Fußballfreunde staunen jetzt über das dreiste Salär-Kartell von Sepp Blatter & Friends. Aber vielleicht haben auch einige Betroffene gestaunt - und aufgeatmet. Blatter zum Beispiel, oder Jérôme Valcke, sein General. Denn sieht man, was anderen Hauptverdächtigen im Fifa-Sumpf zugeordnet wird, von Jack Warner bis Julio Grondona, so liegt jeder von ihnen im dreistelligen Millionenbereich; in der Dimension wird hier ermittelt. Dabei waren all diese Figuren nur subaltern in Bezug auf Blatter/Valcke. Waren die Bosse bescheidener?
Klingt absurd. Die Frage muss vielmehr lauten: Was haben die Gierhälse Blatter/Valcke insgesamt abkassiert, während sie zwischen Papst und Queen gependelt sind - als Privatboni dafür, dass eine WM stattfindet, der Ball rund ist oder die Sonne morgens aufgeht? In einem solchen Selbstbedienungsladen gehört jede Ecke ausgewischt. Und die Ecken, die mit den größten Schmutz bergen, vermutet ja nicht nur das FBI stets dort, wo das meiste Geld fließt: Wo Sponsor- und TV-Rechte verhandelt und mit Provisionen versüßt werden.
Zürich:Fifa-Spitze um Blatter soll 79 Millionen Franken kassiert haben
Diese Summe sollen Blatter, Valcke und Kattner allein in den vergangenen fünf Jahren an Gehältern und Bonus-Zahlungen erhalten haben. Die Verträge unterzeichnete sich das Trio offenbar meist gegenseitig.
Valcke wurde 2003 Chef der Fifa-Marketing AG. Obwohl ihn Blatter zuvor sogar der Erpressung geziehen hatte - ein fremder Manager, der damals Druck auf die Fifa-Spitze ausübe. Womit? So fing eine Liaison an, die sogar das Sponsor-Desaster Mitte der Nullerjahre überstand, als Valckes Marketing-Team 100 Millionen Dollar versenkte. Er wurde gefeuert - und kehrte als Co-Boss zurück.
Im SB-Laden Fifa löste ein junger Oberwalliser den alten ab
Die Justiz muss nun aufklären: Warum rückte Valcke zweimal unter absurden Umständen in die Fifa ein? Sie muss jedes TV- und Sponsorgeschäft ergründen - um den Verdacht auszuräumen, dass auch hier Geld geflossen sein könnte; etwa über Offshore-Firmen, die just in Sportkreisen feste Tradition haben.
Dass Blatters Gier nun dokumentiert ist, wirft ein Licht auf die ganze Branche. Auch auf die hierzulande, wo bis zuletzt sehr viele Klub- und Verbandsfunktionäre versicherten, Blatter sei trotz aller Probleme kein Bereicherungsmotiv vorzuwerfen. Wie naiv darf man sein in dem Geschäft? Es ist Zeit, dass Behörden intensiver und kontinuierlich durchs Dickicht dieser Menschenhandelsbranche streifen. Die Mentalität klassischer Fußballgranden lässt vermuten, dass nicht nur die Fifa dunkle Geheimnisse birgt.
Das führt zu Gianni Infantino. Der Kandidat der Europa-Union Uefa und der europäischen Klubs regiert nun die Fifa. Und Blatters Nachfolger hat nicht nur bereits Ärger im Kontext der Panama Papers. Im Handumdrehen hat der Neue gezeigt, dass er das Bild des alten Patriarchen locker ausfüllt. Sogar Werkzeuge, um das Ethikkomitee lahmzulegen, hat er sich verschafft. Nun jammerte Infantino in seiner Vorstandsrunde, das ihm das Vergütungskomitee nur ein Salär zugestehe, das eine "Beleidigung" sei. Es geht um zwei Millionen Franken. Sonntag ruderte er zurück, das Salär soll tiefer liegen. Ist das so? Es ist auch hier auf mögliche Nebenabreden zu schauen. Wenn einer zwei Millionen pro Jahr für einen nicht-operativen Job als Beleidigung sieht, dann ist alles beim Alten in der Fifa. Die übrigens soeben eine Reise Infantinos zum Papst im Jet eines Russen-Oligarchen zur Privatsache erklärte: Obwohl er dort als Fifa-Boss auftrat, Trikots verteilte und über Fußball sprach. Wie lange ist der Mann tragbar?
Die Fifa sieht sich als Familie, die alles unter sich regelt. In dieser Familie hat nun ein junger Oberwalliser den alten Oberwalliser abgelöst. So einfach ist das.