FC Bayern vor der Klub-WM:Kopf und Beine wollen in den Urlaub

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Nach dem Gewinn der Herbstmeisterschaft geht es gleich weiter zur Klub-WM nach Marokko: Franck Ribéry vor dem Abflug (Foto: dpa)

Nach dem 3:1 gegen den HSV fahren die Bayern-Spieler gleich weiter zum Flughafen - die Klub-WM in Marokko steht an. Doch Franck Ribéry und Kollegen scheinen sich vor allem auf eines zu freuen: die freien Tage danach.

Aus dem Stadion von Andreas Glas

Nach dem Spiel wurde Franck Ribéry gefragt, ob er denn den nächsten Gegner kenne. "Wie bitte?", fragte Ribéry und hob die Augenbrauen. Er hatte die Frage schon verstanden, nur fiel ihm eben die Antwort nicht ein. Clever wie er ist, ließ der Franzose die Reporterfrage noch einmal wiederholen. Aber trotz Extra-Bedenkzeit kam er einfach nicht drauf. Also sagte er: "Nein, den Gegner kenne ich nicht so gut. Aber wir müssen die Spiele seriös und konzentriert angehen. Danach kann der Kopf ein bisschen Urlaub machen."

Um das rasch zu klären: Der nächste Gegner des FC Bayern München heißt Guangzhou Evergrande, kommt aus China, und das Spiel wird am kommenden Dienstag (20.30 Uhr MEZ) im Rahmen der Fifa-Klubweltmeisterschaft in Marokko stattfinden. Wer das Mini-Turnier gewinnt, darf sich theoretisch über den größten und bedeutendsten Titel freuen, den es im Vereinsfußball gibt. Aber eben nur theoretisch, wie Franck Ribérys Antwort offenbarte. Tatsächlich scheinen sich die Bayern-Spieler vor allem auf eines zu freuen: den Urlaub danach.

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Aus dem Stadion von Andreas Glas

Dieser Eindruck war schon während des 3:1-Siegs gegen den Hamburger SV entstanden. Die Bayern hatten wahrlich keine Gala präsentiert, es war ein müder Samstagnachmittag. Immerhin reichte es, um sich die Herbstmeisterschaft zu sichern. In der 41. Minute hatte Mario Mandzukic das erste Tor erzielt, die akrobatische Vorarbeit des Rechtsverteidigers Rafinha war mit Abstand das Spektakulärste, was die Münchner in einer ideenlosen ersten Halbzeit zu bieten hatten.

Für den Glamour-Moment der zweiten Hälfte sorgte Mario Götze (52.), als er den Ball mit dem Rücken zum Tor annahm, einmal auf seiner Fußspitze springen ließ und per Drehung volley ins Tor schoss. In der Nachspielzeit traf Xherdan Shaqiri zum Endstand. Dazwischen passierte nicht so wahnsinnig viel. Außer einer Menge Ballbesitz hatten die Bayern kaum etwas zu bieten. Am Ende mussten sie sogar kurz um den Sieg zittern, weil Pierre-Michel Lasogga für den HSV zum 1:2 traf (86.).

Als Matthias Sammer nach dem Spiel vor die Reporter trat, hätte man also durchaus mit einer Standpauke für die Bayern-Profis rechnen können. Doch statt zu poltern, beließ er es bei einer sanften Mahnung: "Ich glaube, dass wir uns zum Aller-aller-aller-Abschluss des Jahres noch einmal steigern müssen." Sammers Worte waren ein Versuch, die Klub-WM in ihrer Bedeutung zu schwängern.

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Die Bayern stimmen sich ein für die Klub-WM: Der unaufgeregte 3:1-Sieg gegen den Hamburger SV beschert Trainer Pep Guardiola zudem die erste Herbstmeisterschaft. Der HSV schlägt sich wacker, doch auch der späte Anschlusstreffer bringt den Bayern-Sieg nicht in Gefahr.

Und eine Mahnung: Das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte mit einem weiteren großen Titel abzuschließen. Auch wenn gemessen an den Titeln in Meisterschaft, Pokalsieg und Champions-Leauge - die der FC Bayern 2013 bekanntlich allesamt gewonnen hat - die Klub-WM-Titel der eher-eher-eher-unwichtigste ist.

Da überraschte es nicht, dass die meisten Bayern-Profis nach dem Spiel gar nicht so viel sagen wollten über das anstehende Turnier. Stattdessen rollten die allermeisten von ihnen mit ihren Designer-Rollkoffern wortlos zum Mannschaftsbus, der sie direkt zum Flugzeug nach Marokko bringen sollte.

Diejenigen, die kurz stehen blieben, mühten sich immerhin nach Kräften, die Klub-WM nicht bedeutungslos wirken zu lassen. "Sehr motiviert" sei er, beteuerte Philipp Lahm, "wenn es am Ende des Jahres noch einen Titel zu gewinnen gibt, dann wollen wir den natürlich holen." Doch selbst der stets um Professionalität bemühte Bayern-Kapitän musste eingestehen: "In Europa wird die Klub-WM ein bisschen unterschätzt, weil die Champions League so etwas Großes ist."

Ein Bayern-Profi kennt die Klub-WM bereits: Thiago Alcántara war 2011 dabei, als sein früherer Verein FC Barcelona die Trophäe gewann. Doch selbst aus dem Mund des Spaniers klingt die anstehende Marokko-Expedition eher wie eine Erholungsreise: "Es ist ein schönes Turnier. Wir sollten es genießen und diese Erfahrung mitnehmen."

Immerhin Abwehrchef Dante betonte nach dem letzten Bundesligaspiel des Jahres noch einmal den Wettbewerbsgedanken: "Wir sollten jetzt nicht sagen, dass wir froh sind, dass Ende ist. Wir sollten uns jedes Mal freuen, wenn wir auf dem Platz stehen." Er sagte aber auch: "Dass wir müde sind, ist klar."

Die größte Herausforderung dürfte also darin bestehen, die Urlaubsgedanken noch für zwei Spiele zu verdrängen, um ein fantastisches Jahr würdig zu Ende zu bringen. Glaubt man Thiago Alcántara, dürften zumindest die Temperaturen in Marokko dieser Verdrängungsstrategie entgegenkommen. Tagsüber hat es zwar mehr als 20 Grad, "aber nachts", sagt Thiago, "kann es schon frostig werden."

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