Hat es jemals einen passenderen Ort für einen Sport-Konvent gegeben als diesen? Im Prunkhotel Atlantis auf der künstlichen Palmeninsel in Dubai treffen sich soeben sämtliche Sport-Weltverbände und die IOC-Führung. Aus der Messe SportAccord hat der Holländer Hein Verbruggen einen jährlichen Kongress geformt, der mehr Global Player versammelt als IOC-Sessionen. Münchens Olympiabewerber um Willy Bogner umgarnen hier das IOC-Völkchen.

Fifa-Chef Sepp Blatter: "Sicher habe ich keinen Deal gemacht." (Foto: Foto: AP)

Und durch die Lobby schreitet Emir Mohammed bin Raschid Al Maktoum, Herrscher von Dubai und ausgewiesener Pferdedoper, mit Zweitgemahlin Haya, IOC-Mitglied und Präsidentin des Reit-Weltverbandes. Auch der krisenerprobte Fifa-Präsident Joseph Blatter,74, ist nach Dubai gejettet. Er hat Station in Katar gemacht, um den Machtkampf in der Fifa zu beenden. Blatters Mission in Doha sorgte weltweit für Schlagzeilen - und für viele Fragen. Einige davon beantwortet er im Interview.

SZ: Herr Blatter, Sie haben in Doha erklärt, sie unterstützen Katars Bewerbung für die Fußball-WM 2022. Hat ihnen Asiens Fußballchef Mohamed Bin Hammam aus Katar dafür versprochen, dass er im kommenden Jahr nicht gegen Sie um die Fifa-Präsidentschaft kandidiert? Haben Sie einen Deal gemacht, um 2011 für weitere vier Jahre präsidieren zu können?

Joseph Blatter: Aber sicher habe ich keinen Deal gemacht. Wie käme ich dazu? Als Fifa-Präsident werde ich mein Amt doch nicht missbrauchen!

SZ: Sie mussten Ihre Wahlhelfer in der arabischen Welt beruhigen. Sie sind im März nach der Exekutivsitzung schnell nach Saudi-Arabien geflogen. Sie waren gerade in Katar. Warum so plötzlich?

Blatter: Die Reise nach Saudi-Arabien hatte einen ganz anderen Grund und nichts mit Sportpolitik zu tun. Und meine Reise nach Katar war schon eine Woche früher vorgesehen, da konnte ich nicht fliegen, weshalb ich es nun mit der Reise nach Dubai kombiniert habe. Es ist also nichts Außergewöhnliches passiert.

SZ: Tatsächlich? Die Schlagzeilen lauten: Blatter favorisiert eine WM in Katar. Die Konkurrenten der Kataris sind nicht amüsiert. Also, haben Sie Katar die WM 2022 versprochen?

Blatter: Sicher nicht, ich habe in Katar das Gleiche gemacht, was ich mit Herrn Medwedew und Herrn Putin in Moskau gemacht habe, was ich auch in Japan und mit dem koreanischen Präsidenten gemacht habe. Ich habe denen gesagt: Eure Kandidatur ist gut, aber nicht ich entscheide, sondern 24 Mitglieder des Exekutivkomitees. Das mache ich in jedem Land so.

SZ: Asiens Fußballchef Mohamed Bin Hammam zählte bislang zu Ihren wichtigsten Wahlhelfern. Welches Verhältnis haben Sie jetzt zu ihm, ist die Freundschaft zerbrochen?

Blatter: Ich hatte nie Probleme mit Mohamed. Er hat sich mir gegenüber so aggressiv benommen in den letzten beiden Sitzungen. Ich habe ihm immer gesagt: Lass' uns vernünftig miteinander umgehen, wie Mitglieder der Fifa-Regierung es tun sollten, wie Gentlemen und Sportsleute.

SZ: Es war offensichtlich nicht nur Bin Hammam, der Ihnen im Exekutivkomitee Probleme bereitet hat. Hat die Mehrheit Sie gezwungen, im Januar ihren internationalen Direktor Jerome Champagne zu entlassen?

Blatter: In keiner Art und Weise. Ich bedauere nur, dass ich diesen Schritt nicht schon früher gemacht habe. Champagne hat sich abseits gestellt. Ein Spieler, so gut er auch sein mag: Wenn er ständig im Abseits steht, muss man ihn auswechseln.

SZ: Wie wichtig ist die WM 2010 in Südafrika für Sie persönlich, für Ihre Zukunft als Fifa-Präsident? Können Sie ohne eine erfolgreiche WM im nächsten Jahr wiedergewählt werden?

Blatter: Für ganz Afrika ist die WM wichtig, für die Fifa ist sie wichtig. Ich habe diese WM schon 1998 an meine erste Wahl zum Präsidenten gekoppelt. Ich habe immer gesagt, eine WM soll nach Afrika. Diese WM wird Erfolg haben, aber Einfluss auf meine Zukunft in der Fifa hat das nicht.

SZ: Die Fifa versucht seit Monaten verzweifelt, die WM-Tickets abzusetzen. Wie viel Verlust kalkulieren Sie, wenn Tickets zu Dumpingpreisen auf den Markt geschleudert werden und Sie beispielsweise die teuren Vip-Pakete nie und nimmer mehr absetzen können?

Blatter: Zunächst einmal werden 95Prozent der Plätze besetzt sein, das deutet sich schon klar an. Von der Problematik der Vip-Tickets weiß ich nichts. Ich weiß nur, dass die WM für die Fifa etwas teurer wird als vorgesehen. Und wir haben dafür 100.000Dollar freigestellt.

SZ: 100.000 Dollar reichen nicht, es geht um viele Millionen.

Blatter: Das ist Ihre Meinung. Wir haben erstmal 100.000 freigestellt.

SZ: In Deutschland will die Fifa während der WM das Public Viewing reglementieren. In Berlin wurde einer Veranstalterin die Übertragung untersagt. Wollen Sie das wirklich durchziehen und Public Viewing in Ländern einschränken, die an der WM teilnehmen?

Blatter: Davon weiß ich nichts. Da bin ich nicht orientiert.

SZ: Klingt ein bisschen zu naiv. Wer soll Ihnen das glauben?

Blatter: Ich bin nicht naiv, das wissen Sie. Sie stellen Ihre Fragen, ich antworte.

© SZ vom 27.4.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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