FC Bayern - Werder Bremen:Die Fußballarbeiter

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Bayern bestimmt beim 1:1 gegen Bremen das Spiel, lässt aber die nötige Kreativität vermissen - und hat Glück, dass ein Gomez-Tor zumindest einen Punkt sichert.

Johannes Aumüller

Als sich Anatolij Timoschtschuk Anfang des Jahres entschied, zur Saison 2009/10 zum FC Bayern zu wechseln, da waren dem Mittelfeldmann von Zenit St. Petersburg schon einige Spieler seines künftigen Arbeitgebers bekannt. Franck Ribéry natürlich, auch Mark van Bommel, und zudem der ein oder andere aus dem Uefa-Pokal-Halbfinale im Frühjahr 2008, als Zenit und Bayern aufeinander trafen. Ein Herr Andreas Ottl, 24, aber dürfte nicht darunter gewesen sein. Umso überraschter vernahm der Ukrainer am Freitag, dass Trainer Louis van Gaal erklärte, sich nach der Verletzung von Mark van Bommel auch besagten Herrn Andreas Ottl als Sechser vorstellen zu können - und nicht nur Anatolij Timoschtschuk, den elf Millionen teuren Zugang.

Mario Gomez rettete dem FC Bayern zumindest einen Punkt. (Foto: Foto: Getty)

Zwar spielte Timoschtschuk schließlich, doch nach seinem Auftritt dürfte etwas eher verständlich sein, warum van Gaal erklärte, sich auch Ottl auf dessen Position vorstellen zu können. Beim 1:1 gegen Bremen blieb der 30-Jährige unter seinen Möglichkeiten, spielte ziemlich unauffällig und grätschte einige Male ins Leere - in Aktionen, in denen van Bommel niemals ins Leere gegrätscht, sondern sicher irgendetwas getroffen hätte.

Timoschtschuks einziger Trost konnte sein, dass er sich mit dieser Leistung nicht sonderlich von vielen seiner Mitspieler unterschied. Trainer van Gaal bilanzierte das Spiel so: "Wir haben mit sehr viel Elan gespielt. Ich bin nicht so unzufrieden wie letzte Woche gegen Hoffenheim. Aber wir müssen mehr Tore machen." Nach den beiden Auftakt-Unentschieden gegen Hoffenheim und gegen Bremen steht sein FC Bayern nun schon unter Druck. Zumal selbst der halbstündige Einsatz des sehnlich erwarteten Franck Ribéry nicht genügend am Niveau des Münchner Spiels änderte. Nur weil Mario Gomez in der zweiten Hälfte die 1:0-Pausenführung durch Mesut Özil ausglich, dürfte das Wort "Krise" in dieser Woche noch nicht fallen, das Wort "Holperstart" aber schon ziemlich oft.

Als Platzhalter für Ribéry hatte etwa eine Stunde lang völlig ideenlos Jose Sosa fungiert, den van Gaal anstelle von Alexander Baumjohann von Beginn gebracht hatte. Das führte zu der netten Konstellation, dass mit dem FC Bayern die Mannschaft, die über einige Jahre keine Raute und keinen Zehner hatte, sondern im Mittelfeld mit einer flachen Vier agierte, nun mit einem Zehner namens Jose Sosa ausgerechnet gegen die Mannschaft spielte, die über Jahre nichts anderes als die Raute und solch hervorragende Zehner wie Johan Micoud oder Diego kannte, aber nun erstmals seit Ewigkeiten mit einer flachen Vier antritt.

Im Duell der getauschten Spielsysteme wusste keine der beiden Mannschaften vollends zu überzeugen. Die Bayern hatten die laufintensive und an die Substanz gehende Partie zwar im Griff und kamen durch einen Kopfball von Gomez (5.) und einen Schuss von Bastian Schweinsteiger (9.) zu ersten Gelegenheiten. Doch insgesamt war zu wenig Schwung in der Partie, Gomez und Miroslav Klose liefen noch öfter ins Abseits als Timoschtschuk am Ball vorbeigrätschte, so dass der Bayern-Spielfluss zusehends stockte.

Die Gäste wurden dafür etwas stärker und hatten ihre erste Chance nach einer knappen halben Stunde, als der aufgerückte Abwehrspieler Petri Pasanen mit einem Kopfball nur den Pfosten traf. (Nach den Diskussionen aus dem Spiel gegen Hoffenheim sei an dieser Stelle noch schnell angemerkt, dass der Ball vom Pfosten aus eindeutig nicht hinter die Linie, sondern zurück ins Spielfeld sprang.)

Olic bringt neuen Schwung

Rund zehn Minuten später aber durften die Bremer jubeln: Nachdem Timoschtschuk im Mittelfeld mal wieder am Ball vorbeigegrätscht hatte, leitete ausgerechnet der frühere Münchner Tim Borowski das Führungstor ein. Er spielte einen langen Ball auf Aaron Hunt, der passte quer zu Mesut Özil, und der Diego-Nachfolger, der systembedingt kein echter Diego-Nachfolger ist, schob den Ball zum 1:0 ins Netz (39.). Dem 20-Jährigen scheint die Münchner Arena zu liegen: Schon im Vorjahr hatte er an dieser Stelle einen starken Auftritt gezeigt und beim 5:2-Sieg seiner Elf ein Traumtor erzielt.

"Wir spielen nicht gut", monierte Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge in der Halbzeitpause, "wir müssen mehr Risiko eingehen." Sein Trainer sah das offenbar ähnlich und brachte den in Hoffenheim erfolgreichen Ivica Olic für Miroslav Klose, was zwei gewaltige Änderungen zur Folge hatte. Erstens liefen nicht mehr Gomez und Klose auffallend oft ins Abseits, sondern nur noch Gomez. Zweitens übernahmen die Bayern wieder die Kontrolle und erspielten sich auch zwei Chancen (Badstuber schaffte vor lauter Schreck über die erste Bundesliga-Chance seines Lebens keinen konzentrierten Abschluss, Olic scheiterte an Wiese).

Nach etwa einer Stunde wechselte van Gaal dann endlich Ribéry ein, womit wieder etwas mehr, aber immer noch nicht genügend Schwung ins Bayern-Spiel kam. Der Franzose führte sich gleich mit einer feinen Aktion auf Ivica Olic (scheiterte erneut an einem stark reagierenden Wiese) ein - wobei er wie in den folgenden 30 Minuten auch gar nicht über die von van Gaal angedachte zentrale Position, sondern über seine geliebte linke Außenbahn kam. Das Ausgleichstor in der 73. Minute aber fiel über die rechte Seite: Philipp Lahm setzte sich durch und flankte zu Mario Gomez, der auf wundersame Weise in dieser Situation nicht im Abseits stand, sondern den Ball zum 1:1 verwertete.

In der Schlussphase verstärkte Bayern-Trainer Louis van Gaal die Offensive, als er den gelernten Angreifer Thomas Müller für den halbrechten Mittelfeldspieler Hamit Altintop brachte. Doch auch dieser Wechsel brachte nichts: Wie schon in der meisten Zeit des Spiels arbeiteten die Bayern mehr Fußball als sie Fußball spielten.

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