FC Bayern und Franck Ribéry:"Wir müssen das Problem lösen"

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Bayern-Coach Louis van Gaal drängt auf eine flotte Ribéry-Entscheidung und will Philipp Lahm von links nach rechts verschieben.

Ludger Schulze

Man muss sich das in etwa so vorstellen wie beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten, wie sich Louis van Gaal mit den Spielern des FC Bayern in der Kabine bekannt machte. Er ging von Mann zu Mann, begrüßte jeden per Handschlag, nannte seinen Namen: "Angenehm, van Gaal!" Man weiß ja nicht, vielleicht kannte ihn der eine oder andere nicht. Umgekehrt hielten es einige der Bayern-Zelebritäten nicht für erforderlich, sich ihrerseits vorzustellen. Bei diesen wiederholte der niederländische Trainer die Runde, "das ist Erziehung", und möglicherweise hat der berühmteste und heftigst umworbene unter ihnen höflich erklärt: "Bonjour, je m'appelle Franck Ribéry - ich heiße Franck Ribéry."

Erneut unter Beobachtung: Der kurz verletzte Jongleur Franck Ribéry hat das Training unter Louis Van Gaal (hinten) wieder aufgenommen. (Foto: Foto: dpa)

Van Gaal, der sich in einem Interview mit Bild am Sonntag als Typ von der Art "flexibler General" vorstellte, und Ribéry sind in den ersten Tagen ihrer Zusammenarbeit nicht gerade Freunde geworden. Der Franzose will bekanntlich unbedingt den Klub verlassen und dem Ruf seines alten Kapitäns und Kumpels Zinedine Zidane zu Real Madrid folgen, dort agiert der pensionierte Welt-Fußballer als Lockfigur eines kaufwütigen Vorstands.

Das Dumme ist, dass der Vorstand des FC Bayern in der Angelegenheit eben nicht verkaufswillig ist und partout darauf besteht, den Dribbelkünstler bis zum Ende seines Vertrags 2011 zu behalten. Dieser Zwiespalt missfällt Aloysius Paulus Maria van Gaal sehr. Die Ungewissheit, das Hin und Her und Hopp und Top nervt den Übungsleiter, "das Wechselthema ist nicht gut für Franck, nicht gut für Bayern München und auch nicht gut für mich", wie er der BamS sagte. Van Gaal hasst Hängepartien, er will Klarheit, welche Mannschaft er auf den Ligastart am 7.August vorbereiten kann: "Wir müssen das Problem lösen."

Kandidat Badstuber

Van Gaal ist, wie man weiß, ohnehin nicht unbedingt ein Anhänger des Startums mit Hang zur Exzentrik, er hält es mit der Devise des früheren Bundestrainers Berti Vogts: "Der Star ist die Mannschaft". Das individuelle Können des Einzelnen hat hinter den Interessen des Ganzen zurückzustehen. Die Entscheider von der Säbener Straße sind sich dessen bewusst und werden in nützlicher Frist eine Grundsatzentscheidung fällen, die nur dann anders als bislang kommuniziert ausfallen könnte, wenn die Spanier ihr Konto vollends plündern und einen Betrag von annähernd 100 Millionen locker machen. Euro, wohlgemerkt. Laut der Sportzeitung AS wird sich ein Real-Unterhändler bald bei den Bayern melden - und ein Angebot für Ribéry abgeben, "das die Bayern nicht ausschlagen können". Ansonsten aber gilt, wie Manager Uli Hoeneß festhält: "Unser Trend geht eindeutig dahin, Franck zu halten."

Van Gaal wäre damit zufrieden, andernfalls aber auch nicht unglücklich, wenn im Tausch sein Landsmann Wesley Snijder als Ribéry-Ersatz nach München käme. Ein fortschreitender Hollandisierungs-Prozess aber dürfte kaum im Interesse der Münchner liegen. Wie auch immer, van Gaal fordert Planungssicherheit im selben Maß, wie er den Spielern diese Planungssicherheit geben will. Er betrachtet den Kader von 27 Spielern als aufgebläht, 22 Mann sind genug.

Also wird er etwa fünf Kandidaten demnächst eröffnen, dass sie kaum Land sehen werden unter seiner Regie. Nach derzeitigem Stand wird man Tim Borowski, Andreas Ottl, Christian Lell und Breno einen Ortswechsel nahelegen, es sei denn, sie entwickeln Vergnügen daran, ihr Einkommen durch Sitztätigkeit auf der Stadion-Tribüne zu sichern. So oder so wird sich ein verschärften Konkurrenzkampf um die Plätze eins bis 22 entwickeln.

Harter Konkurrenzkampf

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen entwickelt sich auf den Innenverteidiger-Positionen. Auf der linken Seite konkurrieren die Linksfüße Holger Badstuber und der niederländische Zugang Edson Braafheid; Badstuber, in der vorigen Saison noch in der Regionalliga-Mannschaft engagiert, gilt als überragendes Talent und hat beste Chancen, sich auch bei den Profis zu etablieren. Braafheid entspricht dem van Gaalschen Vielseitigskeits-Ideal und eignet sich auch als linker Außenverteidiger.

Ein weiteres seiner Prinzipien lautet, Rechtsfüßer rechts und Linksfüßer links spielen zu lassen. Und das eröffnet Philipp Lahm eine halbwegs überraschende Perspektive; der 25-Jährige kickt seit seinem 19.Lebensjahr in Ermangelung eines besseren Verteidigers auf der linken Seite, obwohl ihm als Rechtsfuß die rechte besser liegt. Der General will Lahm einen langgehegten Wunsch erfüllen: "Also werde ich versuchen, ihn da spielen zu lassen." Schon Johann Wolfgang von Goethe hatte erkannt: "Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!" Deshalb könnten die Bayern ihr Werben um José Bosingwa (FC Chelsea) einstellen.

Die Blase ist besiegt

Ein Andrang fast wiean den Kassen eines Stones-Konzerts herrscht auf dem Posten des rechten Innenverteidigers. Lucio, Martin Demichelis, Breno und Daniel van Buyten spielen miteinander Quartett, einer wird gewinnen. "Ich sehe", sagt van Gaal, "nur diese eine Position für diese Spieler." Für voraussichtlich zwei von vier heißt das nichts Gutes.

Konkurrenzloser Tabellenführer in der Debatten-Rangliste jedoch bleibt Franck Ribéry. Dem Franzosen hat man nachgesagt, er habe eine Marginalverletzung (Blase am Fuß inklusive Achillessehnenreizung) vorgegeben, um Druck auf die Bayern auszuüben. Nun hat er die Wehwehchen überwunden und das Training wieder aufgenommen. Was das im Hinblick auf das Wechsel-Theater bedeutet? Nichts, gar nichts.

© SZ vom 06.07.2009/jbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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