1:1 gegen Bremen:Auch Bayern kann ächzen

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Gegen Bremen ausnahmsweise wirkungslos: Thomas Müller. (Foto: Peter Schatz /Pool)

Die anstrengende Saison geht an der derzeit mutmaßlich besten Mannschaft der Welt nicht spurlos vorbei. Doch Trainer Hansi Flick will den Terminstress nicht als Entschuldigung gelten lassen.

Von Maik Rosner

Bei der Konkurrenz des FC Bayern dürften diese Szenen vermutlich für Erleichterung gesorgt haben, denn es könnte ja sein, dass es sich bei den Münchnern doch nicht um Maschinen handelt. Gesehen hatte das Publikum solche Bilder schon lange nicht mehr, vielleicht sogar nicht mehr seit dem Herbst 2019, als die Trennung von Trainer Niko Kovac kurz bevor stand. Von einer Krise sind sie beim Triplesieger zwar sehr, sehr, sehr weit entfernt - aber ein paar Szenen vom Wochenende kündeten davon, dass zumindest die Stressresistenz der Bayern begrenzt zu sein scheint. Zu den Bildern zählten jene von der Tribüne, auf der Karl-Heinz Rummenigge ungehalten gestikulierte, während seine kalte Nase in leuchtendem Rot über die Maske lugte. Auch der Torwart Manuel Neuer schaute erbost, Jérôme Boateng schimpfte, und Thomas Müller präsentierte einen leeren Blick, der bei ihm so selten vorkommt wie ein Bremer Punkterfolg gegen den FC Bayern. Genau diesen hatte es beim 1:1 (0:1) in München an diesem Samstag aber verdientermaßen gegeben, nach Werders zuvor 22 Pflichtspiel-Niederlagen in Serie gegen die Bayern, die bereits im Oktober 2010 startete.

Lang ist's her. Die kleinen Münchner Granteleien erlaubten der Konkurrenz zumindest einen Anflug von Hoffnung auf einen spannenden Fortgang der Saison, ebenso wie Neuers Bestandsaufnahme. "Wir hatten im Gegensatz zu anderen Spielen zu wenig große Tormöglichkeiten", stellte der Torwart fest, der häufiger einschreiten musste als Werders Kollege Jiri Pavlenka. "Fünf Chancen an der Zahl" habe man nur erwirtschaftet, sagte der Münchner Kapitän und verwies auf "normalerweise mindestens doppelt so viele". Jedenfalls, seit Hansi Flick die Nachfolge von Kovac angetreten hat.

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:Trainer, traut euch was!

Vielleicht war die Chance selten so hoch, den hochbelasteten Bayern das Leben als normaler Bundesligist schwer zu machen. Bremen zeigt, dass eine Fahrt nach München kein "Bonusspiel" sein muss.

Kommentar von Christof Kneer

Flicks 50. Pflichtspiel als Chefcoach deutete zumindest an, dass die kommenden vier Wochen mit acht Partien knifflig geraten könnten. Zwar stehen in Flicks Erfolgsbilanz auch jetzt noch sehr beeindruckende 45 Siege, zwei Remis und nur drei Niederlagen. Doch seine Mannschaft wirkt zunehmend ermüdet, was nach der Terminhatz in diesem Corona-Jahr wenig verwundert. Dieses Jahr kam mit seinen kurzen Unterbrechungen und enormen Belastungen wie ein Dauer-Intervalltraining daher, vor allem für die vielen Nationalspieler im Kader. Darauf verwies zwar auch Flick, der von den fünf Münchner DFB-Kickern nach der 0:6-Niederlage in Spanien nur Neuer von Beginn an aufgeboten hatte, Niklas Süle saß gar nur auf der Tribüne. Doch dem Eindruck, dass allmählich sogar die als bestes Team der Welt gerühmten Bayern dem Stress Tribut zollen müssen, widersprach er. "Da müssen wir uns drauf einstellen, und da gibt es auch keine Entschuldigung", befand Flick streng über die straffe Agenda, "das lassen wir uns auch nicht einreden, dass es zu viel des Guten ist."

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Er möchte, so ließ sich das deuten, lieber nicht zulassen, dass sich seine Spieler der Erschöpfung hingeben. Keine Alibis! Getragen waren seine Aussagen zudem von der Hoffnung, bereits am Mittwoch in der Champions League gegen Salzburg auf die angeschlagenen Corentin Tolisso, Bouna Sarr und Lucas Hernández zurückgreifen zu können. Letzterer hatte sich mit einer Beckenprellung früh verabschiedet, was einige Umbauten und eine noch ungewohntere Formation als ohnehin nach sich zog. Kleine Defizite summierten sich zu einem Ächzen im gesamten Organismus, dem der Sechser Joshua Kimmich als Herz besonders fehlt. Erst im Januar wird mit ihm nach seiner Meniskus-OP wieder gerechnet. Hinzu kamen Bremens disziplinierte Defensive, die in der ersten Halbzeit nicht eine Chance zuließ, sowie mutige Vorstöße und Maximilian Eggesteins 0:1 (45.), vor dem Javier Martínez Josh Sargent bei einem Einwurf entwischen ließ. "Ein ganz, ganz billiges Gegentor", klagte Müller.

Zumindest einmal an diesem Wochenende erinnerten die Bayern aber noch an jene Mannschaft, die im August die Champions League gewonnen hatte. Wie damals traf Kingsley Coman mit einem Kopfball nach einer Flanke (62.), die diesmal nicht von Kimmich kam, sondern vom eingewechselten Leon Goretzka. Eigentlich hätte dieser auch noch geschont werden sollen. Doch weil Kimmichs erster Ersatz Tolisso ohnehin fehlte und Martínez als zweiter Ersatz nach der Verletzung von Hernández in der Abwehr aushelfen musste, war Goretzka rasch gefordert. Als dritter Kimmich-Ersatz im hochbelasteten Münchner Provisorium.

© SZ vom 23.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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