FC Bayern siegt in Manchester:Zick, zack, Flanke, Tor

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Und es steht 0:3: Arjen Robben trifft in der zweiten Halbzeit. Mit rechts! (Foto: Bongarts/Getty Images)

Endlich ein richtiger Gegner? Von wegen! Die Bayern zerlegen in der Champions League die Millionenelf von Manchester City mit großer Überzeugung und einfachen Toren. Dass es am Ende nur 3:1 heißt, ist der Großzügigkeit der Münchner zu verdanken - einziges Ärgernis des Abends ist Verteidiger Boateng.

Von Jonas Beckenkamp

Zumindest die Wettergötter hätten Wort halten können, als der FC Bayern wieder einmal britischen Inselboden betrat. England und der Nieselregen, diese Geschichte ist eigentlich im Himmel beschlossen, doch diesmal war vieles anders. Manchester hatte den Münchner Elitebetrieb mit trockenem Herbstklima empfangen - und nicht nur das: Anders als in der Bundesliga, wo selbst anspruchsvolles Klientel wie Wolfsburg, Hannover oder Schalke mittlerweile nur noch ungeschoren davonkommen will, erwartete die bayerischen Dauergewinner diesmal sogar ein Gegner von Spitzenformat.

Nicht auszuschließen also, dass sich die Bayern insgeheim über die Herausforderung ManCity freuten. In München verstehen sie die Champions League schließlich als ultimativen Gradmesser. Nur hier können sie ihrem Selbstverständnis nach erfühlen, ob die Triple-Sieger ihre Form aus der Vorsaison schon wieder erlangt haben. Nach 90 interessanten, rasanten Minuten lässt sich feststellen: Viel fehlt nicht mehr zum Genussfußball des diesjährigen Spätfrühlings.

Mit 3:1 (1:0) gewann der amtierende Champions-League-Sieger gegen eine City-Elf, die erst zum Schluss kurz demonstrierte, was eigentlich in ihr steckt. Die Bayern ließen den Briten nach Toren von Franck Ribery (7. Minute), Thomas Müller (56.) und Arjen Robben (60.) und einem Gegentreffer von Negredo (86.) keine Chance - einziges Ärgernis war letztlich eine rote Karte für Jerome Boateng wenige Momente vor dem Abpfiff.

Trainer Pep Guardiola erklärte: "Wir haben das Spiel und den Ballbesitz dominiert. Wir sind sehr glücklich. Wir haben sehr gut gespielt und viele Chancen kreiert."

Der Besonderheit des Abends entsprechend hatte Guardiola gegen die "Citizens" einen kleinen Kniff vorgesehen. Er beorderte den klassischen Stürmer Mario Mandzukic auf die Bank und ersetzte ihn mit dem Instinktfußballer Thomas Müller - dessen persönliches Coming-Out in den vergangenen Partien muss den Coach nachhaltig beeindruckt haben. Der frei gewordene Platz im offensiven Mittelfeld fiel Toni Kroos zu, während Philipp Lahm erneut als Freigeist zwischen den Linien wandeln sollte.

Den entschlossensten Läufer gab aber zunächst ein anderer: Rafinha flitzte nach einem der vielen Ballgewinne der Bayern in der Anfangsphase ungehindert durchs Mittelfeld und noch ehe ihn jemand störte, spielte er einen gescheiten Diagonalpass zu Ribery.

Weil auch den niemand anzugreifen wagte, stand es schwuppdiwupp 0:1 (7.): Der Franzose schlug einen simplen Haken, zog nach innen und überraschte City-Keeper Joe Hart mit einem entschlossenen, aber haltbaren Hieb ins kurze Ecke. Dass Hart im Königreich als einziger tauglicher Torhüter der Jetztzeit gilt, sollte den Engländern zu denken geben.

