FC Bayern vor dem Derby:Auswärts zu Hause

Lesezeit: 3 min

Fans des FC Bayern: Einst stimmungsvoll, nun verhalten (Foto: dpa)

Beim Spiel gegen den 1. FC Nürnberg droht wieder Stille auf den Rängen des FC Bayern. Vorstandsboss Rummenigge ist es zu leise. Er überlegt deswegen, die aktiven Fans für ein Ligaspiel im Herbst wieder in die Südkurve zu lassen. Die Spieler kommentieren die atmosphärischen Schwankungen mit Bedauern - und Sarkasmus.

Von Johannes Knuth

Philipp Lahm sagt, er freue sich durchaus auf das Spiel gegen den 1. FC Nürnberg. Die Bayern gegen die Franken, das sei schon etwas Besonderes für ihn, den gebürtigen Oberbayer. "Halb vier, hoffentlich scheint die Sonne, dann ist es immer ganz nett", sagt Lahm, es wirkt, als rede er vom Kaffeekränzchen mit den Verwandten am Ammersee.

Lahm meint dann doch das Bundesliga-Derby am Samstag, er spricht von der heimischen Arena, er sagt: "Da ist immer eine tolle Atmosphäre im Stadion." Dieser Satz mag gültig gewesen sein bei den bisherigen fränkisch-oberbayerischen Rasenduellen. Doch diesmal könnte es eng werden mit der netten Atmosphäre.

Probleme in der Fankurve des FC Bayern
:Stille auf den Stufen

Seltsame Ruhe herrscht auf den Rängen beim Triple-Sieger: Der Streit zwischen dem FC Bayern und seinen Ultrafans um Eintrittskarten führt zu Schweigen in der Arena. Die Fans beklagen eine "bewusste Zerschlagung der aktiven Szene" - der Klub selbst will die Südkurve "neu organisieren".

Von Markus Schäflein

Die Bayern müssen wohl befürchten, dass ihre Fans sie anschweigen, in der heimischen Arena, mal wieder. Der FCB hat vor der Saison Drehkreuze vor dem Zugang installiert. Die aktiven Fans dürfen die entsprechenden Blöcke 112 und 113 nicht mehr ohne Karten betreten, anders als zuvor üblich. Am ersten Spieltag gegen Gladbach war die Stimmung im Unterrang der Südtribüne, die Stimmungshochburg im Stadion, gereizt, viele Stufen waren verwaist.

Und die Anhänger, die gekommen waren, hörten den Gladbacher Fans andächtig beim Anfeuern zu. Man habe nicht den Eindruck, sagte Gregor Weinreich von der Fanklub-Dachorganisation Club Nr. 12 nach dem Spiel, "dass der FC Bayern mit den Fans, die die vergangenen Jahre Stimmung gemacht haben, in die Zukunft gehen möchte".

Der FC Bayern hat nun reagiert. Er bedauere den Unmut, teilte Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge im Vorwort des Vereinsmagazins mit. Man habe die Drehkreuze aber nicht aus Spaß installiert: "Wir setzen hier lediglich Vorgaben aus der Gesetzgebung um." Außerdem müsse man verhindern, dass manche Anhänger Pyrotechnik in den Block schleppen, die europäische Fußball-Union Uefa habe den Verein deshalb die gelbe Karte gezeigt. Rummenigge schrieb: "Und nach der gelben folgt bekanntlich die gelb-rote", im schlimmsten Fall also eine Platzsperre.

Er verspricht allerdings einen "Testlauf": Für ein Ligaspiel im Herbst wolle man die aktiven Fans in die Südkurve lassen - wenn das Kreisverwaltungsreferat mitmacht. Nach dem Spiel gegen Gladbach hatte der 57-Jährige noch gesagt: "Wir können niemanden zwingen, uns anzufeuern." Anscheinend haben sie beim FCB festgestellt, dass es auf Dauer nervt, wenn nur die Gästefans das Geschehen in der Arena akustisch begleiten - ausgiebigen Schmähungen gegen steuersündige Präsidenten inklusive.

Die Spieler haben die sparsame Stimmung ebenfalls bemerkt. "Wenn man weiß, was für eine Stimmung im Stadion sein kann, dann ist man überrascht, wenn die Stimmung nicht mehr da ist", sagt Kapitän Philipp Lahm. Thomas Müller ergänzt: "Natürlich hat man gesehen, dass ein paar Fans zu Hause geblieben sind aus der Südkurve. Das hat gefehlt." Über die Auswirkungen auf das Gemüt der Spieler divergieren die Meinungen der beiden ein wenig auseinander.

"Es ist natürlich schöner, wenn im Stadion eine tolle Stimmung herrscht, vor allem in der Kurve. So ist das schade", findet Lahm. Und Müller? "Schade ist das falsche Wort. Man kriegt das mit", sagt er, "aber es beeinflusst einen nicht. Auf dem Fußballplatz ist man, um Fußball zu spielen." Und was hält er davon, wenn jedes Heimspiel nun zum Auswärtsspiel gerate? "Auswärtsspiele", sagt Müller, "müssen wir auch gewinnen."

FC Bayern in der Einzelkritik
:Nur Shaqiri fährt mit Niederlage heim

Dante und Shaqiri setzen ihr kleines Privatduell fort, das diesmal der Brasilianer gewinnt. Thomas Müller wird mit seinen eigenen Vorzügen geschlagen und Papa Kroos kann sich Gedanken über sein abendliches Wiegenlied machen. Der FC Bayern beim 1:0 gegen Frankfurt in der Einzelkritik.

Von Maik Rosner, Frankfurt

Ansonsten verweigern Lahm und Müller tiefergehende Kommentare zur Debatte in der Kurve. Man kenne ja nicht die genauen Hintergründe. Bei den Bayern sind sie derzeit ohnehin damit beschäftigt, die sportlichen Schwächen zu beheben und die Automatismen einzuschleifen. Damit die Gegner zukünftig nicht ganz so oft aufs FCB-Tor zurennen. Wobei Lahm und Müller leicht abweichende Analysen zu den bisherigen Schwachpunkten vorlegen: "Das hat nichts mit einem oder zwei Sechsern zu tun", glaubt Lahm, die Abstimmung im neuen System stimme halt noch nicht.

Müller sagt: "Das System ist auf dem Papier offensiver - mit einem statt zwei Sechsern." Also riskanter? "Es ist fehleranfälliger, vielleicht." Einig sind sich beide, dass ein Sieg gegen Nürnberg dem Binnenklima gut täte - egal, ob dieser bei einem gefühlten Auswärtsspiel errungen werde oder nicht. "Auswärtsspiele machen auch Spaß", bekräftigt Müller, auswärts gehe es schließlich auch um Fußball.

Und die Fans? Die aktiven Fans begrüßten Rummenigges Angebot "in vollem Umfang". Man hoffe, teilte der Club Nr. 12 auf seiner Internetseite mit, dass die Fans in der Südkurve "bald wieder gemeinsam zusammenstehen können, um unser Team lautstark zu unterstützen." Ob sich dieser Stimmungsumschwung bereits auf das Derby gegen Nürnberg am Samstag überträgt, bleibt abzuwarten.

© SZ vom 23.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: