Niederlage gegen BVB:Der Kadervorsprung des FC Bayern ist aufgebraucht

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Ob die Mannschaft des FC Bayern kommende Saison noch so aussieht? Ein Umbruch wird nötig sein. (Foto: REUTERS)

Die Münchner müssen keine pseudokraftstrotzenden Pressekonferenzen mehr abhalten: Sie können den Blick nach innen wenden - und am nötigen Umbruch arbeiten.

Kommentar von Christof Kneer

Am Sonntag hat Dortmunds Geschäftsführer Aki Watzke gesagt, dass sich der aktuelle Erfolg seines BVB natürlich besser anfühle als der Misserfolg der vergangenen Saison. Okay, diese Erkenntnis ist nicht sehr überraschend: dass man, wenn man sich's genau überlegt, halt schon lieber gewinnt als verliert. Interessant war aber Watzkes Nachsatz: Sinngemäß sagte er, dass man aus dem verkorksten Vorjahr eine Menge Energie gezogen habe. Als Lehre aus dem Vorjahr haben die Dortmunder zum Beispiel zwei Supersachen gemacht, die man vielleicht nicht so laut rumerzählen sollte, weil sonst noch alle auf diese Idee kommen. Die Dortmunder haben nämlich (psst!) die richtigen Spieler und (noch mal psst!) den richtigen Trainer geholt.

Es war schon ein kurioses Bild, das sich da bot, als die Kameras kurz vor Ende des Spitzenspiels die Ersatzbänke abschwenkten. Beim BVB saß immer noch Christian Pulisic draußen, ein Flügeltalent mit europäischem Marktwert, über den auch die Bayern schon nachgedacht haben; bei den Bayern hingegen fanden die Kameras Paul Will, einen ebenso rothaarigen wie 19-jährigen Defensivspieler, den in der Bundesliga keiner kennt.

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2011/12 hat sich Bayern vom BVB schon mal vitalisieren lassen

Ja, die Münchner haben ein paar Verletzte, und dennoch kann man sich gegen diesen Eindruck nicht mehr wehren: dass die Bayern im November 2018 keinen Kadervorsprung mehr gegenüber dem BVB haben. Die Erkenntnis des Spitzenspiels ist ja die: Selbst die beste Saisonleistung hat Bayern nicht gereicht, um den neuen, alten Rivalen zu besiegen - und wenn diese beste Saisonleistung tatsächlich die "Benchmark-Basis" war, wie Klubchef Rummenigge in bewährter Manier fremdwortelte, dann müsste das auch für die gesamte Situation gelten: Dann war das Spiel so etwas wie eine amtliche Beglaubigung dafür, dass sich die Münchner ab sofort an Watzkes Weisheit orientieren sollten. Egal, ob sie am Ende doch noch Meister werden: Sie werden aus dieser Saison Energie ziehen müssen - und zwar jene Art von Energie, die sich dem Kerngeschäft auf dem Rasen verpflichtet fühlt.

Man kann's ja jetzt auch so sehen: Die Bayern müssen keine pseudokraftstrotzenden Pressekonferenzen mehr abhalten, sie müssen nicht mehr wahllos die Leute beschimpfen, die ihren Allmachtsanspruch anzweifeln. Die Münchner müssen sich nicht mehr reflex- und krampfhaft den Feinden da draußen widmen, es hat ja jetzt jeder gesehen, dass sie zumindest aktuell nicht mehr allmächtig sind. Die Bayern können den Blick ab sofort nach innen wenden und an jenem Umbruch arbeiten, der ihnen bevorsteht.

Schon einmal, in den Jahren 2011/'12, haben sich die Bayern von BVB-Erfolgen trotzig vitalisieren lassen, damals holten sie den teuren Spieler Martínez und den berühmten Trainer Guardiola, und so wird die spannendste Frage bei der Analyse nun wohl jene sein: ob nur der Kader, den sie dem Trainer Kovac da hingestellt haben, nicht mehr schlagkräftig genug ist, um mit 15 Punkten Vorsprung ins Ziel zu kommen - oder ob dieser Trainer eben auch nicht der richtige ist, um mit ihm in die Zukunft aufzubrechen.

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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