FC Bayern in der Einzelkritik
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Torsteher Manuel Neuer umgibt bis kurz vor Ende die Aura des Unbezwingbaren, Verteidiger Dante freut sich diebisch über eine erneute Vorlage zu einem Tor und Arjen Robben verpasst seinen Gegenspielern mit seinen Dribblings einen Drehwurm. Der FC Bayern beim 3:1 in Manchester in der Einzelkritik.

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Aber Fußballsorgen sind sie auf der Insel ja gewohnt. Und besser wurde es aus ihrer Sicht auch nicht so bald. Die Münchner agierten eine Klasse besser, sie waren flinker, wuchtiger und machten keine Anstalten, mit Understatement fortzufahren. Vielmehr ließen sie das Heimteam einfach bei ihrer Fußballkunst zuschauen (immerhin bei freiem Eintritt): Zick, Zack, Doppelpass, Flanke, Torschuss - Anschauungsmaterial für ein Lehrvideo gab es genug, nur mehr Tore fehlten. Als anständige Gäste verzichteten Guardiolas Männer auf weitere Gemeinheiten, indem erst Robben mit rechts (!) vorbeischoss (30.) und dann David Alaba zweimal scheiterte (33.).

Von City war bis dahin so viel zu sehen wie von einem zittrigen Römer-Spähtrupp bei den Galliern. Kein Wunder also, dass sich beispielsweise Robben mit einigen feinfüßigen Dribblings entfalten durfte wie lange nicht - oder Verteidiger Dante plötzlich Traumpässe schlagen durfte. Ein solcher segelte nach einer Stafette über 15 Münchner quer übers Feld in Richtung Müller, der ihn fachgerecht aus der Luft pflückte und völlig ungestört Hart zum 0:2 umkurvte (56.). Der unfassbare Müller traf also auch im dritten Spiel in Serie. Wie gut, dass Guardiola sich an das alte van-Gaal-Credo erinnert hatte: Müller spielt immer.

Und sonst? Änderte sich nicht mehr viel an dieser einseitigen Angelegenheit, in der die dysfunktionale Millionenelf aus Manchester jener perfekt harmonierenden aus München einfach heillos unterlegen war. Nach 60 Minuten erbrachten die Bayern sogar noch einen Beweis ihrer Stärke: Im Mittelfeld klaute der gedankenschnelle Kroos dem Gegner wie ein Basketballer die Kugel, spielte sie direkt weiter zu Robben, so dass der erneut lospreschen konnte.

Am Ende dieser Aktion stand es 0:3, weil der Niederländer mit dem Leder am Fuß schlicht an den City-Verteidigern vorbeigerannt war und mit rechts (!!) ins Tor getroffen hatte. So viel Spaß macht den Bayern das Fußballspielen derzeit, dass sie sogar ihre ungeschulten Beine bei der Arbeit verwenden.

Dass dieses erstaunliche Spiel nicht noch mehr bayerische Vorführmomente bereit hielt, lag daran, dass der Titelverteidiger wie schon zuvor das mit dem Toreschießen nicht mehr allzu ernst nahm. Rooben (62.) und Kroos (63.) freuten sich noch über famose Gelegenheiten, ehe Müller einen Konter mit einem Pfund an den Pfosten (76.) abschloss.

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So durften zum Schluss die diesmal chancenlosen "Citizens" ihre Ehre retten, als der eingewechselte Spanier Negredo nach einer geschickten Drehung zum 1:3 verkürzte (79.). Etwas schläfrig sah dabei vor allem Jerome Boateng zu, der mit den alten Kollegen wohl etwas Mitleid hatte.

Das Ende erlebte der unglückliche DFB-Mann dann übrigens gar nicht mehr mit, denn kurz nach dem Anschluss der Briten grätschte er vor dem Strafraum den heranstürmenden Yaya Toure um und sah Rot (86.). Unter normalen Umständen wäre das noch auf Ärger hinausgelaufen, doch als David Silva den anschließenden Freistoß an die Latte jagte, war allen klar: An diesem Tag blieb nicht nur der Regen aus, sondern auch der Erfolg der Engländer.

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