Fifa-Affäre:Blatter und Platini - Alphatiere vor dem Aus

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  • Sepp Blatter und Michel Platini sollen für mehrere Jahre gesperrt werden. Schon am Montag könnte ein Verfahren gegen sie eröffnet werden.
  • Dann dürften die Fifa-Ethiker als Nächstes den DFB ins Visier nehmen.

Von Thomas Kistner, München

Die Causa Blattini kommt voran: Die Ethik-Ermittler des Fußball-Weltverbandes Fifa haben ihre Untersuchung der Spitzenfunktionäre Sepp Blatter und Michel Platini beendet und ihre Sanktionsanträge am Samstagmorgen dem Spruchkammer-Vorsitzenden Hans-Joachim Eckert übergeben. Der Münchner Richter sichtet die Akten und soll, wie es heißt, schon am Montag ein Verfahren auf Basis der Schlussberichte eröffnen. Nach SZ-Informationen soll in beiden Fällen ein mehrjähriger Ausschluss von allen fußballbezogenen Tätigkeiten gefordert werden.

Die Chefs von Fifa und Europa-Union Uefa waren am 8. Oktober von der Ethikkommission 90 Tage suspendiert worden. Angelastet wird dem Duo der Transfer von zwei Millionen Schweizer Franken; bei Blatter kommt Untreue-Verdacht im Kontext eines TV-Vertrags für den Ex-Vorstandskollegen Jack Warner dazu. Platini hatte besagte zwei Millionen im Februar 2011 von Blatters Fifa kassiert, angeblich als Nachzahlung für seine Beratertätigkeit im Zeitraum von 1998 bis 2002. In den Fifa-Bilanzen tauchte der Betrag aber nie auf. Und offenbar auch nicht im Vertrag, den das Duo seinerzeit, 1998, für Platinis Tätigkeit abgeschlossen hatte. Das nährt den Verdacht, dass die diskrete Millionen-Nachzahlung im Fifa-Wahljahr 2011 aus anderen Gründen erfolgt sein könnte. Die Ermittler gingen auch der Korruptionsfrage nach - also ob Blatter sich für das Geld die Gewogenheit Platinis und der Uefa sichern wollte. Damals stand Blatter gegen den Fifa-Vize Mohamed Bin Hammam im Ring, der Katarer war nicht nur Chef des 50 Voten umfassenden Asien-Verbandes AFC, sondern hatte auch beste Drähte ins Lager Afrikas.

Delikte der Bilanzfälschung und Untreue scheinen gesichert zu sein

Eingedenk des Tempos, das die Ermittlungskammer vorgelegt hat, ist anzunehmen, dass sie sich in ihrer Empfehlung mit dem "Filetstück" der Causa begnügt und auf den komplizierteren Nachweis eines Korruptionstatbestandes verzichtet haben könnte. Als gesichert erscheinen aus Ermittlersicht Delikte der Bilanzfälschung und Untreue zu Lasten der Fifa, das genügt für mehrjährige Sperren. Eine solche würde die Funktionärskarriere von Blatter, 79, beenden, die von Platini, 60, faktisch wohl auch. Beide bestreiten die Vorwürfe und nennen die Zahlung korrekt.

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Im Fall der Verfahrenseröffnung durch Eckert werden den Beschuldigten die Anträge zugestellt. Es folgen, das Einverständnis der beiden vorausgesetzt, Verfahren, die binnen der nächsten drei Wochen stattfinden und zu Urteilen noch vor Weihnachten führen sollen. Das ist der von den Ethikern erwünschte Zeitplan, der auch im Interesse Blatters und Platinis liegen dürfte. Denn nur, wenn rasch Urteile vorliegen, können sie diese noch rechtzeitig vorm obersten Sportgerichtshof Cas anfechten. Beide haben den 26. Februar im Visier, wenn der Sonder-Wahlkongress der Fifa stattfindet. Blatter würde ihn gern leiten, Platini hofft immer noch, als Kandidat für den Fifa-Thron antreten zu können.

Während sich Blatter und sein Privatsprecher nach allerlei Kapriolen zuletzt zurückhielten, zieht Platini alle Register. Er beschäftigt einen Schweizer PR-Berater; an diffusen Verschwörungstheorien gegen Frankreichs Ex-Fußballhelden webt auch Thibaud d'Ales mit. In der französischen Nachrichtenagentur AFP bezeichnete Platinis Anwalt es als "verstörenden Zufall", dass die Ethiker ihren Entscheid einen Tag nach Platinis Klage gegen seine Suspendierung vor dem Cas publiziert hätten. "Das ist ein Witz, der komisch wäre, wenn wir nicht über die Zukunft der größten nicht-staatlichen Institution der Welt sprechen würden", sagte d'Ales.

Solche Attacken erscheinen wenig substantiell; mit den Aufräumarbeiten beschäftigte Fifa-Kreise schauen auf andere Fragen. Diskutiert wird bereits, wie mit Wolfgang Niersbach zu verfahren sei. Der zurückgetretene DFB-Chef ist weiterhin Vorstandsmitglied in Fifa und Uefa, zugleich steckt er im Strudel der WM-2006-Affäre, die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Aus Kreisen des DFB-Präsidiums heißt es, man sei für diese Frage nicht zuständig, da sie ja nicht den deutschen Bereich betreffe, rechne aber mit baldiger Fühlungsnahme seitens der Fifa-Ethiker. In der Schweiz wiederum heißt es, es gebe keine formelle Untersuchung, verfolgt werde der Fall Niersbach aber eng: Rolle und Verhalten von Fifa-Vorständen hätten aus Sicht des Ethikkomitees Priorität.

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Das gelte auch für Franz Beckenbauer, Vorstand von 2008 bis 2011, den noch eine - geringfügige - Sanktion wegen mangelnder Kooperation bei den Ermittlungen der Fifa zu den WM-Vergaben 2018/22 erwartet. Registriert wurde nun in Zürich, dass es erneut Irritation um eine Beckenbauer-Aussage gibt. 2014 hatte er erklärt, einen Fragenkatalog des Fifa-Chefermittlers Michael Garcia nur auf Englisch erhalten und deshalb nicht beantwortet zu haben. Laut Fifa-Chefermittler damals ist der Katalog allerdings auch auf Deutsch verschickt worden. Nun ranken sich Fragen um die Behauptung, die DFB-Interimsführung um Rainer Koch und Reinhard Rauball habe jüngst ein Gesprächsangebot Beckenbauers ignoriert. Die Funktionäre betonten, sie hätten sogar rasch reagiert: Rauball per Mail am selben Tag, Koch am Morgen darauf; beide an das Büro, aus dem Beckenbauers Brief verschickt worden sei.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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