FC-Bayern-Sieg in Bremen:Roter Drache atmet sieben Mal tief aus

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Auch Daniel van Buyten traf in Bremen. (Foto: AFP)

FC Bayern größer als je zuvor: Mit 7:0 fertigen die Münchner den einstigen Erzrivalen Werder Bremen in dessen Stadion ab. In der ersten Halbzeit spielen die Gastgeber noch mutig, sind aber in der Defensive derart unbeholfen, dass sie ein Debakel erleiden.

Von Thomas Hummel

Wie freuten sich die Menschen aus Bremen in dieser 18. Minute! Eljero Elia hatte sich an Rafinha vorbeigedribbelt, auf Aaron Hunt gepasst und der Linksfuß hatte abgezogen. Der Ball flog in Richtung rechten Torwinkel, nur die Schulter von Jérôme Boateng verhinderte vermutlich die Bremer Führung. Die Leute im Weserstadion sprangen auf und klatschten, sie entfachten fast ein wenig Euphorie. Die Atmosphäre ähnelte die in einem Pokalspiel, wenn der Amateur gegen den Bundesligist eine Torchance erarbeitet hat.

Es dauerte nicht lange und die Bremer Fans saßen wieder. Und das mit dem Klatschen oder der Euphorie war damit auch schon wieder vorbei. Der FC Bayern München zeigte danach, wer hier der Stärkere ist. Schon zur Halbzeit stand es 3:0. Ein Eigentor von Assani Lukimya (21.), ein Kopfballtreffer von Daniel van Buyten (27.) und Frank Ribéry nach einem Konter (38.) entschieden das Spiel. Nach der Pause folgten Treffer von Mario Mandzukic (60.), Thomas Müller (68.), Ribéry (83.) und Mario Götze (90.), am Ende also 7:0. Der höchste Saisonsieg der Münchner. "Die Mannschaft hat einen unglaublichen Lauf", lobte Bayern-Präsident Uli Hoeneß.

Es war das 40. Bundesliga-Spiel in Serie, das der FC Bayern nicht verloren hat. Nach dem Sieg von Leverkusen in Dortmund haben die Münchner weiter nur vier Punkte Vorsprung auf Platz zwei, doch das Fußballland weiß: Es liegen eigentlich vier Welten zwischen den Münchner und dem Rest. Bremen hingegen setzt sich im hinteren Tabellendrittel fest, ist nun 14. "Es war für mich das frustrierendste Spiel seit ich bei Werder bin", sagte Bremens Clemens Fritz: "Wir haben schön was auf die Fresse gekriegt."

Werder-Trainer Robin Dutt hatte schon vor dem Anpfiff gewarnt: "Nur, weil es die großen Bayern sind, darf man nicht schneller spielen als man kann." Das ist sehr wahrer Satz, führte aber an diesem Samstagnachmittag dazu, dass seine Profis von Werder Bremen in der Abwehr recht langsam wirkten gegen die wirbelnden Bayern. Damit steht Werder zwar wahrlich nicht alleine da in diesen Wochen, doch die Münchner taten sich diesmal besonders leicht mit dem Offensivspiel.

Mario Götze oder Thiago Alcántara oder Thomas Müller liefen bisweilen unerhört frei durch das defensive Bremer Mittelfeld. Die Viererkette von Werder plus Torwart Raphael Wolf gaben anschließend ihr bestes, konnten aber kaum mehr etwas verhindern. Vor dem ersten Tor dribbelte Frank Ribéry erstmals mit Tempo auf Clemens Fritz zu, sauste vorbei, seine scharfe Hereingabe lenkte Lukimya ins eigene Netz. Beim 0:2 zielte Toni Kroos einen Freistoß auf den 1,96 Meter großen van Buyten, der gegen 1,88 Meter großen Nils Petersen kein Problem im Luftkampf hatte.

Als Thomas Müller dann hauchdünn nicht im Abseits startete und auf den freistehenden Ribéry in die Mitte passte, da lag bereits ein Debakel für die Bremer in der Luft. Dabei wünschte man diesen Bremern nichts weniger, als für ihren Mut belohnt zu werden. Denn Mut hatten sie.

Die Mannschaft von Trainer Dutt wirkte wie ein jugendlicher Ritter, der hinausreitet, um den roten Drachen zu besiegen. Als er ihn stellt, ist dieser zwar viermal größer als gedacht, aber der grüne Ritter ist unerschrocken. Er kneift den Drachen hier und dort, tritt ihm auch mal auf die Kralle. Doch wenn dieser einmal tief ausatmet, fliegt dem Ritter gleich die Rüstung weg.

In der Halbzeit realisierten die Gastgeber in der Kabine, dass sie in diesem Sinne bereits nackt waren. Und schon waren ihr Mut und ihre Entschlossenheit dahin, nach der Pause begann die Phase der Demütigung. Das Selbstvertrauen war weg, während die Bayern nun die Brust nach vorne streckten und das Guardiola-Spiel perfektionierten: Minutenlang lief der Ball zwischen den rotbekleideten Münchner hin und her, Mario Götze fummelte nach Herzenslust, die Bayern-Fans sangen ihre unendlichen Lieder - und die Bremer schauten der Fußballkunst nur noch zu. Publikum wie Spieler.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Orkan "Franck" stärker als "Xaver"

Mit Ribérys Geschwindigkeit ist Werder überfordert, Mario Götze verwandelt die Bremer Defensive in ein Tiefdruckgebiet, Daniel Van Buyten darf man nie abschreiben - nur Toni Kroos schlägt sein erstes Luftloch seit der D-Jugend. Der FC Bayern beim 7:0 in Bremen in der Einzelkritik.

Von Carsten Eberts, Bremen

Als die Bremer wankten zwischen orientierungslos, kraftlos und frustriert, rettete ihr Torwart Wolf gegen die freistehenden Götze und Mandzukic. Nach einer Stunde stand der Kroate aber nach Ribérys Pass so dermaßen frei, dass er nicht mehr vorbeizielen konnte - 0:4. Acht Minuten später passte Götze auf Müller, der direkt verwandelte - 0:5.

Es waren noch 22 Minuten plus Nachspielzeit zu absolvieren, bei Temperaturen leicht über null Grad Celsius machten im Stadion vermutlich die Glühweinstände ein unverhofftes Geschäft. Oder die Bremer nutzten die Gelegenheit, der wohl besten Fußball-Mannschaft der Welt beim Spielen zuzusehen, der einmaligen Ballsicherheit von Alaba, Thiago, Kroos, Götze, dem Tempo von Ribéry, dem Geschick von Müller.

Sie staunten über das 6:0, als Pizarro, Alaba und Torschütze Ribéry sich den Ball im Strafraum zupassten, als wären die Bremer drei Mann weniger gewesen. Ribéry traf den Pfosten und Müller einen Bremer Spieler auf der Linie. Mario Götze lief durch fünf Bremer hindurch und verwandelte zum 7:0. Es wirkte leicht, es wirkte spielerisch. Als würde ein sehr großer, roter Drache sich mit einem sehr kleinen, grünen Ritterlein spielen.

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